Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Krankmeldung.

Krankschreibung: Das muss man rechtlich beachten

Karriere & Beruf

Krank sein nervt. Und wenn man eigentlich zur Arbeit müsste, fällt die Entscheidung oft schwer, ob man sich den Tag im Büro zumuten kann oder besser im Bett bleiben sollte. Manchmal kann das am besten ein Arzt beurteilen und im Zweifelsfall eine Krankschreibung ausstellen.

Aber ab wann braucht man überhaupt so eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung? Muss man während der Krankmeldung auf jeden Fall im Bett bleiben? Und darf man trotz Krankschreibung wieder arbeiten, wenn man sich fit fühlt? Diese und weitere Fragen werden in diesem Ratgeber gemeinsam mit unserem Partneranwalt Dr. Stephan Renners beantwortet.

Ab wann benötigt man eine Krankschreibung?

„Wer wegen einer Krankheit zuhause bleibt, muss sich direkt am ersten Tag bei Arbeitsbeginn bei seinem Arbeitgeber krankmelden“, betont Rechtsanwalt Dr. Stephan Renners. Spätestens ab dem dritten Krankheitstag schreibt das Gesetz auch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, also eine Krankschreibung, vor. Der Arbeitgeber darf den “gelben Schein” aber auch schon ab dem ersten Tag verlangen – je nachdem, was im Arbeitsvertrag geregelt ist.

Übrigens: Die Gründe für eure Krankmeldung gehen euren Chef nichts an! Daher ist auch auf der AU Bescheinigung keine Diagnose vermerkt. Diese steht lediglich auf dem Attest für die Krankenkasse.

Krankschreibung per Telefon

Bei einer leichten Erkrankung der oberen Atemwege kann man sich nach telefonischer Rücksprache mit einem Arzt für die Dauer von bis zu sieben Tagen krankschreiben lassen. Die Arbeitsunfähigkeit kann nach Ablauf der sieben Tage einmalig um weitere sieben Tage verlängert werden. Dies gilt vorerst bis zum 31. März 2022 und wurde aufgrund der Corona Pandemie eingeführt. Hier erfährst du mehr über die telefonische Krankschreibung.

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Online Krankschreibung, digitale AU Bescheinigung und elektronische Rezepte

Krankschreiben ohne einen Arztbesuch – das kann beim Auskurieren von leichten Infekten eine große Hilfe sein. Während der Corona Pandemie wurde die telefonische Krankschreibung ermöglicht. Eine Alternative stellt die Online Krankschreibung mit Videosprechstunde beim eigenen Hausarzt dar, sofern dieser Videosprechstunden anbietet. Die Videosprechstunden werden übrigens auch meistens von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Der Hausarzt kann neben einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch Rezepte ausstellen – beides ist sowohl elektronisch als auch postalisch möglich. Ab dem 01. Juli 2022 soll die Krankschreibung vollständig digital erfolgen – dies bedeutet, dass der Arbeitgeber und die Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung direkt vom Arzt übermittelt bekommen. Das vermeidet Lücken beim Nachweis der Arbeitsunfähigkeit.

Doch es gibt auch Risiken, dass die AU Bescheinigung nicht genehmigt wird, wenn diese ganz ohne ärztlichen Kontakt erfolgte – genaueres dazu findest Du im nächsten Abschnitt.

Online Krankschreibung ohne direkten Kontakt zum Arzt – geht das?

Auch wenn die telefonische und digitale Krankschreibung während der Corona Pandemie erlaubt ist, gibt es noch keine allgemeingültige gerichtliche Entscheidung dazu. Es bleibt daher die Frage, ob die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ohne jeglichen Arztkontakt ausreicht.

