Arbeitnehmer, die unter Kündigungsschutz stehen.

Kündigungsschutzgesetz und Kündigungsschutzklage – wann es sich lohnt

Karriere & Beruf

Im Vergleich zu vielen anderen Ländern wird in Deutschland der Kündigungsschutz groß geschrieben. Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) regelt im Arbeitsrecht alles rund um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber. Für wen der gesetzliche Kündigungsschutz gilt und an welche Regeln sich Firmen halten müssen, erklärt Rechtsanwalt Frank Preidel aus der Kanzlei Preidel . Burmester.

Wann greift das Kündigungsschutzgesetz?

Das Kündigungsschutzgesetz gilt für jeden Arbeitnehmer

  • dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und
  • in dessen Betrieb mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt sind.

Wenn dies gegeben ist, ist eine Kündigung nur wirksam, wenn eine Reihe von Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes bei der Kündigung beachtet wurden. Das Kündigungsschutzgesetz gilt auch für Teilzeitkräfte und leitende Angestellte.

Bei sogenannten Kleinbetrieben mit weniger als zehn Mitarbeitern gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht. Allerdings müssen auch sie gewisse Regeln beachten. “So darf das Arbeitsverhältnis nicht aus willkürlichen, sachfremden oder sittenwidrigen Motiven beendet werden. Auch muss der Arbeitgeber ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme zeigen”, erklärt Rechtsanwalt Frank Preidel. Das soll ungerechtfertigten Kündigungen – zum Beispiel aus rassistischen Gründen oder aus Rache – vorbeugen und zumindest einen gewissen Kündigungsschutz auch bei kleinen Unternehmen sicherstellen.

Was muss der Arbeitgeber bei einer Kündigung beachten?

Damit eine ordentliche Kündigung wirksam ist, muss das Unternehmen verschiedene Faktoren berücksichtigen. Diese vier Fragen sind zu prüfen:

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1. Liegt ein zulässiger Kündigungsgrund vor?

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist nur dann wirksam, wenn sie durch folgende Gründe gerechtfertigt ist:

  • verhaltensbedingte Gründe (z. B. Beleidigung, häufiges Zuspätkommen)
  • personenbedingte Gründe (z. B. Krankheit des Arbeitnehmers)
  • betriebsbedingte Gründe (z. B. Betriebsteilschließung)

Der Grund muss im Kündigungsschreiben nicht genannt werden.

Bei extremen verhaltensbedingten Gründen – beispielsweise einer erwiesenen Straftat – kann der Arbeitgeber auch eine außerordentliche Kündigung, das heißt eine fristlose Kündigung, aussprechen.

2. Ist eine Weiterbeschäftigung nicht möglich?

“Arbeitgeber müssen bei einer betriebsbedingten Kündigung prüfen, ob sie den Arbeitnehmer nicht auf einer anderen Stelle einsetzen können. Sie müssen untersuchen, ob eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen oder nach zumutbaren Fortbildungsmaßnahmen möglich wäre”, erklärt Rechtsanwalt Frank Preidel.

3. Wurden soziale Gesichtspunkte berücksichtigt (Sozialauswahl)?

Der Kündigungsschutz in Deutschland soll insbesondere Arbeitnehmer schützen, die es auf dem freien Arbeitsmarkt schwerer haben, eine neue Anstellung zu finden – zum Beispiel ältere Arbeitnehmer. Entsprechend haben Unternehmen die Pflicht, bei Kündigungen soziale Aspekte wie

  • die Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • das Lebensalter sowie
  • die Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers

zu berücksichtigen. “Muss ein Arbeitgeber mehrere Mitarbeitern eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen, so hat er die sogenannte Sozialauswahl zu treffen”, führt der Rechtsanwalt aus. Ein Beispiel: Wenn betriebliche Erfordernisse den Abbau von Stellen nahelegen, müsste in der Regel ein 30-jähriger, lediger Mitarbeiter vor einem 50-jährigen Familienvater entlassen werden.

4. Handelt es sich um einen Arbeitnehmer mit besonderem Kündigungsschutz?

Besonderer Kündigungsschutz ist für bestimmte Arbeitnehmergruppen, die besonders schutzbedürftig sind, vorgesehen.

