Gerade im Internet lauern überaus viele rechtliche Risiken und Gefahren, die fast alle Rechtsgebiete betreffen können. Abmahnungen spielen im Internet eine beinahe überragende Rolle und sind (leider) nahezu alltäglich. Aber was kann ich selbst tun, wenn ich wegen eines (vermeintlichen) Fehlverhaltens abgemahnt werde?
Inhalte zu Abmahnung
- Thema Abmahnung: Was genau ist das?
- Abmahnungen sind ernst zu nehmen
- Klassische Abmahnungen
- Abmahnungen im Urheberrecht
- Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen
- Datenschutzrechtliche Abmahnungen
- Markenrechtliche Abmahnungen
- Prüfschritte einer Abmahnung
- 1. Prüfung der Echtheit
- 2. Prüfung des Sachverhaltes
- 3. Unterlassungserklärung nicht blind unterschreiben
- 4. Rechtsanwaltskosten
- 5. Schadensersatz
- 6. Im Zweifel Anwalt konsultieren
- Fazit
Rechtsanwalt Brian Scheuch erklärt dir, was du im Falle einer Abmahnung zu tun hast oder besser lassen solltest. Wenn du dich für das Thema Abmahnung im Beruf interessierst, ist dieser Artikel für dich interessant.
Thema Abmahnung: Was genau ist das?
Eine Abmahnung ist eine Aufforderung, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen. Ein Rechtsanwalt verschickt sie meist im Auftrag seines Mandanten. Dieser Mandant kann zum Beispiel der Betreiber einer Internetseite oder der Urheber eines Bildes sein.
In dem Schreiben steht normalerweise der Sachverhalt, weshalb der Betroffene abgemahnt wird. Ein klassisches Beispiel ist, dass jemand eine Grafik oder Wegbeschreibung auf seiner Internetseite verwendet, ohne den Urheber genannt bzw. gefragt zu haben. „Am Ende fast jeder Abmahnung wird der Abgemahnte aufgefordert eine Unterlassungserklärung abzugeben. Um die „Wiederholungsgefahr“ auszuräumen, fordert der Anwalt meist auch die Erstattung von (hohen) Rechtsanwaltskosten und gegebenenfalls Schadensersatz“, erläutert Rechtsanwalt Brian Scheuch.
Abmahnungen sind ernst zu nehmen
Erhältst du eine Abmahnung, solltest du diese auf jeden Fall ernst nehmen. Dazu der Rechtsexperte: „Eine Nichtreaktion ist stets die schlechteste Alternative und kann im schlimmsten Fall zusätzliche Kosten verursachen.“ Dabei kommt es nicht zwangsläufig auf das Dateiformat der Abmahnung an. Eine Abmahnung die per E-Mail eingeht, solltest du genauso ernst nehmen, wie eine Abmahnung die per Post eingeht. Aber es ist auch Vorsicht geboten: Es existieren unzählige gefälschte Abmahnungen, die Kanzleien versenden, um schnelles Geld zu machen. Oftmals wird auch der Briefkopf von real existierenden Anwaltskanzleien missbraucht. Misstrauisch solltest du spätestens bei Dateiformaten in .zip oder .doc werden. Das gilt auch bei ausländischen Kanzleien oder Kontoverbindungen aus dem Ausland.
Klassische Abmahnungen
Abmahnungen können in unterschiedlichen Rechtsgebieten stattfinden:
Abmahnungen im Urheberrecht
Einen überaus hohen Anteil bilden Abmahnungen im Urheberrecht. Vor Jahren gab es bereits eine extrem große Abmahnwelle zum illegalen Filesharing, die sich mit der Zeit jedoch etwas gelegt hat. Filesharing-Plattformen nennt man auch „Tauschbörsen“ – auch wenn der Begriff „tauschen“ etwas irreführend ist. Dabei stellen Nutzer anderen Personen Daten zur Verfügung – oftmals fehlten ihnen allerdings die Rechte. Gerade illegale Downloads von Musik und Filmen wurden vielfach abgemahnt.
