Person mit Maske, um sich vor Covid-19 zu schützen.

Im Corona-Shutdown: Welche rechtlichen Regelungen und Unterstützung gibt es für Unternehmen oder Selbstständige?

Wenn in diesen Tagen das öffentliche Leben zum Stillstand kommt, hat das für die deutsche Wirtschaft gravierende Auswirkungen.

Stand: 22. März 2021

Die Maßnahmen der Politik zur Eindämmung der Corona-Pandemie hat für die deutsche Wirtschaft gravierende Auswirkungen. Auf der einen Seite geht der Konsum extrem zurück, weil die Menschen zuhause bleiben müssen und sich nur noch mit dem Nötigsten versorgen. Auf der anderen Seite drohen ganze Produktionsketten oder Dienstleistungen zusammenzubrechen, wenn der Betrieb nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Rechtsanwältin Antje Kuchler von der Kanzlei Kahlert Padberg erklärt, welche rechtlichen Regelungen in solchen Fällen greifen und welche staatliche Unterstützung Unternehmen und Selbstständige jetzt in Anspruch nehmen können. Alle wichtigen Infos erhalten Sie in diesem Blogbeitrag.

Inhalt

Ist das neue Infektionsschutzgesetz verfassungsgemäß?

Mit dem Paragraph 28a des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) haben Bundestag und Bundesrat am 18. November 2020 eine neue Rechtsgrundlage für Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie beschlossen. Die Norm war vom Bundestag schnell nachgeschoben worden, weil u. a. immer mehr Gerichte moniert hatten, dass viele Maßnahmen zuvor ohne Einbeziehung des Parlaments beschlossen worden waren.

Im Dezember 2020 gab es dann eine erstmalige obergerichtliche Äußerung zur IfSG-Neufassung: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hält den neuen Paragraph 28a des IfSG nicht für offensichtlich verfassungswidrig. Es bestünden jedenfalls keine schwerwiegenden Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Norm. „Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar festgestellt, dass die Infektionsschutzbehörden damit in Teilen sehr weite Befugnisse erhalten und in die Grundrechte der Betroffenen tief eingreifen, diese aber gleichzeitig auch speziell auf die Corona-Pandemie zugeschnitten sind“, erklärt Rechtsexpertin Antje Kuchler. Zudem hätten die Behörden und Fachgerichte genügend Spielraum, um im Einzelfall zu entscheiden, ob die Anwendung der Norm verhältnismäßig ist.

Welche Erfolgsaussichten haben Unternehmen und Selbstständige, die gegen die Maßnahmen klagen?

Zunehmend mehr Unternehmen und Einzelhändler wollen die Corona-bedingten Schließungen nicht mehr hinnehmen und ziehen gegen die Beschränkungen vor Gericht. Die meisten haben hierbei zunächst den Weg des sogenannten Eilrechtsschutzes gewählt. Schon im Zusammenhang mit der „ersten Welle“ der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 sind zahlreiche gerichtliche Entscheidungen erfolgt. In vielen Fällen haben die Gerichte die freiheitsbeschränkenden Maßnahmen der Entscheidungsträger sowie die erlassenen Ordnungsmaßnahmen zunächst als rechtmäßig erkannt. Auffällig ist, dass mit zunehmender Zeit die gerichtlichen Entscheidungen zu einer stärkeren Betrachtung des Einzelfalls mahnten und Eilanträge von Bürgern in einer Vielzahl von Fällen erfolgreich waren. Inzwischen befinden wir uns in der „dritten Welle“. Es hat zurzeit den Anschein, dass die Ma߬nahmen des Teil-Lockdowns im November 2020 in Eilverfahren vor Gericht oft Bestand haben. Gleiches gilt für die Klagen des Jahres 2021. Nach Angaben des Richterbundes haben die Gerichte in etwa neun von zehn Eilverfahren die auferlegten Einschränkungen bestätigt, weil sie den Gesundheitsschutz der Bevölkerung höher gewichtet hätten als die Einschränkungen für die betroffenen Bürger.

Die gerichtlichen Entscheidungen sind zahlreich und vielfältig. Gemein ist ihnen die vollständige Prüfung des Einzelfalles in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht, die letztlich auch die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der jeweils im Streit befindlichen Einschränkung führt. Hier gilt: Die Maßnahmen müssen geeignet, erforderlich und angemessen sein.

Wie das IfSG nun im weiteren Verlauf der Pandemie letztendlich im Einzelnen ausgelegt und die jeweilige Auslegung höchstrichterlich bestätigt wird und ob die geäußerten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit zu einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht führen werden, bleibt abzuwarten.

Sind Entschädigungen für Unternehmen bei Betriebsschließungen auf Basis des Infektionsschutzgesetzes möglich?

Mit den Änderungen des Infektionsschutzgesetzes wurde zwar präzisiert, unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung von COVID-19 ergriffen werden können. Eine ausdrückliche Entschädigungsregelung für die Fälle der Betriebsschließung o.ä. für Unternehmen enthält es aber weiterhin nicht.

Nach Paragraph 56 Abs. 1 und Abs. 4 IfSG erhalten Selbständige eine Entschädigung, wenn der Betrieb oder die Praxis während der Dauer einer Maßnahme zur Eindämmung der Corona-Pandemie ruht. Ob auch Unternehmen im Falle einer Betriebsschließung Berechtigte im Sinne von Paragraph 56 Abs. 1 IfSG sind, ist umstritten. Es sprechen gute Argumente dafür. Dies wird durch die Gerichte noch zu klären sein. Unmittelbar anwendbar ist die Vorschrift, deren Adressaten natürliche Personen sind, nicht. Es könnte eine analoge Anwendung des Paragraph 56 Abs. 1 IfSG in Betracht kommen. Aber auch das ist umstritten und erscheint zweifelhaft.

Rechtsanwältin Antje Kuchler: „Das Infektionsschutzgesetz unterschied bisher grundsätzlich zwischen Störern und Nicht-Störern.“

Ein Entschädigungsanspruch nach dem IfSG setzte grundsätzlich voraus, dass eine Maßnahme im Sinne des Infektionsschutzgesetzes gegenüber dem Störer angeordnet wird. Das ist der Infizierte oder der einer Ansteckung Verdächtige, bei dem noch keine Symptome erkennbar sind. In einem solchen Fall kann gegenüber einem Selbstständigen – etwa, weil er im direkten Kontakt mit einer nachweislich infizierten Person war – eine behördliche Quarantäne nach Paragraph 30 IfSG oder ein berufliches Tätigkeitsverbot nach Paragraph 31 IfSG angeordnet werden.

Tritt an einem bestimmten Ort ein Infektionsgeschehen auf, etwa in einem Betrieb, kann die zuständige Behörde auch deren Schließung verfügen. Der prominenteste Fall in jüngerer Vergangenheit ist der Fall Tönnies. Hier war die Notwendigkeit gegeben, da viele Mitarbeitende erkrankten waren. Der Betrieb musste daraufhin geschlossen werden.

