Betriebsvereinbarung wird unterschrieben

Betriebsvereinbarung: Regelungen, Arten, Kündigung & mehr

Karriere & Beruf

Nicht nur der individuelle Arbeitsvertrag hält Rechte und Pflichten eines Arbeitnehmers fest. Auch in Betriebsvereinbarungen finden sich viele Regelungen. In diesem Ratgeber erklären wir dir, was eine Betriebsvereinbarung festlegt und wie die Inhalte aussehen können.

Wir werfen gemeinsam mit der Fachanwältin für Arbeitsrecht Monika Majcher-Byell von der Kanzlei RATIS einen Blick darauf, welche Arten von Betriebsvereinbarungen es gibt und wie die rechtlichen Voraussetzungen sind. Zudem erfährst du, ob eine Betriebsvereinbarung abgelehnt oder gekündigt werden kann. Abschließend sehen wir uns an, was passiert, wenn der Arbeitnehmer oder Arbeitgeber gegen eine Betriebsvereinbarung verstößt.

Betriebsvereinbarung: Was ist das und was regelt sie?

Laut Definition ist die Betriebsvereinbarung ein Vertrag zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, der das allgemeine Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer gestaltet. Demnach ist eine Betriebsvereinbarung eine rechtsverbindliche Übereinkunft ebenso wie Gesetze oder Tarifverträge.

Was wird in einer Betriebsvereinbarung geregelt?

Die Themen von Betriebsvereinbarungen sind vielfältig. So reichen sie von Kleiderordnung, Rauchverboten, Arbeitszeitmodellen, über Details zu Urlaub, Arbeitsschutz bis hin zum Umgang mit Internet, E-Mail und Sozialen Medien.

„Ausgeschlossen ist der Abschluss von Betriebsvereinbarungen zu Angelegenheiten, die gesetzlich oder durch Tarifverträge abschließend geregelt sind”, wirft Rechtsanwältin Majcher-Byell ein. Ebenso dürfen Betriebsvereinbarungen weder die private Lebensgestaltung der Arbeitnehmer betreffen, noch einzelne Personen oder Gruppen unangemessen besser oder schlechter stellen. Allerdings hat der individuelle Arbeitsvertrag immer Vorrang, sofern dessen Bedingungen günstiger für den Arbeitnehmer sind.

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Arten und Inhalte einer Betriebsvereinbarung

Inhaltlich erstrecken sich Betriebsvereinbarungen über die Angelegenheiten, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zum gesetzlichen Aufgabenbereich des Betriebsrats gehören. Darunter fallen insbesondere Regelungen über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen, aber auch betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Sachverhalte.

Folgend einige Beispiele, die oft Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sind:

Betriebsvereinbarung Arbeitszeit

Um Klarheit über die Erfassung der Arbeitszeit zu schaffen, kann beispielsweise festgelegt werden, dass die Zeit elektronisch festgehalten wird. Zudem können Regelungen im Hinblick auf Krankheit oder Urlaub definiert werden.

Betriebsvereinbarung Kurzarbeit

Auch Kurzarbeit kann über eine Betriebsvereinbarung eingeführt werden. Allerdings muss hier viel Augenmerk auf die Formalitäten gelegt werden. Beispielsweise müssen Zielsetzungen, Geltungsbereich oder Urlaub genau definiert sein. „Ein Gericht erklärte bereits eine Vereinbarung für nichtig, weil eine vollständige Namensliste aller Betroffenen fehlte”, weist Frau Majcher-Byell hin.

Betriebsvereinbarung Mobiles Arbeiten

Grundsätzlich gilt, dass auch bei der mobilen Arbeit der Arbeitnehmer weder physischen noch psychischen Gefahren ausgesetzt werden darf. Daher sollte der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung das Homeoffice genau regeln.

Betriebsvereinbarung: Rechtliche Voraussetzung

§ 77 BetrVG legt die rechtlichen Voraussetzungen für Betriebsvereinbarungen fest. Demnach ist seitens des Betriebsrats ein wirksamer Betriebsratsbeschluss erforderlich. Zudem muss die Betriebsvereinbarung schriftlich vorliegen. Gelten höherrangige Gesetzesrechte, tritt die Betriebsvereinbarung zurück. Ebenso darf sie keine Regelungen enthalten, die solchen Gesetzen widersprechen.

