Urlaub am Meer.

Reisemängel: Rechte von Urlaubern

Reisen & Verkehr

Aufgrund von Reisemängeln waren die schönsten Wochen im Jahr nicht ganz so entspannt wie erhofft. Nun kommt es darauf an, über seine Rechte Bescheid zu wissen und zumindest noch den Reisepreis zu mindern. Rechtsanwalt Frank Preidel von der Kanzlei Preidel. Burmester Rechtsanwälte aus Hannover erläutert die rechtliche Lage.

Reiserecht: Wann liegt ein Reisemangel vor?

Lange schon ist der Urlaub geplant, dementsprechend groß ist auch die Vorfreude. Doch als du das Hotelzimmer betrittst, folgt die Ernüchterung: Der versprochene Balkon fehlt und, anders als im Prospekt angegeben, gibt es keine Klimaanlage. Entspanntes Urlaubsfeeling sieht anders aus. Schnell kommt erster Urlaubsfrust auf.

Doch was sieht das Reiserecht in solchen Fällen vor: Liegt hier ein Reisemangel vor und wann ist das grundsätzlich überhaupt der Fall? „Laut 651i BGB ist geregelt, dass der Reiseveranstalter dem Reisenden die Pauschalreise frei von Reisemängeln zu verschaffen hat“, sagt Rechtsanwalt Frank Preidel. „Das erfüllt die Reise unter anderem dann, wenn sie die sogenannte ‘vereinbarte Beschaffenheit’ hat. Katalogbeschreibungen unterliegen immer der Prospektwahrheit und -klarheit.“ Bedeutet in diesem Fall: Die Beschaffenheit, also der Balkon oder die Klimaanlage des Hotelzimmers, ist nicht wie vereinbart – es liegt laut BGB ein Reisemangel vor. Inwiefern dem Urlauber gemäß BGB eine Reiseminderung zusteht, dazu später mehr.

Pauschalreisende haben es bei der Reklamation einfacher, da sie nur einen Vertragspartner haben – nämlich den Reiseveranstalter. Somit muss die vertraglich festgelegte Reiseleitung den Mangel ohne Zusatzkosten abstellen oder ersetzen. Zudem sind Pauschalreisende auch gegen Insolvenzen von Reiseveranstaltern mit Hauptsitz in Deutschland gesetzlich abgesichert und können bei Reisemängeln nicht nur den Preis mindern, sondern auch Schaden¬ersatz wegen entgangener Urlaubs¬freude verlangen. „Voraussetzung dafür ist, dass der Reisemangel nicht vom Reisenden oder einem Dritten verschuldet wurde oder unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände ihn verursacht haben“, so Frank Preidel. Letzteres können zum Beispiel Naturkatastrophen oder Bürgerkriege sein.

Individualreisende schließen hingegen mit jedem Dienstleistungserbringer einen eigenen Vertrag ab und müssen im Streitfall ihre Rechte separat durchsetzen. Aufenthalte in Ferienwohnungen oder -häusern zählen übrigens seit dem 1. Juli 2018 nicht mehr als Pauschalreisen. „Urlauber müssen somit direkt beim Vertragspartner – also beispielsweise dem Vermieter – etwaige Preisminderungen geltend machen. Wenn der Mietvertrag im Ausland geschlossen wurde, gelten in der Regel die Gesetze des jeweiligen Reiselandes“, erläutert Rechtsanwalt Frank Preidel.

Aktuell: Fluggastrechte in der EU

Wann haben Fluggäste einen Anspruch auf Ausgleichszahlung?

Kurzfristige Ausfälle, Überbuchungen oder Verspätungen von mindestens drei Stunden zählen zu den häufigsten Störungen. Diese sind in der EU-Fluggastrechte-Verordnung (261/2004/EG) festgehalten. Laut dieser Verordnung haben Fluggäste bei diesen drei Fällen einen Anspruch auf Ausgleichszahlung – vorausgesetzt der Abflughafen oder Zielflughafen befindet sich in der EU und/oder es handelt sich um eine Fluggesellschaft mit Sitz in der EU.

Welche Ausgleichszahlungen stehen Fluggästen zu?

Die Höhe des Ausgleichsanspruchs ist in der EU-Fluggastrechte-Verordnung pauschal und gestaffelt festgelegt.

