Eine Plattform, auf der du von vielen, dir unbekannten Menschen Geldbeträge zur Vorfinanzierung eines Projektes einsammeln kannst: Was nach einer Utopie klingt, ist durch das Crowdfunding oder Crowdinvesting längst zur Realität geworden.
Inhalte zu Crowdfunding
- Crowdfunding: Was ist das genau?
- Wie funktioniert Crowdfunding rechtlich?
- Überblick der Crowdfunding-Arten
- Unterschiede: Crowdfunding vs. Crowdinvesting vs. Crowdlending
- Vorteile und Nachteile von Crowdfunding
- So erkennst du seriöse Crowdfunding-Plattformen
- Darf man Crowdfunding auch für private Wünsche nutzen?
Was einer allein nicht schafft, schaffen viele gemeinsam. Dieser Grundgedanke gilt nicht nur für Genossenschaften, sondern auch für alternative Finanzierungsmöglichkeiten wie das Crowdfunding. Doch was ist es genau, welche Arten gibt es und wie funktioniert Crowdfunding rechtlich? Wie unterscheidet es sich von Crowdinvesting oder Crowdlending? Welche Risiken es für Privatpersonen gibt und woran du eine seriöse Crowdfunding-Plattform erkennen kannst, erklären wir gemeinsam mit Rechtsanwältin Sina Bader, Partnerin der Kanzlei dhk Rechtsanwälte & Steuerberater.
Crowdfunding: Was ist das genau?
Crowdfunding ist eine Finanzierungsform, bei der mehrere Personen oder auch Unternehmen (zusammen die „Crowd") Geldbeträge beisteuern, um ein Projekt, ein Unternehmen, ein neues Produkt oder eine Idee zu unterstützen.
Häufig sind es kleine Unternehmen, Gruppen oder Einzelpersonen, die Crowdfunding für ihre Projekte nutzen. Erfolgreiche Beispiele dieser Finanzierungsform kommen meist aus Kunst und Kultur: Filme, Bücher, Comics, aber auch innovative Produkte oder digitale Gadgets.
Das Besondere beim klassischen Crowdfunding: Unterstützende erhalten meist exklusive Erlebnisse sowie Goodies (früheren Zugang, Autogramme, eigene Events uvm.). Auch mehr Informationen nach der Finanzierung wie Updates oder Einblicke in die Produktion sind ein häufiger Anreiz zur Beteiligung. Auch in Deutschland nimmt Crowdfunding immer stärker zu. Für 2024 wird laut Prognosen ein weltweites Crowdfunding-Volumen von 1,2 Milliarden US-Dollar vorausgesagt.
In aller Regel wird Crowdfunding über digitale Plattformen abgewickelt. Diese ermöglichen es, das Vorhaben vorzustellen und finanzielle Unterstützung zu erhalten. Die gängigste deutsche Übersetzung für Crowdfunding ist „Schwarmfinanzierung“. Dieses Wort konnte sich allerdings nicht durchsetzen, weshalb wir bei dem englischen Fachbegriff bleiben.
Nach der recht unregulierteren Anfangsphase, gibt es mittlerweile eine Reihe von rechtlichen Rahmenbedingungen, an die sich die Crowdfunding-Plattformen halten müssen. Je nach Ausgestaltung des Geschäftsmodells müssen sogar Erlaubnisse bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (kurz: BaFin) eingeholt werden.
Wie funktioniert Crowdfunding rechtlich?
Crowdfunding wird vor allem durch das im Jahre 2012 in Kraft getretene Gesetz über Vermögensanlagen (kurz VermAnlG) reguliert, welches im Jahre 2015 durch das Kleinanlegerschutzgesetz wichtige Änderungen erfahren hat. Dieses Gesetz regelt nicht ausschließlich das Crowdfunding, sondern auch viele andere Vermögensanlagen. Dazu gehören unter anderem auch Nachrangdarlehen oder Genussrechte, die in Deutschland öffentlich angeboten werden.
Hintergrund dieser gesetzlichen Regulierung ist der Schutz vor Kapitalanlagebetrug. Das Risiko dafür ist auf dem sogenannten grauen Kapitalmarkt höher. Als grauen Kapitalmarkt bezeichnet man den Markt für Finanzprodukte, deren Anbieter gesetzlich nicht der Finanzaufsicht (BaFin) unterliegen. Meist müssen Anbieter dort nur sehr geringe gesetzliche Standards erfüllen. Hierzu zählt laut BaFin auch das Crowdfunding. Denn im Gegenteil zu klassischen Finanzprodukten wie Sparplänen oder Anleihen gelten für Unternehmensbeteiligungen o.ä. kaum gesetzliche Anforderungen.
Zu Schutzzwecken setzt § 2a Absatz 3 VermAnlG privaten Anlegern sogar genaue Grenzen, die sie je Emittenten investieren dürfen. Mit Emittenten sind die Projektanbieter auf der Crowdfunding-Plattform gemeint (z.B. Startup, Projektentwickler etc.).