Es kann aber auch sogenannte Nicht-Störer treffen. Paragraph 16 IfSG ermächtigt die Länder im Zusammenhang mit der Verhütung eines Infektionsgeschehens zu Maßnahmen zur Verhinderung neuer Ansteckungen, und zwar auch bei solchen Unternehmen, bei denen noch keine Infektion aufgetreten ist (sogenannte Nicht-Störer).

Wie ist es also mit Ansprüchen von Selbständigen und Unternehmen, die keine Störer sind, sondern aufgrund der flächendeckenden Maßnahmen ihre Betriebe schließen mussten?

Unterstellen wir, die angeordneten Schließungen seien verhältnismäßig, weil geeignet und erforderlich. Sie stellen aber in jedem Fall sowohl einen Eingriff in das Eigentum und in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Artikel 14 Grundgesetz) als auch in die Berufsfreiheit (Artikel 12) dar und zwar insbesondere dann, wenn der Eingriff völlig unverschuldet und selektiv nur zu Lasten bestimmter Betriebe und Branchen erfolgt. In diesem Fall ist ein Entschädigungsanspruch wegen Sonderopfers grundsätzlich denkbar. Wenn ursprünglich rechtmäßige Maßnahmen für Betriebsinhaber eine existenzvernichtende Wirkung entfalten und zugleich andere Unternehmen von den Maßnahmen ausgenommen sind, könnte die Schwelle zur Unzumutbarkeit und damit zu einem Sonderopfer überschritten sein.

Schließlich enthält Paragraph 65 Abs. 1 Satz 1 IfSG eine Entschädigungsregelung, die sich aber allein auf Anordnungen nach Paragraph 16, 17 IfSG bezieht. Diese Bestimmungen ermöglichen Maßnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten, nicht aber – wie Paragraph 28 IfSG – zu deren Bekämpfung. Ein Entschädigungsanspruch kann daher allenfalls dann auf Paragraph 65 Abs. 1 Satz 1 IfSG gestützt werden, wenn die zuständige Behörde sich ihrerseits auf Paragraph 16 oder Paragraph 17 IfSG als Ermächtigungsgrundlage beruft oder wenn Paragraph 65 IfSG erweiternd auszulegen ist.

„Der neue Paragraph 28a IfSG scheint hier nicht wesentlich Abhilfe zu schaffen oder Klarheit zu bringen, eher im Gegenteil. Er widerspricht vielmehr der beschriebenen Systematik“, erklärt Antje Kuchler. Der Großteil der als Schutzmaßnahmen bezeichneten Eingriffshandlungen ist praktisch ausschließlich an Nichtstörer gerichtet. Hierdurch entsteht entweder ein kaum zu überbrückender Widerspruch zu der im Paragraph 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG geregelten Tatbestandvoraussetzung, nur Störer in Anspruch zu nehmen oder aber „Nicht-Störer“ werden fast generell wie „Störer“ behandelt.

Der Katalog des neuen Paragraph 28a IfSG kann bei der Abwehr der COVID-19 Pandemie hilfreich sein, aber eine Differenzierung nach einzelnen Betroffenen sowie die Beachtung der allgemeinen Einschränkungen sind dort nicht vorhanden, ebenso wenig wie eine Kompensation für die so auferlegten Sonderopfer.

1) Regelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ab Januar 2021

Zur Vermeidung einer Insolvenzwelle bei Unternehmen wurde die Pflicht zur Insolvenzanmeldung bei Pandemie-bedingter Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ausgesetzt und mehrfach verlängert – mittlerweile nur noch bei Überschuldung. Diese wurde bis 30.4.2021 verlängert, allerdings nur bei rechtzeitiger, nicht offensichtlich aussichtsloser Beantragung von staatlicher Unterstützung im Rahmen der Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie (sogenannte November- und Dezemberhilfen).

Voraussetzung ist, dass ein entsprechender Antrag auf Hilfsleistungen im Zeitraum vom 1. November bis zum 31. Dezember 2020 gestellt wurde. War eine Antragstellung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen innerhalb des Zeitraums nicht möglich, wird die Insolvenzantragspflicht ebenfalls ausgesetzt. Die Insolvenzantragspflicht ist jedoch nicht ausgesetzt, wenn offensichtlich keine Aussicht auf Erlangung der Hilfeleistung besteht oder die erhältliche Hilfeleistung für die Abwendung der Insolvenz unzureichend ist.

Die Aussetzung wird zum Schutz der betroffenen Geschäftsleiter, Unternehmen und deren Gläubiger und Geschäftspartner – wie auch bereits die vorherige Aussetzung der Insolvenzantragspflicht – durch weitere Maßnahmen flankiert:

  • Während der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht haften Geschäftsleiter nur eingeschränkt für Zahlungen, die sie nach Eintritt der Insolvenzreife des Unternehmens vornehmen.
  • Die Kreditgewährung an von der COVID-19-Pandemie betroffene Unternehmen ist während der Aussetzung nicht als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung anzusehen.
  • Zudem sind während der Aussetzung erfolgende Leistungen an Vertragspartner nur eingeschränkt anfechtbar, d. h. Zahlungen sind während dieser Aussetzung rechtmäßig.

Verlängerung bis 30.04.2021: Voraussetzungen bleiben unverändert

2) Regelung vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2020

Nachfolgend wurde die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 31. Dezember 2020 verlängert, dies aber nur für Unternehmen, die überschuldet, aber nicht zahlungsunfähig sind. Die Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurde – ebenso wie die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30. September 2020 – durch Regelungen zur Reduzierung von Haftungs- und Anfechtungsrisiken flankiert.

3) Regelung bis zum 30. September 2020

Die Aussetzung galt nur für Fälle, in denen die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruhte. Zudem war bei einer Zahlungsunfähigkeit erforderlich, dass Aussichten auf deren Beseitigung bestehen. Antragspflichtige Unternehmen sollten die Gelegenheit erhalten, ein Insolvenzverfahren durch Inanspruchnahme staatlicher Hilfen, gegebenenfalls aber auch im Zuge von Sanierungs- oder Finanzierungsvereinbarungen, abzuwenden.

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurde durch weitere Regelungen zur Reduzierung von Haftungs- und Anfechtungsrisiken der betroffenen Geschäftsleiter, Unternehmen und deren Gläubiger und Geschäftspartner flankiert. Zudem war die Möglichkeit von Gläubigern, durch Insolvenzanträge Insolvenzverfahren zu erzwingen, für drei Monate eingeschränkt.

Was müssen Geschäfte bei der Öffnung beachten?

Grundsätzlich gilt derzeit, dass die Bundesländer eigenverantwortlich über die Gültigkeit von Kontaktbeschränkungen entscheiden. So gibt es zahlreiche länderspezifische Vorgaben. Klar ist jedoch, dass die Abstands- und Hygieneregeln in jedem Fall bestehen bleiben. Auch die Maskenpflicht wird im Einzelhandel beibehalten.

