Fakten rund um die Tierhalterhaftung.

Tierhalterhaftung: Musst du für Schäden durch das Tier zahlen?

Leben & Freizeit

Die Katze macht ihr Geschäft im Vorgarten des Nachbarn, das ausgebüchste Pferd verursacht einen Unfall oder der Hund beißt einen Jogger. Muss ich als Besitzer oder Betreuer in diesen Fällen grundsätzlich haften? Wie ist die Tierhalterhaftung genau geregelt?

Gemeinsam mit Rechtsanwalt Dirk Winthuis von der Kanzlei W|K|F Winthuis § Collegen erkläre ich dir die wichtigsten Fakten rund um die Haftung für deine tierischen Freunde.

Wer ist überhaupt der Tierhalter?

Du hast das Tier gekauft, dann bist du auch automatisch der Tierhalter – oder? “Nicht zwangsläufig”, erklärt Rechtsanwalt Dirk Winthuis. “Laut Gesetz hat derjenige die Sachherrschaft, der die tatsächliche Gewalt über ein Tier ausübt.” So komisch das klingt: Vor dem Gesetz gelten Tiere als Sache. “Gewalt über das Tier ausüben” kann übersetzt werden mit “Kontakt zum Tier pflegen bzw. sich darum kümmern”. Typisches Beispiel: Nach einer Trennung bleibt das Haustier bei Partner A. Obwohl Partner B es ursprünglich gekauft hat, würde man Partner A als den Halter bezeichnen.

Infografik: 5 Dinge über Tierhaltung

Wofür haftet der Tierhalter?

Paragraph 833, Artikel 1, des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) regelt die Haftung des Tierhalters. Darin steht: “Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.” Das ist davon unabhängig, ob die Handlung des Tieres durch menschliches Verhalten provoziert wurde. Dirk Winthuis: “Der Tierhalter haftet auch, wenn das Tier unberechenbar reagiert.” So zum Beispiel für ein Pferd, das aufgrund eines lauten Geräusches scheut und dabei einen Menschen verletzt. Ebenso gilt seine Haftung auch für entlaufene Tiere.

Eine Ausnahme davon besteht, wenn der Schaden durch ein Tier verursacht wurde, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters dient und der Tierhalter bei der Beaufsichtigung seines Tieres keine Sorgfaltspflichtverletzung begangen hat. Hier unterscheidet das Gesetz zwischen “Berufstieren” (zum Beispiel Hüte- oder Polizeihunde), “Erwerbstieren” (zum Beispiel Zuchtpferde oder Schlachtvieh) und “Unterhaltstieren” (zum Beispiel Milchkühe). Deren Besitzer haften nicht, wenn sie den sogenannten Entlastungsbeweis führen können. “Das heißt, sie können beweisen, dass sie bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt haben walten lassen, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt unvermeidlich war”, so der Rechtsanwalt.

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Was ist, wenn man ein fremdes Tier betreut und dabei ein Schaden passiert?

Einmal mit dem Hund eines Freundes oder Familienmitglieds Gassi gehen – viele haben schon derartige Freundschaftsdienste übernommen. Doch was ist, wenn dabei etwas geschieht, also beispielsweise der Hund einen anderen Hund beim Spielen verletzt? “Übernehmen Sie aus reiner Gefälligkeit die zeitweise Aufsicht über ein Tier, haften Sie nicht für einen Schaden, den es unter ihrer Aufsicht verursacht”, erklärt Rechtsanwalt Dirk Winthuis. Anders sieht es bei Tieraufsehern aus, die sich vertraglich verpflichten, das Tier eines Dritten für einen gewissen Zeitraum zu beaufsichtigen. “Ein professioneller Hundesitter haftet für Schäden, die das Tier verursacht”, sagt der Rechtsexperte. “Es sei denn, er kann einen Entlastungsbeweis erbringen, sprich glaubhaft vermitteln, dass er die notwendige Sorgfalt erbracht hat.”

Was ist, wenn die geschädigte Person Mitschuld an dem Schaden trägt?