Dazu gehören:

  • Betriebsratsmitglieder
  • schwerbehinderte Menschen
  • Schwangere
  • Mütter nach der Entbindung
  • Mütter und Väter, die Elternzeit in Anspruch nehmen
  • Auszubildende
  • Personen in Pflegezeit, die sich um Angehörige kümmern

Gegenüber diesen Gruppen ist eine Kündigung nur unter erschwerten Bedingungen oder überhaupt nicht zulässig. Frank Preidel: “Während der Schwangerschaft, innerhalb der ersten vier Monate nach der Entbindung und während der Elternzeit ist eine Kündigung durch den Arbeitgeber grundsätzlich unzulässig.” Ausnahme: Eine verhaltensbedingte Kündigung ist im Extremfall möglich, wenn der Arbeitgeber die Erlaubnis von der obersten Landesbehörde eingeholt hat. Hat also zum Beispiel eine schwangere Arbeitnehmerin das Vertrauen des Arbeitgebers durch den Diebstahl von Waren von erheblichem Wert stark geschädigt, könnte das Unternehmen bei der Behörde eine Zustimmungserklärung anfordern und der Frau nach erfolgter Genehmigung kündigen. Auch bei der personenbedingten Kündigung und der betriebsbedingten Kündigung gelten für die genannten Arbeitnehmergruppen höhere Hürden.

Welche formalen Vorschriften muss der Arbeitgeber bei der Kündigung einhalten?

Grundsätzlich müssen alle Arbeitgeber bei der Kündigung bestimmte Formalien beachten. Dazu zählt:

  • Sofern vorhanden muss der Betriebsrat zuvor angehört werden.
  • Die Kündigung muss schriftlich erfolgen mit eigenhändiger Unterschrift (d. h. per Brief, nicht per Fax oder E-Mail).
  • Die Kündigungsfrist muss eingehalten werden. Die Kündigungsfrist für Arbeitgeber ergibt sich aus § 622 BGB, wenn nichts anderes im Arbeitsvertrag steht. Dann gilt die gesetzliche Kündigungsfrist, die nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelt ist.
  • Ob die Kündigungsfrist eingehalten wurde, hängt von der Zustellung an den Empfänger (Zugang) ab. Wird das Kündigungsschreiben persönlich überreicht, ist der Fall klar. Der Zugang einer Kündigung unter Abwesenden ist zu dem Zeitpunkt erfolgt, in dem die Kündigung in dem Machtbereich des Empfängers gelangt und in dem man unter gewöhnlichen Umständen mit einer Kenntnisnahme rechnen konnte. Wird zum Beispiel eine Kündigung erst am späten Nachmittag oder Abend eingeworfen, so gilt die Kündigung erst als am nächsten Tag zugegangen, da der Briefkasten gewöhnlich nur einmal täglich geleert wird.

Wann hat eine Kündigungsschutzklage Aussicht auf Erfolg?

Falls dir gekündigt wurde und du dagegen vorgehen möchtest, solltest du zunächst prüfen, ob es Formfehler bei der Kündigung gab. “Es kommt immer wieder vor, dass Kündigungen aus ganz banalen formalen Gründen scheitern”, sagt Rechtsanwalt Frank Preidel. “Zum Beispiel, weil der Betriebsrat nicht angehört wurde oder die Kündigung per E-Mail erfolgt ist.” Wenn die Formalien korrekt eingehalten wurden, gilt es zu prüfen, ob ein Verstoß gegen das Kündigungsschutzgesetz vorliegt. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn dir betriebsbedingt gekündigt wurde, obwohl man dir einen ähnlichen Job in einer anderen Abteilung hätte anbieten können, der aktuell nicht besetzt ist und für den du qualifiziert bist.

Wie kann ich eine Kündigungsschutzklage einreichen?

Wenn du der Ansicht bist, dass die durch deinen Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung unrechtmäßig ist, kannst du binnen drei Wochen nach Zugang beim zuständigen Arbeitsgericht Klage einreichen. “Diese Frist sollten Sie unbedingt einhalten, da Ihre Klage anschließend nur unter engen Voraussetzungen vom Gericht noch angenommen wird”, erläutert der Rechtsanwalt. Die Klageschrift muss mindestens das angerufene Gericht, den Kläger, den Klagegegner und den Antrag auf die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung aufgelöst ist, enthalten. In erster Instanz musst du nicht zwangsläufig durch einen Anwalt vertreten werden.

Wie läuft ein Kündigungsschutzprozess ab?

Nachdem deine Klage dem Klagegegner zugestellt wurde, kommt es im ersten Schritt zu einer sogenannten Güteverhandlung. In dieser Verhandlung soll nach Möglichkeit eine gütliche Einigung zwischen den beiden Parteien herbeigeführt werden.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können im Rahmen eines solchen Gütetermins einen Vergleich schließen. Darin kann beispielsweise vereinbart werden, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet, der Arbeitnehmer im Gegenzug aber eine Abfindung für seinen Arbeitsplatzverlust erhält. Ein gesetzlich festgelegter Anspruch auf Abfindung besteht nur für den Fall einer betriebsbedingten Kündigung.