Der Einzelhandel darf mittlerweile in Teilen unter erheblichen Auflagen teilweise wieder öffnen. Ausnahmen gelten für Geschäfte, die den täglichen Bedarf decken wie Lebensmittelläden, Apotheken, Babyfachmärkte, Drogerien, Sanitätshäuser, Optiker und Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Banken, Reinigungen und Waschsalons, Tierbedarf und Futtermittelmärkte und den Großhandel. Auch Wochenmärkte dürfen weiterhin geöffnet bleiben.

Für genauere Infos informieren Sie sich hier.

Der Betrieb von Restaurants, Gaststätten, Imbissen, Kneipen, Cafés und anderen gastronomischen Einrichtungen ist weiterhin untersagt. Die Bereitstellung von Speisen und Getränken zur Abholung oder Lieferung ist zulässig.

Bars, Clubs, Diskotheken und Kneipen sowie ähnliche Einrichtungen sind geschlossen. Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie Kosmetikstudios, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe bleiben ebenfalls geschlossen. Notwendige medizinische Behandlungen wie beispielsweise Physiotherapie sind weiterhin möglich. Friseurbetriebe durften ab dem 1. März 2021 unter Auflagen wieder öffnen.

Ein FAQ zu allen aktuellen Corona Themen finden Sie hier.

Müssen Unternehmen ihre Mitarbeiter bei einer Quarantäne oder einer Betriebsschließung weiter bezahlen?

Wenn ein Arbeitnehmer am Coronavirus erkrankt, hat er – wie in jedem Krankheitsfall – einen Anspruch auf Lohnfortzahlung für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen. Danach hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Krankengeld. Wenn der Arbeitnehmer nicht erkrankt ist, sondern nur als Krankheits- oder Ansteckungsverdächtiger von der örtlichen Gesundheitsbehörde in Quarantäne eingewiesen wird, kann der Arbeitnehmer nicht mehr seiner beruflichen Tätigkeit nachgehen, weshalb er seinen Lohnanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber verliert. Allerdings greift in diesem Fall das Infektionsschutzgesetz, wonach dem Arbeitnehmer ein Entschädigungsanspruch zusteht, der sich an der Höhe seines Lohns orientiert. Der Arbeitgeber übernimmt die Auszahlung der Entschädigung, kann sich diese aber später von der Behörde erstatten lassen.

Wichtig dabei: Diese Regelung gilt nur für eine Quarantäne innerhalb Deutschlands. Befindet sich der Arbeitnehmer im Ausland in einer Quarantäne, besteht für den Arbeitgeber grundsätzlich keine Entgeltfortzahlungspflicht. Eine mögliche Lohnfortzahlung besteht nur bei einem konkreten Krankheitsfall im Ausland.

Schließt das Gesundheitsamt das Unternehmen aufgrund eines Corona- oder Verdachtsfalls, ändert sich für den Arbeitnehmer faktisch nichts an der Entgeltfortzahlung. Der Arbeitgeber ist weiterhin verpflichtet, die Arbeitslöhne zu entrichten. Schließt der Betrieb aufgrund einer Allgemeinverfügung, bleibt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ebenfalls erhalten. Hintergrund ist das Betriebsrisiko des Arbeitgebers.

Schließt der Betrieb vorsorglich und eigenmächtig ohne behördliche Untersagungsverfügung, bleibt der Lohnanspruch des Arbeitnehmers ebenfalls erhalten. Denn dann befindet sich der Arbeitgeber im Annahmeverzug der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers.

Welche Maßnahmen können in einer existenzgefährdenden Situation eingeleitet werden?

Während die Corona-Pandemie andauert, fürchten sich viele Unternehmen vor existenzgefährdenden Auswirkungen. Wenn die Existenz des Unternehmens auf die Probe gestellt wird, kann die Unternehmensführung auf verschiedene Maßnahmen zurückgreifen. Zum Beispiel kann den Arbeitnehmern aus dringenden betrieblichen Gründen der Urlaub verweigert werden. Wenn die betrieblichen Abläufe nicht mehr sichergestellt sind, weil zu viele Mitarbeiter erkrankt sind, kann der Arbeitgeber nach Paragraph 7 Absatz 1 des Bundesurlaubsgesetzes eine Urlaubssperre verhängen.

Darüber hinaus kann der Arbeitgeber auch anordnen, dass Überstunden geleistet werden müssen. Zunächst bedarf es dafür einer entsprechenden Vereinbarung, zum Beispiel im Tarif- oder Arbeitsvertrag. Wenn allerdings ein drohender Schaden nicht mehr anders abgewendet werden kann, kann auch eine Nebenpflicht zur Leistung von Überstunden bestehen. Sprich: Wenn die Existenz des Unternehmens gefährdet ist, müssen Überstunden geleistet werden. Dies gilt aber nur in einer echten Notsituation.

Kann eine Betriebsschließungsversicherung Betroffenen jetzt weiterhelfen?

Mit einer sogenannten Betriebsschließungsversicherung können sich Unternehmen zum Beispiel für den Fall absichern, dass sie ihren Betrieb aufgrund einer behördlichen Anordnung schließen müssen. Da aufgrund der Corona-Krise derzeit viele Unternehmen – beispielsweise aus dem Gastronomiegewerbe oder der Touristikbranche – vorübergehend schließen oder ihre Arbeit deutlich reduzieren müssen, können mit Betriebsschließungsversicherungen gegebenenfalls die Folgen abgeschwächt werden.

Allerdings kursieren aktuell verschiedene Medienberichte, wonach Versicherer erst einmal jede Kostenübernahme für Schäden durch die Corona-Krise ablehnen. Mögliche Begründung: Das neue Virus COVID-19, das in Deutschland erst am 30. Januar 2020 vom Gesundheitsministerium in die Liste meldepflichtiger Krankheiten aufgenommen wurde, wird in den Verträgen nicht ausdrücklich aufgeführt. Die Krankheiten, die von der Versicherung gedeckt werden, müssen im Vertragstext aber namentlich und abschließend aufgelistet sein.

Aktuell muss daher immer im Einzelfall geprüft werden, ob die Betriebsschließungsversicherung in der Corona-Krise einspringt. Dies kann je nach Versicherer unterschiedlich sein. Verschiedene Experten für Versicherungsrecht haben sich in diesem Zusammenhang bereits zu Wort gemeldet – die Rechtslage sei demnach nicht so einfach, wie manche Versicherer sie darstellen. Ob eine Versicherung eventuell doch einspringen muss, könnte daher auch noch die Gerichte in Deutschland beschäftigen.

Weitere Informationen zum Thema lesen Sie hier.

Können sich Unternehmen gegen eine Betriebsschließung wehren?

Ob eine behördlich angeordnete Betriebsschließung zulässig ist, hängt davon ab, wie groß das vom Unternehmen ausgehende Risiko ist. Nach dem, was man derzeit vom COVID-19-Virus weiß, ist die Schließung von Bars oder Diskotheken beispielsweise sinnvoll, da sich die Menschen hier sehr nahekommen und eine Ansteckung entsprechend schnell gehen kann. Hingegen ist eine Übertragung über Produkte nach aktuellem Kenntnisstand eher unwahrscheinlich, da die Viren zu instabil sind, um lange auf Gegenständen zu überleben. Wichtig: Diese Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung ist vorläufig und kann sich jederzeit ändern, wenn es neue Informationen oder Entwicklungen gibt.