Nach den Filesharing-Abmahnungen sind derzeit Foto-Abmahnungen hoch im Kurs, sprich die Verletzung von Bildrechten. „Wenn fremde Bilder im Internet veröffentlich werden, zum Beispiel auf der Homepage oder in sozialen Medien (Facebook, Instagram, Twitter) brauche ich zwingend ein entsprechendes Nutzungsrecht durch den Rechteinhaber“, erklärt Brian Scheuch.
Rechteinhaber bei Fotografien ist regelmäßig der Fotograf und gerade nicht die abgebildete Person. Der Fotograf räumt den fotografierten Personen (wenn überhaupt) ein einfaches Nutzungsrecht zur nicht kommerziellen Nutzung ein. Das bedeutet, dass Bilder grundsätzlich nicht für gewerbliche Zwecke verwendet werden dürfen. Darüber hinaus wollen die meisten Fotografen als Urheber der verwendeten Bilder benannt werden. Darauf haben diese auch einen – ebenfalls abmahnbaren – Rechtsanspruch. Daher gilt es gerade bei Fotografien die Nutzungsrechte genauestens zu überprüfen, um diese im Sinne des Urhebers zu verwenden.
Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen
Weitere Abmahnungen finden sich im Bereich des Wettbewerbsrechts (UWG). Hier werden häufig Verstöße gegen die Impressumspflicht von Mitbewerbern abgemahnt. Die Impressumspflicht besteht übrigens auch bei gewerblichen Social-Media-Seiten. Aber auch fehlende Hinweispflichten wie zum Beispiel eine fehlende Datenschutzerklärung oder Streitschlichtungshinweise auf Webseiten von Unternehmen werden nur allzu gerne abgemahnt. Es gibt sogar sogenannte Abmahn-Anwälte, die ganz gezielt das Internet nach fehlenden Impressen oder Datenschutzerklärungen oder anderen Rechtsverletzungen durchforsten, nur um kostenpflichtige Abmahnungen auszusprechen. Aus Abmahnungen im UWG können sich schnell weitreichende Prozesse mit enorm hohen Folgekosten entwickeln.
Datenschutzrechtliche Abmahnungen
Auch Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen, insbesondere solche der EU-DSGVO, könnten abmahnbar sein. Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung. Dazu Brian Scheuch: „Es ist nach wie vor umstritten, ob die Bestimmungen des Datenschutzes als Marktverhaltensregelung im Sinne des UWGs angesehen werden oder nicht. Dies ist möglicherweise auch ein Grund dafür, warum bislang nur vereinzelt zum Beispiel eine fehlende oder nicht angepasste Datenschutzerklärung abgemahnt wurden.“ Findige Kanzleien haben aber bereits versucht, fehlende SSL-Zertifikate oder fehlende Hinweise auf Tracking wie Google Analytics abzumahnen.
Das LG Würzburg hat in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss entschieden, dass Verstöße gegen die DSGVO grundsätzlich abgemahnt werden können (LG Würzburg, Beschluss vom 13.09.2018, Az.: 11 O 1741/18 UWG). „Es bleibt daher abzuwarten, ob auch andere Gerichte, insbesondere die nächsten Instanzen diese Auffassung teilen. Jedoch kann man vermuten, dass mit einem ersten Urteil die Zahl der Abmahnungen zunehmen könnte“, sagt der Rechtsexperte. „Jeder der gewerblich eine Website unterhält, ist daher gut beraten, diese an die seit dem 25. Mai 2018 geltende EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) anzupassen.“
Markenrechtliche Abmahnungen
Abmahnungen im Markenrecht sind ebenfalls üblich und gehören regelmäßig zu den teuersten Abmahnungen. Streitwerte in Höhe von 30.000 Euro sind dort die Regel. Die Verletzung einer Marke kann beispielsweise in der gewerblichen Nutzung einer Domain vorliegen, die den Bestandteil einer eingetragenen Wortmarke hat. „Aber auch Werbung mit fremden Marken oder vergleichende Werbung sind als überaus problematisch zu klassifizieren. Doch auch Bilder, Designs oder einprägsame Verpackungen lassen sich durch die Eintragung einer Marke schützen. Um einer Verletzung von Markenrechten vorzubeugen, sollte insofern eine Markenrecherche im entsprechenden Register durchgeführt werden“, empfiehlt der Anwalt.