Kommt es in dem Gütetermin zu keiner Einigung zwischen den Parteien, wird ein Kammertermin vereinbart. “In der Verhandlung wirkt die Kammer – bestehend aus dem vorsitzenden Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern – nochmals darauf hin, den Streit durch einen Vergleich oder andere Maßnahmen gütlich zu beenden”, erklärt Frank Preidel.

Gelingt das nicht, vernehmen die Richter im Rahmen einer Beweisaufnahme eventuell noch Zeugen, hören Sachverständige oder prüfen Unterlagen, um den Prozess anschließend durch ein Urteil zu beenden.

Was passiert nach dem Kündigungsschutzprozess?

Wenn du den Kündigungsschutzprozess gewinnst, bedeutet das, dass dein Arbeitsverhältnis nicht wirksam beendet wurde. Es besteht folglich noch fort und dein Chef muss dich nicht nur weiter beschäftigen, sondern er muss bei Vorliegen bestimmter, gesetzlich definierter Voraussetzungen auch für den zurückliegenden Zeitraum deine Vergütung nachzahlen. “Nachdem das Vertrauensverhältnis durch einen solchen Prozess allerdings Schaden nimmt und eine Fortsetzung der Zusammenarbeit oftmals schwierig ist, setzt das Arbeitsgericht in solchen Fällen auf Antrag des Arbeitnehmers den Zeitpunkt fest, an dem das Arbeitsverhältnis bei wirksamer Kündigung geendet hätte und verurteilt den Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung”, berichtet der Anwalt aus der Praxis. Sollte eine Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses anstehen und du aber rechtzeitig einen neuen Job gefunden hast, kannst du innerhalb einer Woche nach Rechtskraft des Urteils deine Rückkehr verweigern, ohne dass du dadurch Schadensersatzforderungen oder andere Nachteile zu befürchten hast.

Was kostet ein Kündigungsschutzprozess?

Die Kosten eines Kündigungsschutzprozesses setzen sich aus Gerichts- und Anwaltskosten zusammen. Um deren konkrete Höhe zu bestimmen, muss zunächst der Streitwert ermittelt werden, der sich aus einem Viertel des Jahresgehaltes des Arbeitnehmers ergibt. Die Gerichts- und Anwaltsgebühren lassen sich anschließend aus dem Gerichtskostengesetz (GKG) bzw. dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) entnehmen.

Achtung: Im Arbeitsrecht gibt es die Besonderheit, dass Kläger wie Beklagte bis zum Urteil der ersten Instanz ihre Kosten selbst zahlen. Solltest du vor Gericht verlieren, wirst du also nicht mit den Anwaltskosten der gegnerischen Partei belastet. Falls du aber gewinnst, werden deine eigenen Anwaltskosten auch nicht erstattet.

Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, die das Feld Arbeitsrecht abdeckt, sollte sich bei arbeitsrechtlichen Problemen sofort an seinen Versicherer wenden. Manchmal können Konflikte im Vorfeld entschärft werden – zum Beispiel durch eine Mediation – sodass es gar nicht zur Kündigung kommen muss.

Du siehst: Das Kündigungsschutzgesetz stellt sicher, dass deutsche Arbeitnehmer nicht grundlos und leichtfertig entlassen werden können. Solltest du der Ansicht sein, dass deine Entlassung gegen das Gesetz verstößt, kannst du eine Kündigungsschutzklage einreichen. In so manchem Fall hat das schon das Arbeitsverhältnis gerettet oder zumindest eine angemessene Abfindung für den Arbeitnehmer erreicht.

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Dieser Artikel wurde ursprünglich am 2. April 2019 veröffentlicht (Haftungsausschluss).

Unser Partneranwalt

Als Fachanwalt für Arbeitsrecht kennt sich Frank Preidel bestens mit Rechtsfällen rund ums Berufsleben aus. Seit 2005 ist der ROLAND-Partneranwalt als selbstständiger Rechtsanwalt tätig und gründete 2007 mit Frau Rechtsanwältin Christine Burmester die Kanzlei Preidel . Burmester in Hannover. Die Kanzlei betreibt mittlerweile drei weitere Zweigstellen. Frank Preidel ist übrigens darüber hinaus ausgebildeter Mediator.

Frank Preidel

Frank Preidel

Kanzlei Preidel . Burmester

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Arbeits- und Berufsrechtsschutz“