Grundsätzlich haben die Unternehmen der angeordneten Schließung des Betriebes unmittelbar Folge zu leisten. „Auch die Betriebsstilllegung ist aber letztlich ein Verwaltungsakt, der – soweit noch vorgesehen – im Widerspruchsverfahren und/oder im Klageweg angegriffen werden kann“, so Rechtsanwältin Antje Kuchler. Es ist bei der aktuellen Lage nicht ausgeschlossen, dass die nun zunehmend angeordneten Betriebsschließungen zumindest in Teilen beispielsweise unverhältnismäßig und damit rechtswidrig sind – nicht zuletzt in Anbetracht der damit verbundenen weit reichenden und sehr eingriffsintensiven Maßnahmen, die für viele Betriebe sogar auch existenzgefährdend sein können.

Aktueller Rechtsfall

Jörg F. ist Betreiber von zwei Fitnessstudios. Eine Filiale hat er erst vor Kurzem eröffnet und dafür einen Kredit aufgenommen. Die Landesregierung hat wegen des Coronavirus eine Betriebsschließung angeordnet. Dadurch befürchtet Herr F. massive Umsatzverluste, weil ein Großteil seiner Kunden die fällige Mitgliedsgebühr nicht bezahlt hat. Sollten längerfristig weitere Zahlungen ausbleiben, wird er möglicherweise seinen Kredit nicht rechtzeitig bedienen können.

Sein Anwalt rät ihm, einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht gegen die Betriebsschließung einzureichen, da seine wirtschaftliche Existenz in Gefahr ist. Da Herr F. bei ROLAND Rechtsschutz versichert ist, übernimmt der Versicherer die Anwalts- und Gerichtskosten in dem Verfahren.

Rechtliche Würdigung: Die Betriebsschließungverfügung ist wirksam. Durch die Schließung von Fitness- und Sportstudios, sonstiger Angebote von Freizeitaktivitäten für den Publikumsverkehr und Untersagung des Sportbetriebs auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen, werden die Gelegenheiten zur Verbreitung des Virus reduziert. Die Schließungsverfügung bildet damit eine Maßnahme zum Schutz vor der Übertragung von COVID-19 i.S.d. § 28 Abs. 1 IfSG (VG Hamburg 14. Kammer, Beschluss vom 27.03.2020, 14 E 1428/20; OVG Münster, Beschluss vom 15.04.2020, 13 B 440/20.NE).

Haben Sie als Selbstständiger ein Recht auf Schadenersatz, wenn Sie in Quarantäne müssen?

Sie sind selbstständig und haben aufgrund einer Quarantäne einen Verdienstausfall? Dann lautet die bittere Wahrheit: Es ist Ihr unternehmerisches Risiko als Selbstständiger, wenn Sie kein Einkommen haben. Ausnahme: Die Quarantäne wird behördlich angeordnet. Dann haben Sie einen Anspruch auf Ersatz-Zahlungen, denn das Infektionsschutzgesetz greift auch bei Selbstständigen (s.o.). Es sind hier aber Fristen zu beachten. Spätestens drei Monate nach dem Ende der Maßnahme muss dazu ein Antrag bei der zuständigen Behörde des Bundeslandes gestellt werden.

Als Selbstständiger sollten Sie sich wegen Entschädigungszahlungen an das Gesundheitsamt wenden, das für Sie zuständig ist. Die Höhe der Entschädigung wird prozentual errechnet. Sie orientiert sich am Einkommen des Vorjahres. Außerdem werden Betriebsausgaben angemessen erstattet, zum Beispiel wenn Sie Büroräume gemietet haben.

Etwas vertrackter wird die rechtliche Lage, wenn Sie Verträge abgeschlossen haben und die dann von Ihren Vertragspartnern wegen der Corona-Krise gekündigt werden. Hier muss immer im Einzelfall geschaut werden, was vertraglich vereinbart wurde – zum Beispiel zum Thema Kündigungsfristen oder Rücktrittsrecht.

Selbständige, denen aufgrund der Corona-Maßnahmen Aufträge und Umsätze wegbrechen, sollten sich zunächst um die von den einzelnen Bundesländern ausgelobten Zuschüsse bemühen. Weniger vorteilhaft, aber dennoch hilfreich sind die staatlich geförderten Kredite. Hier bekommt man zwar auch relativ schnell benötigtes Kapital, muss aber einen Großteil davon später wieder zurückzahlen.

Wichtig für alle Selbständigen in der Krise bleibt die Kommunikation und die Korrespondenz mit den Mitarbeitern, den Bankberatern und den Steuerberatern.

Eine Zusammenfassung der Ansprüche für Arbeitnehmer und Selbstständige, die aufgrund einer Quarantäneverordnung oder eines Tätigkeitsverbotes einen Verdienstausfall haben, finden Sie hier.

Welche Hilfsmaßnahmen gibt es für Veranstalter und Kulturschaffende?

Auch die Anbieter von Veranstaltungen trifft die Corona-Krise hart. Praktisch alle Konzerte, Festivals, Lesungen, Theateraufführungen oder andere Veranstaltungen werden derzeit abgesagt oder verschoben. „Müssen Sie als Veranstalter ein Event auf einen neuen Termin verschieben, haben die Ticketinhaber einen Anspruch auf die Rückgabe und Rückerstattung des Ticketpreises oder Ausstellung eines entsprechenden Wertgutscheines“, so Rechtsanwältin Antje Kuchler. Das kann Veranstalter schnell in ernste finanzielle Bedrängnis bringen. Um die Kulturszene vor den Folgen der Corona-Krise zu schützen, hat die Bundesregierung einige Sofortmaßnahmen beschlossen.

Zunächst einmal können alle Kulturschaffenden auf die finanziellen Hilfen zurückgreifen, die für Unternehmen und Selbstständige insgesamt aufgelegt wurden. Dazu gehören die Soforthilfen für Solo- und Kleinstunternehmen, Kredite der KfW, der erleichterte Zugang zur Grundsicherung, das Kurzarbeitergeld oder Steuerstundungen. Zudem können Versicherte und Abgabepflichtige der Künstlersozialversicherung ihre Beiträge anpassen lassen, wenn sie durch Einnahmeausfälle eine veränderte Einkommenserwartung haben.

Darüber hinaus setzt sich Monika Grütters, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, dafür ein, Kulturschaffende in dieser Krise zusätzlich zu schützen. So hat die Kulturstaatsministerin veranlasst, auf die Rückforderung bereits verausgabter Fördermittel zu verzichten und schon bestehende Förderprogramme dahingehend zu verändern, dass sie der in Not geratenen Kultur- und Kreativwirtschaft zugutekommen.

Welche Maßnahmen die Bundesregierung insgesamt für den Kulturbetrieb veranlasst hat, können Sie hier nachlesen.

Was gilt, wenn Aufträge zurückgezogen oder Lieferzusagen nicht eingehalten werden?