Fluggäste bekommen bei Nichtbeförderung, Annullierung oder mindestens drei Stunden Verspätung folgende Erstattung:

  • 250 Euro bei allen Flügen über eine Entfernung von maximal 1.500 Kilometern,
  • 400 Euro über eine Entfernung von mehr als 1.500 Kilometern, wenn beide Flughäfen in der EU liegen,
  • 400 Euro bei allen Flügen über eine Entfernung zwischen 1.500 und 3.500 Kilometern und
  • 600 Euro bei allen sonstigen Flügen.

Gibt es noch weitere Unterstützungen für Flugreisende?

Neben der Ausgleichszahlung stehen Flugreisenden bei Nichtbeförderung, Flugausfall oder einer Flugverspätung von mindestens 5 Stunden Unterstützungsleistungen zu. Die betroffenen Fluggäste können dann entweder eine vollständige Erstattung der Ticketpreise, einen Rückflug zum ersten Abflugort oder eine andere Beförderung zum Endziel unter ähnlichen Reisebedingungen verlangen. Allerdings gilt letzteres nicht für Flugverspätungen.

Außerdem gilt: Bei Nichtbeförderung, Annullierung oder einer Verspätung ab 2 Stunden, sind die Airlines verpflichtet, ihre Fluggäste während der Wartezeit mit Betreuungsleistungen zu unterstützen. Sie haben Anspruch auf kostenlose Mahlzeiten und Erfrischungen, eine Hotelübernachtung inklusive Beförderung zwischen Flughafen und Hotel und zwei Telefonate.

Was bedeutet „Nichtbeförderung“?

Eine Nichtbeförderung liegt vor, wenn sich die Airline weigert, Fluggäste zu befördern. Dabei ist es wichtig, dass sie sich ordnungsgemäß entsprechend der Mitwirkungspflicht am Fluggate eingefunden haben. Die häufigste Ursache für die Nichtbeförderung ist eine Überbuchung des Flugzeugs. Eine Nichtbeförderung kann aber auch dann vorliegen, wenn Fluggäste ihren Flug durch überlange Wartezeiten beim Check-In verpassen.

Wann haben Fluggäste kein Recht auf Ausgleichszahlung?

Wenn ein Flug wegen außergewöhnlicher Umstände ausfällt, stehen Fluggästen keine Ausgleichszahlungen zu. Dazu zählen zum Beispiel unvorhersehbare Naturereignisse und Streiks. Technische Mängel an Flugzeugen sind laut EuGH kein außergewöhnlicher Umstand.

Bestehen Ansprüche, wenn Fluggäste Ihren Flug aufgrund langer Sicherheitskontrollen verpasst haben?

Nein, in der Regel besteht kein Anspruch auf Ersatzleistung, wenn Fluggäste Ihren Flug aufgrund zu lange dauernde Sicherheitskontrollen verpasst haben – vorausgesetzt der Flug hat ordnungsgemäß stattgefunden. Es gilt, dass jeder Reisende einen ausreichenden Zeitpuffer einplanen muss und Wartezeiten einkalkulieren sollte.

Es gibt allerdings eine Sonderregel: Die Empfehlung, sich zwei bis drei Stunden vor dem Abflug beim Check-In einzufinden, ist den meisten bekannt. Wenn Fluggäste diese Regelung einhalten und den Flug trotzdem verpassen, haben sie Anspruch auf eine sogenannte Aufopferungsentschädigung. Wichtig dabei ist, dass sie bei der Sicherheitskontrolle auf die Dringlichkeit ihrer Situation aufmerksam gemacht haben, sonst trifft sie ein Mitverschulden. Diese Ansprüche werden in dem Fall nicht der Fluggesellschaft gegenüber geltend gemacht, da diese keinen Einfluss auf die Sicherheitskontrollen haben. Die Sicherheitskontrollen obliegen der Bundespolizei, die diese oft an private Firmen auslagert.

Muss ein Alternativflug extra bezahlt werden, wenn mir dieser angeboten wird?

Wenn der Flug ausfällt und Fluggästen ein Alternativflug angeboten wird, muss dieser nicht extra bezahlt werden. Allerdings kann die Ausgleichszahlung um 50 Prozent gekürzt werden, wenn der Alternativflug sofort angeboten wird. Das ist der Fall, wenn der Flug bei kurzen Strecken maximal zwei Stunden und bei langen Strecken maximal vier Stunden später am Ziel ist.

Was passiert, wenn die Reise über einen Reiseveranstalter gebucht wurde?