Die Grenzen auf Crowdfunding-Plattformen für Privatanleger liegen bei:
- 1.000 Euro ohne Nachweis
- höchstens 10.000 Euro, wenn laut Selbstauskunft frei verfügbares Vermögen in Form von Bankguthaben oder Finanzinstrumenten in Höhe von 100.000 Euro vorhanden ist
- maximal 25.000 Euro, wenn damit der zweifache Betrag des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens nicht überschritten wird
Crowdfunding-Investoren sind also gesetzlich verpflichtet, durch eine Selbstauskunft korrekte Angaben über ihre Vermögenswerte zu machen. Betreiber von Crowdfunding-Plattform müssen diese abfragen. „Die Plattformen vermitteln je nach Geschäftsmodell gewerblich Kapital zwischen einem Emittenten (Unternehmen, Vereinen etc.) und den Anlegern über einen Darlehensvertrag. Dafür ist meistens eine Erlaubnis für Finanzanlagenvermittler nach § 34f Gewerbeordnung notwendig. Interessierten empfehle ich immer einen Blick in das Impressum”, erklärt Rechtsanwältin Sina Bader.
Ebenso kann für Crowdfunding-Plattformen eine Pflicht zur Erstellung eines Prospekts zum jeweiligen Angebot nach Vermögensanlagengesetz oder Wertpapierprospektgesetz gelten. Die Nutzenden der Plattform würden von dieser Prospektpflicht selbst aber als Empfänger nur profitieren. Die von Unternehmen erstellten Prospekte sind transparent bei der BaFin hinterlegt und einsehbar.
Alles in allem sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für umfangreiche Crowdfunding-Plattformen hoch. Aus diesem Grund gibt es verschiedene Arten von Crowdfunding, die sich nach Komplexität und gesetzlichen Anforderungen unterscheiden.
Überblick der Crowdfunding-Arten
Es gibt verschiedene Crowdfunding-Arten. Diese lassen sich am einfachsten in einer Tabelle gegenüberstellen:
Art des Crowdfunding | Besonderheit(en) |
---|---|
Klassisches Crowdfunding | Unterstützende erhalten meist ein nicht-finanzielles Dankeschön (z. B. Kopie des Projektergebnisses wie Produkt oder Buch, Möglichkeit einer Vorbestellung oder einer Namensnennung im Filmabspann uvm.) |
Spendenbasiertes Crowdfunding | Es werden Spenden gesammelt - meist ohne materielle oder finanzielle Gegenleistung. Diese Spende kann im Gegensatz zum klassischen Crowdfunding sogar steuerlich absetzbar sein. Für Vereine und gemeinnützige Organisationen gelten dabei besondere, rechtliche Rahmenbedingungen. |
Crowdlending | Registrierte Nutzer verleihen Geld an den Projektanbieter oder Privatpersonen, welches später zurückgezahlt werden muss. Meist verdienen Unterstützende hierfür Zinsen. |
Crowdinvesting | Unterstützende erhalten Anteile am Projekt, einer Immobilie oder sogar an einer Firma. |
Crowdfunding ist für die Unterstützenden meist nicht steuerlich absetzbar. Denn beim klassischen Crowdfunding bekommst du eine Gegenleistung für deinen Geldbetrag. Das widerspricht dem Spendengedanken. Ausnahmen sind beim gemeinnützigen Spenden-Crowdfunding möglich, wo du wie bei einer klassischen Spende keine Gegenleistung bekommst.
Unterschiede: Crowdfunding vs. Crowdinvesting vs. Crowdlending
Beim Crowdfunding geht es meist um (private) Projekte oder kulturelle Themen wie Bücher, Filme, Comics etc. Ganz anders sieht es hingegen beim Crowdinvesting aus. Denn hier treffen (semi-)professionelle Investoren, vermögende Menschen und Anleger auf Unternehmen mit Kapitalbedarf. Die einzige Gemeinsamkeit ist, dass auch hier eine digitale Plattform zur Präsentation und Abwicklung genutzt wird.
Crowdinvesting hat sich zu einer verbreiteten Methode zur Finanzierung von für Unternehmen, Startups, Projekten oder im Bereich Immobilien(-restaurierung) entwickelt. Einige Banken haben sogar eigene Plattform dafür etabliert und wickeln die Finanzierungen ab. Beim Crowdinvesting erhalten die Geldgeber direkt oder indirekt Anteile an einer Firma und/oder am Gewinn des Projekts. Solche Anteile können je nach Ausgestaltung auch verkauft werden. Häufig erhalten die Geldgeber sogar etwas vom Verkaufspreis, falls beispielsweise ein Unternehmen verkauft wird. Beim klassischen Crowdfunding gibt es hingegen vermehrt nicht-finanzielle Gegenleistungen wie die Namensnennung, exklusive Produkte etc.
Crowdlending hingegen unterscheidet sich wiederrum sowohl vom Crowdfunding als auch vom Crowdinvesting. Während man bei diesen beiden Finanzierungsformen etwas gibt und einen Gegenwert erhält, verleiht man beim Crowdlending ausschließlich Geld. Bei Crowdlending-Anbietern gibt oder erhält man einen Kredit von privat an privat über die Plattform. Auch hier wird das Geschäft über eine digitale Plattform abgewickelt.