Fehlende Waren, zu wenige Mitarbeitende oder gar eine von Gesundheitsamt veranlasste Betriebsschließung: Viele Firmen können Lieferverträge nicht mehr einhalten oder müssen bereits erteilte Aufträge zurückziehen. Doch wer muss für diesen Ausfall haften?

„Epidemien oder sonstige Ausbrüche von Krankheiten und Seuchen können grundsätzlich einen Fall von höherer Gewalt darstellen“, erklärt Rechtsanwältin Antje Kuchler. In diesem Fall werde die betroffene Vertragspartei zeitweise oder sogar dauerhaft von ihrer Leistungspflicht freigestellt – und zwar ohne dass der Vertragspartner deshalb Schadenersatz verlangen könnte. Es müsse in diesem Fall allerdings nachgewiesen werden, dass die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung durch die Folgen des Coronavirus unmöglich ist. Bloße Schwierigkeiten genügen hier nicht.

Das Problem: Höhere Gewalt führt nicht automatisch zum Wegfall von Schadenersatzansprüchen oder der Möglichkeit, den Vertrag einseitig zu beenden, wie Antje Kuchler erklärt: „Vertragspartner müssen genau prüfen, ob und welche vertraglichen Vereinbarungen in Bezug auf höhere Gewalt getroffen wurden. Sind im Vertrag beispielsweise Vertragsstrafen festgelegt, werden diese gegebenenfalls trotzdem fällig.“

Was müssen Unternehmen zum Schutz der Arbeitnehmer unternehmen?

Zunächst einmal gilt: Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Arbeitnehmern. Sie sind daher in der aktuellen Situation verpflichtet, die Lage zu beobachten und gegebenenfalls Maßnahmen zum Schutz ihrer Arbeitnehmer zu ergreifen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Verhaltensregeln und Hygieneregeln am Arbeitsplatz (Aufklärung, Verzicht auf Händeschütteln, räumlicher Mindestabstand zwischen Arbeitskollegen, regelmäßiges Händewaschen, Husten und Niesen in Armbeuge statt in die Hand, Bereitstellung von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln)
  • die Anordnung von Homeoffice
  • der Verzicht auf Dienstreisen
  • der Verzicht auf unnötige Meetings und Zusammentreffen mit Kollegen bzw. Kunden aus dem Ausland
  • die Rückholung von Arbeitnehmern aus gefährdeten Gebieten
  • die Verpflichtung des Arbeitgebers, einen Rückkehrer aus einem Risikogebiet aufzufordern, zu Hause zu bleiben, um die anderen Arbeitnehmer vor Ansteckung zu schützen.

Übrigens hat auch der Arbeitnehmer entsprechende Pflichten: „Kommt ein Arbeitnehmer aus einem Risikogebiet zurück, z. B. weil er dort Urlaub gemacht hat, ist er verpflichtet, dies umgehend dem Arbeitgeber mitzuteilen. Dann muss der Arbeitgeber entscheiden, ob dieser Arbeitnehmer zur Arbeit kommen oder vorsorglich zu Hause bleiben soll“, so Rechtsanwältin Kuchler. Je nach Art der Tätigkeit kann auch die Möglichkeit bestehen, solche Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum räumlich entfernt von anderen Mitarbeitern oder im Homeoffice arbeiten zu lassen.

Zu dieser Thematik wurde zudem eine neue Corona Arbeitsschutzverordnung erlassen, die ab dem 27. Januar 2021 gültig ist. Die Bundesregierung hat beschlossen, dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten Homeoffice anbieten müssen, sofern keine zwingenden betrieblichen Gründe dagegen sprechen. Eine genauer Erläuterung finden Sie hier.

Müssen Unternehmer weiter Miete für angemietete Räumlichkeiten zahlen, wenn es zu einer Teil- oder vollständigen Schließung kommt?

Grundsätzlich hat der Vermieter Anspruch auf den vereinbarten Mietzins. Die Stilllegung realisiert sich als Unternehmensrisiko des gewerblichen Mieters. Selbständige und Privatpersonen können in diesen Fällen gegebenenfalls Zahlungen aufgrund des Infektionsschutzgesetzes erhalten. „Übernommen werden Entschädigungszahlungen in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des Einkommens aus dem letzten Jahr. Zusätzlich können Betriebsausgaben wie etwa die Miete für Praxen oder Büroräume in angemessener Höhe erstattet werden.“ Die entsprechenden Anträge können Selbständige im Falle einer behördlichen Anordnung nach dem IfSG beim zuständigen Gesundheitsamt stellen.

Die Gesetzesänderung vom 17. Dezember 2020 ermöglicht eine Anpassung des Mietvertrages rückwirkend für den Zeitraum ab April 2020 wenn in dieser Zeit eine Störung der Geschäftsgrundlage durch behördlich angeordnete Schließungen vorlag. Diese Regelung bezieht sich auf alle Gewerbemietverhältnisse und ausdrücklich auch auf Pachtverhältnisse. Doch dies bedeutet nicht, dass Mieter jetzt pauschal ein Recht auf Mietminderung haben. Hier muss immer noch nach Einzelfall entschieden werden. Der Mieter muss in der Einzelfallentscheidung nachweisen können, dass er durch die behördlich angeordnete Schließung erhebliche Umsatzeinbuße hatte. Zu einer Anpassung der Mietverträge zählen zum Beispiel eine Minderung der Miete, eine Stundung oder die Auflösung des Mietvertrages. Eine individuelle Einigung zwischen Mieter und Vermieter ist hier allerdings weiterhin erforderlich. Weitere Informationen dazu lesen Sie hier.

Gegenüberstellung der Bedeutung der Mietminderung für Vermieter und Mieter.

Am besten wäre es, wenn Mieter bei Zahlungsschwierigkeiten auf ihren Vermieter zugehen und versuchen, eine vorübergehende Mietzinsminderung zu vereinbaren“, sagt die Anwältin. Dies sei zur Lösung der Störung im Vertragsverhältnis besser geeignet und ein geringerer Eingriff in das Vertragsverhältnis als zum Beispiel eine Kündigung des Gewerberaummietvertrags aus wichtigem Grund oder eben die Aufhebung.

Zur Vermeidung möglicher Rechtsnachteile empfiehlt es sich, die Miete vorsorglich ab dem Zeitpunkt der behördlichen Stilllegung nur noch unter Vorbehalt der Geltendmachung etwaiger Minderungsansprüche zu zahlen.

Aktuelles BHG Urteil vom 12. Januar 2022 - Mietzahlungspflicht bei coronabedingter Geschäftsschließung?

Seit März 2020 herrscht aufgrund der Corona-Pandemie ein Ausnahmezustand, der auch die Mietverhältnisse von Gewerberäumen betrifft. Durch den Lockdown mussten Betriebe geschlossen werden und konnten daher ihre Gewerberäume nicht vollumfänglich nutzen. Dennoch verlangen Vermieter die Zahlung der Miete, da diese keinen Einfluss auf die Einschränkungen hatten.