Tarifverträge haben gegenüber Betriebsvereinbarungen sogenannten Tarifvorrang. Mit anderen Worten sind Betriebsvereinbarungen zu Themen, die schon Gegenstand von Tarifverträgen sind, unzulässig. Allerdings können Tarifverträge zusätzliche Regelungen in Betriebsvereinbarungen ausdrücklich erlauben.

Eine Betriebsvereinbarung ohne Betriebsrat ist nicht möglich. „Eine Betriebsvereinbarung ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Demnach kann es keine Vereinbarung geben, wenn kein Betriebsrat existiert”, erläutert die Juristin.

Erzwingbare Betriebsvereinbarung vs. freiwillige Betriebsvereinbarung

Es gibt erzwingbare und freiwillige Betriebsvereinbarungen. Erzwingbare sind gekoppelt an ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats und können auch ohne Zustimmung des Arbeitgebers erzwungen werden. Hingegen können freiwillige Betriebsvereinbarungen nur mit Zustimmung des Arbeitgebers abgeschlossen werden.

Erzwingbare Betriebsvereinbarungen

Nach § 87 BetrVG hat der Betriebsrat bei bestimmten betrieblichen Belangen ein Mitbestimmungsrecht. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber bei bestimmten Angelegenheiten dazu verpflichtet ist, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Insofern ist diese erzwingbar. Dazu zählen Themen wie

  • Arbeitszeit
  • Pausenregelung
  • Überstundenregelung
  • Urlaubsregelung
  • Videoüberwachung
  • Unfallverhütung

Zusätzlich hat der Betriebsrat bei mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten ein Initiativrecht. „Das heißt, er kann Maßnahmen selbst anstoßen. Unter Umständen kann er den Abschluss einer Betriebsvereinbarung auch gegen den Willen des Arbeitgebers durch einen Spruch der Einigungsstelle erzwingen”, erklärt die Rechtsexpertin für Arbeitsrecht Majcher-Byell.

Freiwillige Betriebsvereinbarungen

Allerdings gibt es auch Angelegenheiten, bei denen der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht hat. Somit kann er in diesen Fällen auch keine Betriebsvereinbarung erzwingen. Allerdings kann er trotzdem mit dem Arbeitgeber eine Vereinbarung abschließen, wenn dieser zustimmt. § 88 BetrVG macht Vorschläge, welche Themen das sein können:

  • zusätzliche Maßnahmen zur Vermeidung von Arbeitsunfällen
  • Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes
  • Einrichtungen von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich sich auf den Betrieb beschränkt
  • Maßnahmen zur Förderung der Vermögensbildung
  • Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus im Betrieb
  • Maßnahmen zur Eingliederung behinderter Menschen

Kann man eine Betriebsvereinbarung ablehnen bzw. kündigen?

Betriebsvereinbarungen sind verbindlich. Sie gelten genauso wie ein Gesetz. Falls der Arbeitgeber sich nicht an die Regelungen hält, kann der Betriebsrat den Anspruch rechtlich durchsetzen.

Nach § 77 Absatz 5 BetrVG können Betriebsvereinbarungen durch folgende Maßnahmen gekündigt werden:

  • ordentliche Kündigung: sofern nicht anders vereinbart, mit einer Frist von drei Monaten
  • Aufhebungsvertrag
  • außerordentliche Kündigung: sofern einer der beiden Parteien die normale Kündigungsfrist nicht zumutbar ist
  • Teilkündigung: Sie ist möglich, wenn dies entweder ausdrücklich in der Betriebsvereinbarung vorgesehen ist oder wenn es sich um einen unabhängigen Regelungskomplex handelt, der auch in einer eigenständigen Betriebsvereinbarung geregelt werden könnte.

Nachwirkung von Betriebsvereinbarungen

Freiwillige Betriebsvereinbarungen enden mit der Kündigung. Sie wirken nicht nach. „Hingegen gelten erzwungene Betriebsvereinbarungen auch nach der Kündigung weiter, bis sie durch eine neue Regelung ersetzt werden”, geht Frau Majcher-Byell ins Detail. Das wird auch die Nachwirkung von Betriebsvereinbarungen genannt.