Laut einem Gerichtsurteil in Berlin wurden die Voraussetzungen für eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch eine Online-Krankschreibung ohne persönlichen oder telefonischen Arztkontakt nicht erfüllt. „Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ohne unmittelbaren Kontakt zwischen Arbeitnehmer und Arzt kann somit als ungültig gesehen werden, da der Arzt sich keine persönliche Überzeugung des Gesundheitszustandes seines Patienten machen kann“, erläutert Dr. Stephan Renners. Die Konsequenz: Fehlzeiten sind nicht ausreichend entschuldigt und der Anspruch auf Entgeltfortzahlung kann verfallen.

Videosprechstunden oder telefonische Gespräche mit dem Hausarzt sind zwar zulässig, bieten allerdings nicht immer eine rechtssichere Krankschreibung. Eine zeitnahe entsprechende Klarstellung des Gesetzgebers ist daher vor allem aus Sicht des Arbeitnehmerschutzes wünschenswert, um die Rechtsunsicherheit zu beseitigen.

Ist eine Krankschreibung rückwirkend möglich?

Wer am Wochenende krank wird und samstags oder sonntags arbeiten muss, hat schnell ein Problem – denn einen Arzt, der einen am Wochenende eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellt, findet man so schnell wohl nicht. Kann man sich also rückwirkend krankschreiben lassen, wenn der Arbeitgeber eine AU-Bescheinigung ab dem ersten Tag verlangt?

„Laut den Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien der Krankenkassen kann ein Arzt die Arbeitsunfähigkeit erst ab dem Tag bescheinigen, an dem der Arbeitnehmer diesen aufsucht. Ist für den Mediziner jedoch nachvollziehbar, dass der Mitarbeiter in den Tagen zuvor weder arbeiten noch einen Arztbesuch machen konnte, darf er in Ausnahmefällen rückwirkend ein Attest erstellen. Allerdings nur nach gewissenhafter Prüfung und nur bis zu drei Tage“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Stephan Renners.

Beweislast des Arbeitnehmers der Arbeitsunfähigkeit

Sollte der Arbeitgeber die AU anzweifeln, muss der Arbeitnehmer dafür Sorge tragen die Arbeitsunfähigkeit zu beweisen. In erster Linie hat die AU Bescheinigung einen hohen Beweiswert, doch wenn der Arbeitgeber vor Gericht vorweisen kann, dass die Bescheinigung nicht der Wahrheit entspricht, weil Unstimmigkeiten vorliegen, sinkt der Beweiswert der AU und der Arbeitnehmer muss weitere Beweise für seine Krankheit vortragen bspw. Eine Aussage des behandelnden Arztes, welcher von seiner Schweigepflicht befreit werden darf.

Konkrete Anhaltspunkte können folgende sein:

  • Widersprüchliche Aussagen zur Art und Ablauf der Krankheit
  • Ausübung einer anstrengenden Nebentätigkeit trotz AU
  • Vorankündigung, dass man nicht zur Arbeit geht bspw. aufgrund verweigerter Urlaubsgenehmigung
  • Rückdatierung einer AU Bescheinigung um mehr als zwei Tage

Im Ernstfall kann eine Rechtsschutzversicherung Hilfe leisten und ggf. bei einem Gerichtsprozess anfallende Kosten übernehmen.

Arbeiten trotz Krankschreibung – geht das?

Manchmal klappt es mit der Genesung zum Glück auch schneller als angenommen. Umso besser, dann hat man ein paar Tage mehr frei! Oder? „Der Irrtum, man dürfe vor Ende der Krankschreibung nicht zurück ins Büro, hält sich hartnäckig“, sagt Dr. Stephan Renners. „Tatsache ist jedoch: Der Arzt bescheinigt nur die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Diese Angabe ist also nicht verbindlich.“ Mehr noch: Ein frühzeitig genesener Mitarbeiter ist sogar dazu verpflichtet, wieder zur Arbeit zu gehen! Dazu muss er sich auch nicht „gesundschreiben“ lassen – so etwas gibt es im deutschen Recht nämlich gar nicht. Wer hingegen ein paar Stunden im Büro durchhalten würde, aber noch keinen ganzen Tag, sollte lieber daheim bleiben. Denn auch eine Teilarbeitsunfähigkeit sieht das Gesetz nicht vor.