Ob und in welchem Umfang im Einzelfall der vertraglich vereinbarte Mietzahlungsanspruch angepasst werden muss, war umstritten und Gegenstand zahlreicher Entscheidungen. Einer dieser Einzelfälle, bei dem sich eine Filiale eines Textil-Discounters und dessen Vermieter uneinig waren, wurde nun vom BGH final entschieden.

Die Ausgangslage

Der nun vom BGH entschiedene Fall (XII ZR 8/21) betraf eine Filiale eines Textil-Discounters im Raum Chemnitz, die vom 19. März bis zum 19. April 2020 aufgrund der behördlich angeordneten Betriebsschließung geschlossen blieb. Infolge der Betriebsschließung zahlte der Mieter für den Monat April keine Miete. Der Vermieter wollte mit seiner Klage die Zahlung der vollen Miete für den Zeitraum der Betriebsschließung erreichen.

Das Oberlandesgericht Dresden (OLG Dresden, Urteil vom 24. April 2021 – 5 U 1782(20)) hatte entschieden, dass der Mieter nur die Hälfte der Kaltmiete zahlen müsse. Zur Begründung führte das OLG Dresden an, keine der Vertragsparteien habe eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt. Es sei daher angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen. Gegen dieses Urteil legten beide Parteien Revision beim BGH ein.

Das Urteil

Am 12.01.2022 (Az. XII ZR 8/21) verkündete das höchste deutsche Zivilgericht, der Bundesgerichtshof (BGH), nunmehr sein Urteil zu der seit mittlerweile fast zwei Jahren in der Rechtsprechung umstrittenen Frage der Mietzahlung bei coronabedingten Geschäftsschließungen – die wichtigste Kernaussage des Urteils:

Mieter können einen Anspruch auf Anpassung der Miete haben. Eine pauschale Reduzierung ist jedoch ausgeschlossen; es kommt vielmehr auf den Einzelfall an.

Vor dem Hintergrund der pandemiebedingten Betriebsschließungen ging es um die Frage, ob und in welchem Umfang der Mieter eines gewerblichen Mietvertrags weiterhin zur Mietzahlung verpflichtet ist.

Zu Beginn der Pandemie lehnten viele Stimmen eine Anpassung der Miete mit Verweis auf das Verwendungsrisiko des Mieters ab. Spätestens mit dem zweiten Lockdown und der Einführung der Vermutungsregelung in Art. 240 § 7 EGBGB dreht sich die Diskussion vornehmlich um die Anwendung und die Rechtsfolgen einer Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB.

Es besteht weitgehende Einigkeit, dass es sich bei der COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen gesetzlichen Schutzmaßnahmen, insbesondere den Betriebsschließungen, um eine für Parteien eines Gewerbemietvertrages unvorhersehbare und schwerwiegende nachträgliche Änderung der Geschäftsgrundlage handelt. Es lässt sich annehmen, dass – hätten die Parteien die Pandemie vorausgesehen – sie den jeweiligen Mietvertrag nicht oder jedenfalls nicht so geschlossen hätten.

Für eine Vertragsanpassung aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage ist jedoch auch erforderlich, dass dem Mieter ein weiteres Festhalten an dem unveränderten Mietvertrag nicht zugemutet werden kann. Bei der Beurteilung, was dem Mieter zugemutet werden kann, gingen die Ansichten in der Literatur und Rechtsprechung bisher jedoch weit auseinander. Das heutige BGH-Urteil sorgt insoweit in gewissem Umfang für Klarheit: Keine pauschale Mietreduzierung. Auch bei coronabedingter Betriebsschließung sind die Umstände des Einzelfalls entscheidend.

Einer pauschalen 50/50-Lösung hat der BGH mit seinem Urteil eine Absage erteilt. Zwar seien beide Parteien durch die staatlichen Maßnahmen im Kampf gegen die COVID-19-Pandemie belastet und keine Seite trage allein die Verantwortung. Eine hälftige Aufteilung der Miete sei aber zu pauschal und werde dem normativen Tatbestandsmerkmal des § 313 Abs. 1 BGB, dem Zumutbarkeitskriterium, nicht gerecht.

Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedürfe laut dem Urteil auch im Falle der coronabedingten Betriebsschließung einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind.

Bei der Abwägung sei zunächst von Bedeutung, welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung und deren Dauer entstanden sind. Diese würden bei einem gewerblichen Mieter primär in einem konkreten Umsatzrückgang für die Zeit der Schließung bestehen. Zugunsten der Mieter stellte der BGH fest, dass es bezüglich des Umsatzrückgangs nur auf das konkrete Mietobjekt und nicht auf einen möglichen Konzernumsatz ankomme.

Etwaige Online-Umsätze sind damit grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. . Nach Ansicht des BGH kann auch berücksichtigt werden, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern.

Gleichzeitig seien bei der Prüfung der Unzumutbarkeit auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich pandemiebedingter Nachteile erlangt hat. Hierbei seien auch Leistungen einer gegebenenfalls einstandspflichtigen Betriebsversicherung des Mieters zu berücksichtigen.

Staatliche Leistungen, die auf Basis eines Darlehens gewährt wurden, seien bei der gebotenen Abwägung jedoch außer Betracht zu lassen, da hierdurch keine endgültige Kompensation zu Gunsten des Mieters erreicht werde. Eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters sei aber nicht erforderlich.

Schließlich seien bei der gebotenen Abwägung auch die Interessen des Vermieters in den Blick zu nehmen.

Der BGH hat das Urteil des OLG Dresden in der Folge aufgehoben. Das OLG Dresden wird in dieser Sache noch einmal verhandeln und dabei alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen müssen.

Einvernehmliche Lösungen zwischen den Parteien sinnvoll

Nach dem Urteil des BGH steht nun fest, dass es keine einfache Lösung gibt. Jedenfalls kann das Risiko der pandemiebedingten Betriebsschließung nicht unter Verweis auf das Verwendungsrisiko allein dem Mieter übertragen werden.

Ebenfalls wurde geklärt, dass es für die Bewertung der Nachteile des Mieters maßgeblich auf den Umsatzrückgang hinsichtlich des konkreten Mietobjekts ankommt und für einen Anspruch auf Mietanpassung keiner Existenzgefährdung des Mieters bedarf. Es ist nunmehr aber auch klar, dass der Mieter sich nicht auf eine pauschale hälftige Mietanpassung aufgrund der behördlichen Anordnungen berufen kann.

Vermieter und Mieter werden daher weiter machen müssen wie bisher: Individuelle Lösungen finden, mit denen sich beide Seiten einverstanden erklären können. Die Entscheidung des BGH bringt insoweit jedenfalls Rechtsklarheit und dürfte die außergerichtliche Einigung der Mietvertragsparteien voranbringen

Optimalen Schutz im Streitfall erhalten Gewerbetreibende und Unternehmen, die bei ROLAND Rechtsschutz versichert sind und deren Vertrag den Baustein I (Immobilie) umfasst. Zur bedarfsgerechten Konfliktlösung sind hier folgende Leistungen enthalten:

  • telefonische, anwaltliche Rechtsberatung: qualifizierte Ersteinschätzung des Einzelfalles
  • Mediation (auch Anwaltsmediator): Lösungsfindung zur Vermeidung langwieriger Gerichtsprozesse
  • anwaltliche Vertretung: fachlicher Schriftwechsel mit der Gegenseite
  • Vertretung durch einen Anwalt: zur gerichtlichen Klärung des Sachverhalts

Gerne empfehlen wir betroffenen Unternehmen auch qualifizierte Anwälte aus unserem Anwaltsnetzwerk.