Wenn Reisende ihre Flüge als Gesamtpaket bei einem Reiseveranstalter gebucht haben, gelten Flugausfälle, erhebliche Verspätungen und Gepäckverlust als Reisemängel. Hier besteht für die Betroffenen dann Anspruch auf Herabsetzung des Gesamtreisepreises. Voraussetzung dafür ist, dass die Reisenden den Reiseveranstalter über den Ausfall oder die Verspätung informiert hat. Aber Achtung: Doppelt abrechnen können Betroffene natürlich nicht. Sie müssen sich also entscheiden, ob sie die Ansprüche beim Reiseveranstalter oder bei der Airline geltend machen.

Unser Tipp: Betroffene Fluggäste sollten die Verspätung oder den Ausfall dokumentieren, da sie die Beweislast tragen. Dafür kann man sich zum Beispiel eine Bestätigung der Airline aushändigen lassen.

Was steht mir zu, wenn mein Gepäck verloren gegangen ist?

Die Fluggesellschaft haftet für das Gepäck gemäß dem Montrealer Übereinkommen. Grundsätzlich muss die Airline jeden Schaden ersetzen, der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entsteht. Kommt ein Koffer nicht am Zielort an, können sich betroffene Fluggäste vor Ort mit der nötigen Kleidung oder Hygieneartikeln selbst versorgen und die Kosten in Rechnung stellen. Auch wenn der Koffer oder der Inhalt beschädigt ist, haben Flugreisende Recht auf eine Entschädigung. Dabei wird der Zeitwert ersetzt. Das gleiche gilt, wenn der Koffer verschwunden ist.

Der Gepäck-Aufkleber auf der Bordkarte gilt als Beleg dafür, dass Gepäck aufgegeben wurde. Den sollten Reisende also auf jeden Fall verwahren. Außerdem sollten sie einen Gepäckermittlungsbogen vom Flughafen ausfüllen und vom Bodenpersonal bestätigen lassen.

Neue Fahrgastrechte der Deutschen Bahn

Gemäß der neuen EU-Verordnung gelten seit dem 07. Juni 2023 neue Fahrgastrechte bei der Deutschen Bahn (DB). Fahrgäste der DB können zukünftig keine Entschädigung verlangen, wenn Annullierungen und Verspätungen auf Notfälle oder außergewöhnliche Umstände zurückzuführen sind. Dazu gehören beispielsweise Naturkatastrophen, Kabeldiebställe, Notfälle im Zug oder Personen im Gleis. Die bisherige Erstattung von 25% des Ticketpreises bei Verspätungen ab einer Stunde und 50% des Ticketpreises ab zwei Stunden, können in diesen Fällen folglich nicht mehr verlangt werden. Gewöhnliche Unwetter zählen allerdings nicht zu den außergewöhnlichen Umständen, weshalb die Fahrgäste hier in vollem Umfang im Rahmen der Fahrgastrechte entschädigt werden.

Reisemängel-Tabelle: Wie hoch fällt eine Reiseentschädigung aus?

In der sogenannten Frankfurter Tabelle sind verschiedene Urteile des Landgerichts Frankfurt zum Reiserecht aus den 80er-Jahren zusammengefasst worden. Diese bietet Reisenden folgenden Vorteil: Wenn du einen oder mehrere Reisemängel zu beklagen hast, kannst du dich in dieser Tabelle orientieren, wieviel Geld du für welchen Mangel zurückverlangen kannst. Die angegebenen Prozentsätze richten sich nach Art und Umfang der Reisemängel. Was du tatsächlich mindern kannst, hängt allerdings vom Einzelfall ab. „Gerichte und Reiseveranstalter sind bei der Beurteilung der Reisemängel nicht an die Tabelle gebunden und somit nicht verpflichtet, sie zu nutzen. Zudem gilt die Frankfurter Tabelle nur für Reisepreisminderungen, jedoch nicht für Mietminderungen bei Ferienwohnungen. Dennoch bestehen Anwendungsparallelen – vor allem in Hinblick auf Ausstattungsmerkmale oder die Lage des Objekts. “, so Frank Preidel.

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Reisepreisminderung oder Schadenersatz? Bei welchen Reisemängeln können welche Ansprüche geltend gemacht werden?