Darf ein Arbeitgeber Mitarbeiter gegen seinen Willen nach Hause schicken?

Wer einen arbeitsunfähigen Arbeitnehmer einsetzt, verstößt möglicherweise gegen seine Fürsorgepflicht. Passiert ein Unfall oder klappt der Mitarbeiter zum Beispiel im Büro zusammen, kann Schadenersatz fällig werden. Im Zweifelsfall sollte der Arbeitgeber also am besten kranke Teammitglieder (wieder) nach Hause zu schicken.

Gerade bei längerer Krankheit kann dies zu einem Problem für den Mitarbeiter werden. Denn nach sechs Wochen erhält er nur noch das reduzierte Krankengeld. „Arbeitgeber sollten also genau hinschauen, ob ihre Mitarbeiter wieder arbeitsfähig sind oder nicht“, erläutert Rechtsanwalt Dr. Stephan Renners.

Was ist bei einer Krankmeldung erlaubt?

Bedeutet jede Krankschreibung dass man das Bett nicht verlassen darf? Nicht ganz! „Hat der Arzt keine Bettruhe verordnet, darf sich der Arbeitnehmer auch in der Öffentlichkeit bewegen“, stellt Rechtsanwalt Dr. Stephan Renners klar. „Sinn und Zweck einer Krankschreibung ist es allerdings, so schnell wie möglich wieder gesund an den Arbeitsplatz zurückkehren zu können. Verboten sind deshalb alle Aktivitäten, die den Heilungsprozess verlängern, also zum Beispiel Sport oder ein Barbesuch mit reichlich Bier bei einer schweren Erkältung.“ Empfiehlt der Arzt dagegen beispielsweise bei starken Rückenschmerzen viel Bewegung, sind sogar Aktivitäten wie Schwimmen, Radfahren oder Wandern erlaubt, da sie die Genesung fördern.

Wer sich nicht schont und deswegen riskiert, länger auszufallen, muss damit rechnen, abgemahnt zu werden oder im schlimmsten Fall sogar den Job zu verlieren – vorausgesetzt natürlich, der Arbeitgeber findet es heraus.

Kündigung während Krankschreibung und aufgrund Krankschreibung – ist das erlaubt?

Eine besonders erschreckende Vorstellung: Während der Krankheit flattert die Kündigung des Arbeitsvertrags ins Haus. Entgegen der landläufigen Meinung ist die Krankschreibung kein Hinderungsgrund für den Arbeitgeber, die Kündigung auszusprechen. Im Gegenteil: Die Krankheit kann im Ausnahmefall sogar der Grund für eine Kündigung sein.

Aber ganz so einfach können es sich Arbeitgeber zum Glück nicht machen. Wenn ein Unternehmen einen Angestellten krankheitsbedingt kündigen will, muss es Hinweise darauf geben, dass die Gesundheitsprognose auch künftig schlecht ist und dadurch die betrieblichen und wirtschaftlichen Belange des Arbeitgebers beeinträchtigt werden. Das ist zum Beispiel dann gegeben, wenn Maschinen stillstehen, die Kollegen dauerhaft mehr arbeiten müssen oder wenn Personal aus anderen Arbeitsbereichen abgezogen werden muss, um den Ausfall auszugleichen.

„Bei krankheitsbedingten Fehlzeiten gibt es übrigens keine gesetzlich festgelegte Quote, wann die Gesundheitsprognose negativ ausfällt. Die Gerichte sehen aber Ausfallzeiten von 15 bis 20 Prozent in den vorherigen zwei Jahren als Indiz dafür an, dass auch künftig mit Fehlzeiten zu rechnen ist“, erläutert Dr. Stephan Renners.