Hat man ein außerordentliches Kündigungsrecht gegenüber Mitarbeitern?

Hierbei kommt es sehr auf den Einzelfall an. In Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitenden findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Will der Arbeitgeber einem Mitarbeitenden kündigen, bedarf es hierzu eines rechtlich anerkannten Kündigungsgrundes: „Hier steht zwar die Möglichkeit einer betriebsbedingten Kündigung wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes im Raum. Ob dafür aber ein – meist nur zeitlich begrenzter – Rückgang der wirtschaftlichen Aktivitäten des Arbeitgebers, ausgelöst durch das Coronavirus reicht, erscheint aktuell zunächst noch zweifelhaft“, so Antje Kuchler.

In sogenannten Kleinbetrieben haben es die Arbeitgeber etwas leichter, wie die Anwältin erklärt: „Hier ist eine ordentliche, das heißt fristgemäße Kündigung eines Arbeitsverhältnisses meist rechtlich kein großes Problem. Eine außerordentliche, fristlose Kündigung aufgrund des Coronavirus wird aber auch hier juristisch eher nicht in Betracht kommen.“

Welche finanziellen staatlichen Hilfen gibt es für Unternehmer und Selbstständige?

1. Kurzarbeit mit Kurzarbeitergeld-Rechner

Auch für das Jahr 2021 hat die Bundesregierung neue Regeln bezüglich Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld festgelegt. Die Bezugsdauer für Betriebe, die bis zum 31. Dezember 2020 mit Kurzarbeit begonnen haben, wird durch die zweite Verordnung über die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld bis zum 31. Dezember 2021 verlängert.

Um Kurzarbeit beantragen zu können, müssen in einem Betrieb weiterhin nur mindestens zehn Prozent der Belegschaft von einem Entgeltausfall betroffen sein. So sollen Entlassungen vermieden werden, damit die Unternehmen nach Ende des Shutdowns wieder voll einsatzfähig sind.

Die Sozialversicherungsbeiträge können voraussichtlich bis zum 30. Juni 2021 vollständig erstattet werden. Anschließend erfolgt eine Erstattung der Hälfte bis zum 31. Dezember 2021 für Betriebe, die bis zum 30. Juni 2021 mit Kurzarbeit begonnen haben.

Um die dadurch entstehenden Einkommensverluste vor allem für Geringverdiener abzuschwächen, hat die Bundesregierung am 22. April 2020 beschlossen, das Kurzarbeitergeld zu erhöhen. Zunächst bleibt es dabei, dass die Bundesagentur für Arbeit bei kinderlosen Beschäftigten 60 Prozent und bei Beschäftigten mit Kindern 67 Prozent des Nettoeinkommens ersetzt. Wenn Ihre Arbeitszeit um mehr als 50 Prozent reduziert wurde, bekommen Sie nun eine gestaffelte Erhöhung: Ab dem 4. Monat des Bezugs wird das Kurzarbeitergeld auf 70 bzw. 77 Prozent erhöht und ab dem 7. Monat auf 80 bzw. 87 Prozent. Dies gilt bis zum 31. Dezember 2021.

Wenn sich Ihr eigener Betrieb in Kurzarbeit befindet, erstattet Ihnen die Agentur für Arbeit die monatlichen Entgeltkosten nachträglich, um Ihr Unternehmen finanziell zu entlasten. So kann ein vorübergehender Arbeitsausfall bis zu 12 Monate lang (in Teilen) ausgeglichen werden. Dafür gelten jedoch bestimmte Voraussetzungen für Ihr Unternehmen: Die Angestellten müssen Überstunden und das positive Zeitguthaben abgebaut haben.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass sogenannte Minijobber (bis 450 Euro monatlichem Arbeitsentgelt) als sozialversicherungsfrei Beschäftigte keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben. Leiharbeiternehmerinnen und Leiharbeiternehmer hingegen können Kurzarbeitergeld beziehen.

Das Kurzarbeitergeld ist zunächst steuerfrei. Als sogenannte Lohnersatzleistung unterliegt es aber dem Progressionsvorbehalt, was bedeutet, dass das Kurzarbeitergeld bei der Berechnung Ihres Steuersatzes berücksichtigt wird. Dies kann zur Folge haben, dass sich der Prozentsatz Ihrer Einkommenssteuer insgesamt erhöht und Sie unter dem Strich mehr Einkommenssteuer bezahlen müssen. Das Kurzarbeitergeld wird auf Ihrer Lohnsteuerbescheinigung aufgeführt und muss in die Steuererklärung aufgenommen werden.

Kurzarbeitergeld-Rechner

Der Rechner bietet Anhaltspunkte zur Berechnung von Kurzarbeitergeld in deiner speziellen Situation.

2. Kredite für Unternehmen

Aufgrund der Corona-Krise benötigen viele Unternehmen in Deutschland wirtschaftliche Unterstützung. Dazu vergibt die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Kredite ohne Obergrenze. Je nach Programm bietet die Förderbank den Geschäftsbanken an, 80 bis 90 Prozent des Kreditrisikos zu übernehmen. „Unternehmen beantragen ihre Kredite aber nicht über die KfW, sondern direkt über ihre Hausbank. Diese prüft dann den Antrag und leitet ihn an die KfW weiter“, so Rechtsanwältin Antje Kuchler.

Ein Unternehmen bekommt einen Kredit, wenn es mindestens drei Jahre am Markt aktiv ist oder zwei Jahresabschlüsse vorweisen kann. Außerdem darf die Firma bis zum 31. Dezember 2019 nicht in finanziellen Schwierigkeiten gewesen sein.

Außerdem können seit dem 15. April 2020 kleine und mittlere Unternehmen ab 10 Mitarbeitenden einen KfW-Schnellkredit beantragen. Dies erfolgt über die Hausbanken, welche die Kredite wiederum vom Bund zu 100 Prozent abgesichert bekommen und kein Risiko tragen. Mit dem Programm, das die Bundesregierung am 6. April 2020 beschlossen hatte und das dann von der EU-Kommission genehmigt wurde, soll eine schnelle finanzielle Hilfe gewährleistet werden.

Ausführliche Informationen zu den KfW-Schnellkrediten bekommen Sie hier.

3. Liquiditätshilfen durch Steuerstundungen

Um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzufedern, hat die Bundesregierung zudem schnelle Liquiditätshilfen in Form von Steuerstundungen beschlossen. Hiermit soll die Zahlungsunfähigkeit von Unternehmen abgewendet und Firmen sowie Jobs gerettet werden.