„Beim Crowdlending wird meist ein Zinssatz vereinbart. Der User auf der Plattform tritt dabei meist selbst als Darlehensnehmer auf. Bei dieser Art von Geschäft ist Vorsicht geboten, da das Risiko für einen Totalverlust recht hoch ist. Einen solchen Totalverlust kann es aber ebenso beim Crowdinvesting geben, wenn der Anbieter eines Projekts in die Insolvenz rutscht”, warnt die Juristin.
Vorteile und Nachteile von Crowdfunding
Vorteile von Crowdfunding | Nachteile von Crowdfunding |
---|---|
Für Unterstützer: Support von spannenden Projekten und Ideen. Du kannst durch deinen Beitrag Teil davon werden. | Nachahmungsgefahr: Deine Idee wird auf der Crowdfundig-Plattform detailliert und öffentlich präsentiert. |
Für Initiatoren: Durch das Feedback auf der Crowdfunding-Plattform bekommst du direktes Feedback, ob Andere deine Idee gut finden oder nicht. | Transparenz: Wenn deine Idee oder das Projekt scheitert, wird das höchstwahrscheinlich ebenfalls publik. |
Alternative Finanzierungsmöglichkeit: Insbesondere für Projekte, die keine andere, sinnvolle Finanzierung erhalten. | Aufwand: Die Erstellung einer Kampagne auf einer Plattform ist zeit- und arbeitsintensiv. Das solltest du nicht unterschätzen. |
Risikoreduktion: Geschäftsideen, Prototypen oder die Produktion können getestet werden, ohne umfangreichen Kreditprozess. Wenn keine Nachfrage da ist, setzt du das Projekt nicht um. | Kosten: Die Crowdfunding-Plattformen berechnen dir für erfolgreiche Kampagnen Gebühren oder Provisionen. Denn ihre Leistung ist nicht umsonst. |
Unternehmen müssen anders als bei einer direkten Beteiligung durch Investoren keine Anteile am Unternehmen abgeben (im Unterschied zum Crowdinvesting!). |
So erkennst du seriöse Crowdfunding-Plattformen
Seriöse Crowdfunding-Plattformen sollten mindestens folgende Merkmale erfüllen:
- Impressum und Datenschutz-Informationen vorhanden
- Allgemeine Nutzungs- oder Geschäftsbedingungen transparent und auffindbar
- aktive und bisher erfolgreich finanzierte Projekte sind ausführlich dargestellt
- Kosten der Nutzung sind transparent erkennbar
- Zahlreiche und positive Bewertungen z.B. bei Google oder anderen Bewertungsplattformen
Bei Investmentmöglichkeiten sollten zusätzlich folgende Punkte erfüllt sein:
- Auffällige Risikohinweise (Totalverlust möglich, Rendite ist nicht sicher)
- Erlaubnis für Finanzanlagenvermittler nach § 34f Gewerbeordnung vorhanden
- (im Impressum zu finden)
- Bei Crowdinvesting: Pflichten der BaFin werden erfüllt (z.B. Prospekt zum Projekt)
Darf man Crowdfunding auch für private Wünsche nutzen?
Es ist grundsätzlich nicht verboten über privates Crowdfunding Spenden zu sammeln. In Deutschland gibt es nur noch im Saarland sowie Thüringen und Rheinland-Pfalz eigene Sammlungsgesetze, die Vorschriften zum Geld sammeln enthalten. In allen anderen Bundesländern wurden diese abgeschafft. Das ist auch der Grund, warum Geld sammeln an der Haustür möglich ist.
Für große Pläne wie eine Weltreise ist besonders für junge Menschen ein solcher Spendenaufruf vorstellbar. Auch zur Finanzierung von lebenserhaltenden Therapien oder Operationen ist eine digitale Spendenkampagne nützlich. Es gibt mittlerweile sogar eigene Plattformen für privates Crowdfunding.
„Jede Person sollte sich am Ende selbst fragen, ob private Wünsche nicht auch auf alternative Weise finanziert werden können. Angesichts moralischer und ethischer Gründe, würde die Mehrheit wohl nicht für private Zwecke auf eine eigene Spenden-/ Crowdfunding-Kampagne setzen”, fügt Rechtsanwältin Sina Bader hinzu.
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 02. Juli 2024 veröffentlicht (Haftungsausschluss).
Unsere Partneranwältin
Rechtsanwältin Sina Bader, Partnerin der Kanzlei dhk Rechtsanwälte & Steuerberater in Aachen, ist seit 2018 als Anwältin tätig. Als Fachanwältin für IT-Recht widmet sie sich in der Wirtschaftskanzlei intensiv den Anliegen ihrer Mandanten. Darüber hinaus umfasst ihr Tätigkeitsfeld das Wettbewerbsrecht, das Marken- und Designrecht sowie das Urheberrecht. Als einzige Ansprechpartnerin für Deutschland des internationalen Lexing® Netzwerks, tauscht sie regelmäßig Wissen zu den neueste Technologieentwicklungen mit Korrespondenzanwälten aus aller Welt aus.
Sina Bader
Kanzlei dhk Rechtsanwälte & Steuerberater