Fristlose Kündigung wegen Krankheit

Täuscht der Arbeitnehmer eine Krankheit vor („krankfeiern“) bedeutet das oftmals einen großen Vertrauensbruch gegenüber seinem Arbeitgeber. Eine fristlose Kündigung ist somit beim „Krankfeiern“ möglich. „Sobald der Arbeitgeber davon erfährt, muss die fristlose Kündigung innerhalb von zwei Wochen bei dem Arbeitnehmer zugehen. Überschreitet man die zwei Wochen, ist die fristlose Kündigung unwirksam“, erklärt Dr. Stephan Renners. Dann wäre nur noch eine fristgerechte Kündigung möglich.

Urlaub während Krankschreibung – darf man die Urlaubstage stornieren?

Manchmal erwischt einen die Krankheit auch genau dann, wenn man sich eigentlich erholen wollte, nämlich im Urlaub. Aber verfällt der dann einfach nutzlos? „Nein“, lautet die klare Antwort des Rechtsexperten. „Der Urlaub dient der Regeneration. Die kann im Krankheitsfall aber nicht stattfinden.“

Deshalb sollte man so schnell wie möglich beim Arbeitgeber Bescheid geben, dass man krank ist – so kann der Krankheitstag erfasst und der Urlaubsanspruch wieder gutgeschrieben werden. Wie üblich braucht der Angestellte natürlich spätestens ab dem dritten Tag der Erkrankung ein ärztliches Attest. Den Urlaub eigenmächtig um die Krankheitstage nach hinten zu verlängern, geht allerdings nicht. Stattdessen muss der Angestellte die freie Zeit neu beantragen und genehmigen lassen.

Urlaub nach der Krankschreibung – darf Ich das?

Du warst krankgeschrieben, bist nun wieder gesund und dein Urlaub steht jetzt an? Darf dein Chef deinen Urlaub nun streichen? Nein! Dein Chef darf den Urlaub nicht streichen - ist der Urlaub genehmigt, darfst du ihn auch antreten – auch wenn Du vor Urlaubsbeginn krankgeschrieben warst.

Kinderkrankengeld: Voraussetzungen

Kaum gehen die lieben Kleinen in den Kindergarten oder in die Schule holen sie sich jede Krankheit, die gerade rumgeht. Doch was tun, wenn man sich um das kranke Kind kümmern muss? „Firmen müssen ihren Mitarbeitern erlauben, in diesem Fall zuhause zu bleiben. Allerdings unbezahlt. Wer gesetzlich krankenversichert ist, bekommt im Krankheitsfall des Kindes Krankengeld“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Stephan Renners.

Voraussetzungen für das Kinderkrankgeld sind:

  • du und dein Kind seid gesetzlich krankenversichert,
  • dein Kind ist so krank, dass es nicht zur Schule oder in den Kindergarten gehen kann,
  • ein Arzt hat attestiert, dass du dein Kind betreuen musst und
  • du deswegen nicht arbeiten kannst.

Kopfschmerzen eine fiese Erkältung oder ein Knochenbruch: Manchmal spielt der Körper nicht so mit wie er soll. Damit man sich in dieser anstrengenden Phase weiteren Ärger spart, sollte man sich an seine rechtlichen Pflichten als Arbeitnehmer halten. Allerdings haben Arbeitnehmer auch viele Rechte rund um die Krankschreibung, die in diesem Artikel umfassend beschrieben sind.

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Dieser Artikel wurde ursprünglich am 23. August 2018 veröffentlicht und am 13. Dezember 2021 aktualisiert. (Haftungsausschluss).

Unser Partneranwalt

Rechtsanwalt Dr. Stephan Renners ist seit 15 Jahren als Fachanwalt für Arbeitsrecht und als Mediator tätig. Er ist Partner der Kanzlei Kahlert Padberg, die Standorte in Hamm, Leipzig und Halle unterhält. Insgesamt sind 27 Berufsträger für die Kanzlei auf verschiedenen Gebieten des Wirtschaftsrechts tätig. Fast alle Rechtsanwälte der Kanzlei verfügen über einen oder mehrere Fachanwaltstitel.

Dr. Stephan Renners

Dr. Stephan Renners

Kanzlei Kahlert Padberg

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Arbeits- und Berufsrechtsschutz“