Die Finanzämter können daher zahlreiche Maßnahmen zulassen. Grundsätzlich können diese steuerlichen Hilfsmaßnahmen alle Unternehmen in Anspruch nehmen, die unmittelbar vom Coronavirus betroffen sind. Zu diesen Hilfsmaßnahmen zählen beispielsweise:

  • Stundung von Steuerschulden aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie der Umsatzsteuer bis Ende 2020
  • Anpassung von Steuervorauszahlungen auf die Einkommen- und Körperschaftssteuer
  • Anpassung des Messbetrages für Zwecke der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen
  • Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen und Säumniszuschläge bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie der Umsatzsteuer bis zum 31.12.2020
  • Erstattung von Sozialbeiträgen ausgefallener Arbeitsstunden

Hierbei gibt es jedoch keine einheitliche Regelung – daher ist ein frühzeitiger Kontakt mit dem zuständigen Finanzamt empfehlenswert.

Eine FAQ-Liste zu Corona und Steuern finden Sie hier.

4. Soforthilfe für Kleinstunternehmen und Solo-Selbstständige

Die Überbrückungshilfe III, welche ab Januar 2021 für alle Unternehmen gilt, die von staatlichen Schließungsanordnungen betroffen sind, hat die Soforthilfemaßnahmen vorheriger Überbrückungshilfen erweitert. Diese Maßnahmen gelten vorerst bis Juni 2021. Alle Infos zu außerordentlichen Wirtschaftshilfen finden Sie hier.

Die Überbrückungshilfe III sieht Zuschüsse zu den fixen Kosten der Unternehmer vor – bspw. Für Unternehmen aller Branchen ohne Zugang zu November- bzw. Dezemberhilfen wie Friseure haben die Möglichkeit einen Fixkostenzuschuss von max. 500.000 Euro pro Monat zu erhalten. Genauerer Informationen finden Sie hier.

5. Wirtschaftsstabilisierungsfonds

Für größere Unternehmen gibt es zusätzlich zu den Maßnahmen der KfW einen Wirtschaftsstabilisierungsfond. Damit sollen Unternehmen unterstützt werden, die vor der Corona-Krise gesund und wettbewerbsfähig waren. Folgende Maßnahmen gehören dazu:

  • ein Garantierahmen von 400 Milliarden Euro, der Unternehmen helfen soll, sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren (Überbrückung von Liquiditätsengpässen)
  • eine Kreditermächtigung über 100 Milliarden Euro zur Kapitalstärkung von Unternehmen (Rekapitalisierung)
  • eine weitere Kreditermächtigung über 100 Milliarden Euro zur Refinanzierung der KfW-Sonderprogramme

Um von diesen Maßnahmen zu profitieren, müssen Unternehmen zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen: eine Bilanzsumme von mehr als 43 Millionen Euro, mehr als 50 Millionen Euro Umsatzerlöse oder mehr als 249 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt.

Alle Maßnahmen und Informationen zum Wirtschaftsstabilisierungsfonds finden Sie hier.

6. Vereinfachter Zugang zur Grundsicherung

Wenn Sie selbstständig sind und Ihnen durch die Folgen der Corona-Krise jetzt das Einkommen oder die wirtschaftliche Existenz wegbricht, haben Sie einen Anspruch auf Grundsicherung. Damit sind sogenannte SGB-II-Leistungen gemeint, die (wie das Arbeitslosengeld II bzw. Hartz IV) den Lebensunterhalt sichern sollen. Die Grundsicherung können Sie bei der Bundesagentur für Arbeit bzw. bei dem zuständigen Jobcenter beantragen.

Die Bundesregierung hat hierzu erklärt, dass jeder, der zwischen dem 1. März und dem 30. Juni 2020 einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung stellt und dabei erklärt, über kein erhebliches Vermögen zu verfügen, einen erleichterten Zugang zu den Leistungen erhält.

Eine FAQ-Liste zur Grundsicherung und Corona finden Sie hier.

7. Senkung der Mehrwertsteuer

Die Bundesregierung hat Anfang Juni ein Konjunkturpaket auf den Weg gebracht, mit dem die Wirtschaft wieder angekurbelt werden soll. Zum Konjunkturpaket gehört eine Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent bzw. von 7 auf 5 Prozent. Die reduzierten Sätze sollen ab dem 1. Juli gelten und sind bis Ende des Jahres befristet. Hier finden Sie eine Übersicht zu den wichtigsten Fragen und Antworten.

Dadurch sollen die Bürgerinnen und Bürger entlastet und der Konsum belebt werden. Darüber hinaus enthält das Konjunkturpaket weitere steuerliche Hilfen für Unternehmen. Eine detaillierte Übersicht über das Konjunkturpaket findest du hier.

Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass den zuständigen Behörden durch das Infektionsschutzgesetz (IfSG) aufgrund der überragend wichtigen Schutzgüter und angesichts der unklaren Sachlage– insbesondere mit Blick auf die Entwicklung der Infektionszahlen und Infektionswege – ein weites Ermessen hinsichtlich der zu ergreifenden Schutzmaßnahmen eingeräumt wird. Deshalb sprechen nach aktuellem Stand gute Gründe dafür, dass die ergriffenen Maßnahmen überwiegend rechtmäßig sein dürften.

Darüber hinaus gilt jedenfalls für Maßnahmen nach Paragraph 16 Abs. 1 IfSG, dass der (behördliche) Widerspruch und die (gerichtliche) Anfechtungsklage auf Erklärung der Unwirksamkeit der Maßnahme der Behörde keine aufschiebende Wirkung haben (Paragraph 16 Abs. 8 IfSG), d. h. das betroffene Unternehmen der Schließungsanordnung zunächst dennoch Folge leisten muss.

Daher kommt – wenn überhaupt – nach dem Erlass einer Anordnung über die Betriebsschließung in erster Linie vorläufiger Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten in Betracht. In diesem Fall bleibt die Anordnung zwar weiter bestehen; bei erfolgreichem vorläufigem Rechtsschutz kann sie aber zunächst nicht vollzogen werden. In den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erfolgt nur eine summarische Prüfung ohne ausführliche Beweisaufnahme. „Um hier vorbereitet zu sein und schnell handeln zu können, empfiehlt es sich, alle relevanten Gesichtspunkte vor allem zum tatsächlichen Risiko und zu bereits ergriffenen Risikominimierungsmaßnahmen sowie einer etwaigen Existenzgefährdung schon im Voraus zu dokumentieren, aufzubereiten und griffbereit zu haben“, rät die Rechtsexpertin.

Bei Zuwiderhandlung gegen die behördliche Anordnung der Schließung sind je nach Rechtsgrundlage empfindliche Geld- oder sogar Freiheitsstrafen möglich. Hart werden Betreiber insbesondere geahndet, wenn sich das Coronavirus nachweislich aufgrund eines Verstoßes verbreitet: Dann können zwischen drei Monaten und fünf Jahren Freiheitsstrafe drohen.

Unsere Partneranwältin

Antje Kuchler

Antje Kuchler

Kanzlei Kahlert Padberg