Gültigkeit von Betriebsvereinbarungen

Eine Betriebsvereinbarung tritt sofort in Kraft. Nach § 77 Absatz 4 BetrVG gilt sie zwingend für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Betriebsrat. Die Vereinbarung ist für alle Arbeitnehmer, unabhängig von ihrem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis gültig. Auch für neue Mitarbeiter greift die Betriebsvereinbarung automatisch. Lediglich leitende Angestellte sind nach § 5 Absatz 3 BetrVG von den Bestimmungen ausgenommen.

Wie jeder Vertrag können Betriebsvereinbarungen befristet oder unbefristet abgeschlossen werden:

  • Bei einer Befristung enden sie spätestens nach Ende der entsprechenden Zeit.
  • Unbefristete Betriebsvereinbarungen enden, wenn sie durch neue Vereinbarungen zum selben Thema abgelöst werden. „Dabei kann die Ablösung nur einvernehmlich erfolgen und nicht über eine Einigungsstelle erzwungen werden”, sagt die Juristin.

Was tun, wenn der Arbeitnehmer oder Arbeitgeber gegen die Vereinbarung verstößt?

Es gibt erzwingbare und freiwillige Betriebsvereinbarungen. Erzwingbare sind gekoppelt an ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats und können auch ohne Zustimmung des Arbeitgebers erzwungen werden. Hingegen können freiwillige Betriebsvereinbarungen nur mit Zustimmung des Arbeitgebers abgeschlossen werden.

Verstoß gegen Betriebsvereinbarung durch Arbeitgeber

Zunächst muss der Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen eine Betriebsvereinbarung darauf aufmerksam gemacht werden. „Hier sollten Arbeitnehmer eine Frist von einer Woche setzen”, empfiehlt Rechtsanwältin Majcher-Byell. Bleibt der Arbeitgeber uneinsichtig, kann vor dem Arbeitsgericht nach § 23 Absatz 3 BetrVG in einem Beschlussverfahren das Befolgen der Betriebsvereinbarung erzwungen werden. Zudem kann für den Arbeitgeber ein Ordnungsgeld und/oder Zwangsgeld auferlegt werden. Das Höchstmaß des Ordnungsgeldes und Zwangsgeldes beträgt 10.000 Euro.

Verstoß gegen Betriebsvereinbarung durch Arbeitnehmer

Ein Verstoß gegen die Betriebsvereinbarung durch den Arbeitnehmer kann eine Abmahnung oder schlimmstenfalls eine verhaltensbedingte Kündigung nach sich ziehen. Eine Rechtsschutzversicherung kann helfen, Betriebsvereinbarungen bei einem Arbeitgeber durchzusetzen. Besonders dann, wenn es zu einem gerichtlichen Prozess wegen eines Verstoßes kommt.

Fazit: Alles rund um Betriebsvereinbarungen

Betriebsvereinbarungen sind rechtsverbindliche Übereinkünfte zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Sie gestalten das allgemeine Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer. Hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, spricht man von erzwungenen Betriebsvereinbarungen. Ihre Durchsetzung kann von einer Einigungsstelle erzwungen werden. Hingegen können freiwillige Betriebsvereinbarungen nur mit Zustimmung des Arbeitgebers umgesetzt werden. Wie alle anderen Verträge können auch Betriebsvereinbarungen gekündigt werden.

Bei der Nichteinhaltung von Betriebsvereinbarungen handelt es sich um einen groben Verstoß gegen die betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten seitens des Arbeitgebers. Daher kann ein solches Verhalten gemeldet und angezeigt werden.

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Dieser Artikel wurde ursprünglich am 25. Januar 2023 veröffentlicht (Haftungsausschluss).

Unsere Partneranwältin

Rechtsanwältin Monika Majcher-Byell ist Fachanwältin für Arbeitsrecht sowie Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Sie ist seit 2008 als Rechtsanwältin zugelassen und seit dem Jahr 2017 in der Kanzlei RATIS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Passau ausschließlich auf Arbeitsrecht für Arbeitnehmer, insbesondere in Kündigungsschutzstreitigkeiten spezialisiert.

Monika Majcher-Byell

Monika Majcher-Byell

RATIS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Arbeits- und Berufsrechtsschutz“