Ein Passant ignoriert den ausdrücklichen Hinweis des Besitzers, dass der Hund nicht gestreichelt werden darf, und wird prompt gebissen. Trägt er dann die Schuld und bleibt auf den Behandlungskosten sitzen? “Nicht ganz, in der Regel entscheidet das Gericht in so einem Fall, dass dem Geschädigten ein Mitverschulden vorgeworfen werden kann”, erklärt Dirk Winthuis. “Meist bedeutet dies, dass die Behandlungskosten zwischen den Parteien geteilt werden.” Ebenso werden Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche nach vom Gericht festgelegten Quoten aufgeteilt.

Was ist, wenn sich nicht eindeutig zuordnen lässt, welches Tier den Schaden verursacht hat?

Im Fall eines Pferdebesitzers, der eine Weide mit mehreren fremden Pferden überquerte und dabei von einem Pferd verletzt wurde, das er nicht eindeutig identifizieren konnte, urteilte das Oberlandesgericht Koblenz, dass alle Tierhalter für den Schaden einstehen mussten. Allerdings schränkte das Gericht ein: Die Haftung entfällt, wenn sich der Betroffene unvorsichtig verhält, indem er die Weide mittig überquert, obwohl er die darauf weidenden Pferde gar nicht kennt.

Was ist, wenn ein anderes Tier durch einen Hundebiss verletzt wird?

In Parks und öffentlichen Grünanlagen treffen täglich zahlreiche Vierbeiner aufeinander – und kommen manchmal leider auch zu Schaden. Wird ein Hund von einem anderen Hund gebissen, ist der Hundehalter des schädigenden Hundes zum Schadensersatz verpflichtet. Eine Haftungsminderung kommt nur dann in Betracht, wenn auch von dem verletzten Hund eine konkrete Tiergefahr ausging. Eine abstrakte Tiergefahr, also die bloße Anwesenheit, reicht nicht aus.

Welche Schäden können Tiere verursachen und in welcher Höhe?

Grundsätzlich können Tiere sowohl Sach- als auch Personenschäden verursachen. Kommen Menschen zu Schaden, gibt es neben den Kosten für die medizinische Behandlung oft auch Schmerzensgeldforderungen. “Die Schäden belaufen sich schnell auf mehrere Hundert oder sogar Tausend Euro”, sagt der Rechtsexperte. “Gerade, wenn das Tier einen Verkehrsunfall verursacht, kann der Schaden aber auch schnell weit darüber hinausgehen.”

Kann man sich vor dem Risiko eines teuren Schadens schützen?

Manche Tierbesitzer glauben, dass durch ihr Haustier verursachte Schäden durch ihre Haftpflichtversicherung abgedeckt sind. Häufig schließen die Vertragsbedingungen jedoch Schäden, die von Hund, Katze, Pferd und Co. verursacht werden, aus. Stattdessen gibt es eigene Tierhalterhaftpflichtversicherungen, deren Preise sich je nach Tierrasse, Deckungssumme und weiteren Faktoren unterscheiden.

Auch, wenn du die Versicherung hoffentlich nie brauchst, solltest du am besten schon bei der Anschaffung deines tierischen Freundes überlegen, ob du dich mit einer Tierhalterhaftpflichtversicherung vor dem Kostenrisiko schützen willst. Denn wie dieser Beitrag zeigt: Die Tierhalterhaftung geht sehr weit.

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Dieser Artikel wurde ursprünglich am 25. Februar 2020 veröffentlicht (Haftungsausschluss).

Unser Partneranwalt

Dirk Winthuis leitet seit 2008 die Kanzlei W|K|F Winthuis § Collegen. Vor dieser Zeit war er bereits vier Jahre als Rechtsanwalt für Zivilrecht und Strafrecht tätig und verfügt ebenfalls über langjährige Erfahrungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht, welche er bei seiner Referendarzeit bei einem Steuerberater in Salzkotten gesammelt hat. Darüber hinaus hat Dirk Winthuis bereits mehrere Fachanwaltslehrgänge im Steuer- und Insolvenzrecht absolviert.

Dirk Winthuis

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Kanzlei W|K|F Winthuis § Collegen

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Privatrechtsschutz“