Machen wir es also konkret: Du möchtest für deinen speziellen Fall eine Reisepreisminderung beantragen und hattest eine Flugverspätung bei deiner Pauschalreise. Welche Entschädigung steht dir dann vom Reiseveranstalter zu? Zunächst einmal muss dein Flug mindestens vier Stunden verspätet abgehoben sein, denn ansonsten gibt es bei diesem Reisemangel keine Rückerstattung. Ist diese Voraussetzung erfüllt, bekommst du fünf Prozent des anteiligen Reisepreises für einen Tag für jede weitere Stunde zurück. Erfolgt der Abflug deiner Reise also vier Stunden später und du hast 200 Euro für den Flug bezahlt, steht dir eine Preisminderung für die Flugverspätung in Höhe von zehn Euro zu.

Anderes Beispiel: Was ist, wenn die gebuchte Ferienwohnung Mängel aufweist und du auf eine Minderung pochen willst – zum Beispiel, weil vom versprochenen Fernseher nichts zu sehen ist und du unbedingt Bundesliga gucken willst? Hat der Besitzer der Ferienwohnung ein TV-Gerät zugesichert, bekommst du für Mängel dieser Art fünf Prozent Geld zurück.

Möchtest du Mängel, zum Beispiel aufgrund von Baulärm, geltend machen, kommt es bei der Reiseentschädigung auf die Uhrzeit an, zu der dieser auftritt. Am Tage beträgt die Reisepreisminderung fünf bis 25 Prozent, in der Nacht können es sogar zehn bis 40 Prozent sein.

Diese Beispiele können dir dabei helfen, einen ersten Überblick über mögliche Rückzahlungen zu erhalten. Allerdings kann man sie nicht pauschal anwenden, denn es kommt immer auf den jeweiligen Einzelfall an.

Reisemängel und Fristen: Wie reklamiere ich richtig?

Wichtig bei der Reklamation ist, die Reisemängel unverzüglich bei der Reiseleitung vor Ort zu melden und Abhilfe zu verlangen. Der Reiseleiter sollte dir auch schriftlich bestätigen, dass du dich beschwert hast. Zu Beweiszwecken empfiehlt es sich außerdem, Fotos zu schießen oder bei unzumutbarem Lärm ein Lärmprotokoll zu führen.

Ändert sich an den Mängeln nichts, werden sie also nicht vor Ort behoben, kannst du nach Reiserücktritt Einspruch erheben. Das solltest du unbedingt schriftlich tun – und zwar beim Reiseveranstalter! „Für Reisen, die nach dem 1. Juli 2018 gebucht wurden, gilt eine Verjährungsfrist von zwei Jahren, welche ab dem Tag beginnt, an dem die Reise vertraglich enden sollte“, weiß Rechtsanwalt Frank Preidel.

Was tun, wenn der Reiseveranstalter nicht auf meine Reklamation reagiert?

Hast du bei der Reiseleitung vor Ort Beschwerde eingelegt und im Nachhinein die Reisemängel im Schreiben detailliert aufgelistet und belegt – und trotzdem reagiert der Reiseveranstalter nicht auf deine Reklamation, solltest du unbedingt nachhaken und noch einmal dein Anliegen vortragen. Führt auch das nicht zum gewünschten Erfolg, hilft nur noch eine Klage. Wirst du doch nicht aktiv, verjähren deine Ansprüche ansonsten nach zwei Jahren.

Beginnt der Urlaub verspätet oder entspricht die Unterkunft nicht den versprochenen Erwartungen, ist der Ärger meist groß. Doch mit diesen Tipps kannst du zumindest eine Entschädigung für die entgangene Urlaubsfreude verlangen.

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Dieser Artikel wurde ursprünglich am 17. Juni 2020 veröffentlicht und am 03.07.2023 aktualisiert (Haftungsausschluss).

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Als Fachanwalt für Arbeitsrecht kennt sich Frank Preidel bestens mit Rechtsfällen rund ums Berufsleben aus. Seit 2005 ist der ROLAND-Partneranwalt als selbstständiger Rechtsanwalt tätig und gründete 2007 mit Frau Rechtsanwältin Christine Burmester die Kanzlei Preidel . Burmester in Hannover. Die Kanzlei betreibt mittlerweile drei weitere Zweigstellen. Frank Preidel ist übrigens darüber hinaus ausgebildeter Mediator.

Frank Preidel

Frank Preidel

Kanzlei Preidel . Burmester

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Verkehrsrechtsschutz“