Hasskomentare im Internet.

Hass und Hetze im Internet: Wie ist die Rechtslage?

Leben & Freizeit

Hass, Hetze und Beleidigungen: Hasskommentare im Internet sind seit Jahren ein vieldiskutiertes Thema. Kommentatoren rufen im Netz zu Gewalt auf, betreiben Volksverhetzung oder äußern antisemitische Beschimpfungen – so die gängige Darstellung in den Medien.

Doch was ist überhaupt ein Hasskommentar, wie weit verbreitet ist das Phänomen und welche Strafen gibt es in einem konkreten Fall? Gemeinsam mit Rechtsanwalt Brian Scheuch von der Kanzlei Heidrich Rechtsanwälte habe ich mich mit diesen Fragen auseinandergesetzt. Hier bekommst du die wichtigsten Antworten.

Behörden gehen verstärkt gegen Hate Speech vor

Im Sommer 2019 machen zwei Meldungen auf das Thema “Hasskommentare im Internet” aufmerksam: Im Juni gehen die Ermittler des Bundeskriminalamts bundesweit gegen Hate Speech im Netz vor. In 13 Bundesländern werden Wohnungen durchsucht und Verdächtige vernommen, die Hasskommentare verfasst haben sollen. Im Juli kommt dann die Meldung, dass die Staatsanwaltschaft in Nordrhein-Westfalen 80 Beschuldigte ermittelt hat, die in sozialen Netzwerken Hassrede verbreitet haben sollen. In NRW beschäftigt sich ein Sonderdezernat mit diesem Thema. “Die Botschaft ist eindeutig: Soziale Netzwerke sind kein rechtsfreier Raum – und die Polizei geht verstärkt gegen die Verfasser von Hasskommentaren im Internet vor”, meint Rechtsanwalt Brian Scheuch.

Was ist ein Hasskommentar?

Doch was ist überhaupt ein Hasskommentar? Zunächst gilt: Eine allgemein gültige Definition gibt es nicht – eine Abwägung muss immer im Einzelfall erfolgen und im Zweifel von (mehreren) Gerichten bewertet werden. “Juristisch gesehen geht es dabei um die Grenze zwischen der Meinungsfreiheit und der Verletzung der Rechte anderer. Dies kann ein schmaler Grat sein”, erklärt Rechtsanwalt Brian Scheuch.

Die Meinungsfreiheit wird von unserer Verfassung als sehr wichtig eingestuft und deckt daher erst einmal relativ viele Aussagen ab. Bloße Unhöflichkeit oder polemische Formulierungen im Netz können daher nicht als Hass-Posting eingestuft werden. “Wenn aber durch einen Kommentar die Menschenwürde oder das Persönlichkeitsrecht angegriffen werden, dann werden die Rechte anderer verletzt. Solche Kommentare gelten nicht als zulässig im Sinne der Meinungsfreiheit “, erläutert Rechtsanwalt Brian Scheuch.

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Wie groß ist das Phänomen?

Zu strafbaren Inhalten in sozialen Netzwerken gibt es verschiedene Untersuchungen. Laut einer Statistik des Bundeskriminalamts hat die Polizei im Jahr 2018 knapp 1.500 strafbare Hass-Postings im Internet erfasst. Dies entspreche einem Rückgang von 35 Prozent im Vergleich zu 2017, was als Erfolg gewertet wird. “Allerdings sucht die Polizei die Hassrede im Netz nicht selbst, sondern ist auf Strafanzeigen durch Betroffene und Nutzer angewiesen. Die Dunkelziffer dürfte deshalb deutlich höher liegen”, erklärt Rechtsanwalt Brian Scheuch.

Außerdem haben sich Wissenschaftler in einer Studie der Landesmedienanstalt NRW mit Hasskommentaren unter journalistischen Beiträgen in sozialen Netzwerken beschäftigt. Im Ergebnis der Studie haben sie festgehalten, dass es wenige dominante Userinnen und User gebe, die Hasskommentare veröffentlichen. Deren Kommentare hätten nur selten einen thematischen Bezug zum journalistischen Beitrag und würden unabhängig davon Hass und Hetze verbreiten.

Welche Strafen gibt es?

Hasskommentare im Internet können verschiedene Straftatbestände erfüllen, die laut Strafgesetzbuch unterschiedlich hart bestraft werden. Dazu können Volksverhetzung (bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe), die Aufforderung zu Straftaten (bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe) oder die Billigung von Straftaten gehören. “Darüber hinaus kann ein Hasskommentar den Straftatbestand der Bedrohung, der Beleidigung oder der Verleumdung erfüllen”, erläutert Rechtsanwalt Scheuch. “Hierfür können mehrmonatige Freiheits- oder empfindliche Geldstrafen verhängt werden.

Was kann ich dagegen tun?

Natürlich stellt sich abschließend die Frage: Was kann ich in einem konkreten Fall tun? “Zunächst sollte der entsprechende Kommentar bei den sozialen Netzwerken gemeldet werden”, rät Rechtsanwalt Brian Scheuch. Dies kann sowohl über die „Meldefunktion“ geschehen, aber auch mittels speziellerer Formulare wie solche nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Twitter, Facebook und Co. werden durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) dazu verpflichtet, offensichtlich rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden zu löschen. Andernfalls drohen Bußgelder. Darüber hinaus ist der juristische Weg über eine Strafanzeige möglich. “Über den Rechtsweg können auch zivilrechtliche Ansprüche auf Unterlassung oder sogar Schmerzensgeld geltend gemacht werden. Zivilrechtliche Ansprüche setzen jedoch voraus, dass der Täter bekannt ist, was angesichts der Anonymität im Internet immer schwieriger wird”, erklärt Rechtsanwalt Scheuch.

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) als „Heilmittel“ gegen Hasskommentare?

Der Gesetzgeber sah sich dazu veranlasst, gegen Hasskommentare (Hate-Speech) durch die Schaffung eines zusätzlichen Gesetzes vorzugehen. Seit dem 01.01.2018 sind Plattformformbetreiber ab zwei Millionen registrierten Nutzern den zusätzlichen Regelungen des NetzDG verpflichtet. Dieses regelt unter anderem eine Berichtspflicht, sowie die Löschung oder Sperrung rechtswidriger Inhalte. Bei offensichtlicher Rechtswidrigkeit hat die Löschung binnen 24 Stunden zu erfolgen. Das Meldeformular nach dem NetzDG ist für Nutzer nur sehr schwer auffindbar. Nicht zuletzt deshalb wurde kürzlich gegen Facebook vom Bundesamt für Justiz ein Bußgeld in Höhe von zwei Millionen Euro verhängt.

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Dieser Artikel wurde ursprünglich am 29. Juli 2019 veröffentlicht (Haftungsausschluss).

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Rechtsanwalt Brian Scheuch ist Partner der Kanzlei Heidrich Rechtsanwälte. Daneben ist er als Autor für die Zeitschrift c’t, Heise Online und dem ITRB tätig. Rechtsanwalt Brian Scheuch beschäftigt sich insbesondere mit den Themen Urheberrecht, Datenschutz und E-Commerce. Seine Kanzlei vertritt Mandanten in allen Belangen rund um die Themen IT-Recht, Urheberrecht, Datenschutz, Internetrecht, E-Commerce, Softwarerecht und Markenrecht.

Brian Scheuch

Brian Scheuch

Kanzlei Heidrich Rechtsanwälte

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Privatrechtsschutz“