Prüfschritte einer Abmahnung
Wenn du eine Abmahnung erhältst, gilt es zunächst, Ruhe zu bewahren. Auf jeden Fall sollte man jede Abmahnung äußerst ernst nehmen. Eine Nichtreaktion auf eine Abmahnung kann zusätzliche Kosten verursachen, da der Abmahnende seine Ansprüche auf den gerichtlichen Weg geltend machen kann. Das heißt aber nicht, dass du jede Abmahnung blind bezahlen solltest. „Wen jemand eine Abmahnung erhält, sollte er das Schreiben im Zweifel von einem spezialisierten Rechtsanwalt prüfen lassen“, so Brian Scheuch.
1. Prüfung der Echtheit
Zunächst solltest du die Echtheit der Abmahnung prüfen, erst recht, wenn diese ausschließlich per E-Mail kommt. Zweifel sollte man auf jeden Fall bekommen, wenn die abmahnende Kanzlei im Ausland sitzt oder die Zahlungsaufforderung an ein ausländisches Konto gehen soll. Anhänge in .zip oder .doc sind ebenfalls mit Vorsicht zu genießen. Selbst die Öffnung solcher Anhänge könnte bereits ein Sicherheitsproblem darstellen. An der Echtheit kannst du darüber hinaus zweifeln, wenn die Kanzlei Zahlungen in Kryptowährungen wie Bitcoins begehrt. Die Echtheit der abmahnenden Rechtsanwaltskanzlei kannst du über das Anwaltsregister überprüfen.
2. Prüfung des Sachverhaltes
Anschließend solltest du den Sachverhalt genauestens überprüfen. Die Frage, die du dir zuerst stellen solltest, ist: Bin ich überhaupt für die abgemahnte Handlung verantwortlich? „Dies kann insbesondere problematisch bei Filesharing sein, wenn Gäste oder die eigenen Kinder die Handlung begangen haben. Dann bleibt nur noch zu prüfen, ob ich als Störer haften kann, was an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft ist“, sagt Brian Scheuch.
3. Unterlassungserklärung nicht blind unterschreiben
„Die beigefügte Unterlassungserklärung sollte nicht blind unterschrieben werden. Diese sind regelmäßig viel zu weit gefasst und verpflichten teilweise zu extrem hohen Vertragsstrafen, aber auch oftmals zur Übernahme der Rechtsanwaltskosten“, rät Rechtsanwalt Brian Scheuch. Bei einer berechtigten Abmahnung sollte stets eine sogenannte modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben werden. Im Zweifel hilft dir hierbei ein spezialisierter Rechtsanwalt. Die Unterlassungserklärung solltest du nicht „stiefmütterlich“ behandeln. Denn nur sie beseitigt die Wiederholungsgefahr. Zugleich verpflichtet diese den Unterzeichner aber, das Unterschriebene bis zu 30 Jahre einzuhalten. Hier ist also Vorsicht geboten.
4. Rechtsanwaltskosten
Die geltend gemachten Anwaltskosten solltest du ebenfalls genau überprüfen. „Oftmals rechnen die Kanzleien hier überhöhte Anwaltsgebühren an. Unserer Erfahrung nach sind in 90 Prozent der Fälle die Kosten maßlos überhöht“, weiß Brian Scheuch. Insbesondere bei der Abmahnung von Fotos (Bildrechten), werden oft pro Bild mehrere tausend Euro als Gegenstandswert angesetzt.
5. Schadensersatz
Wenn der Anwalt in der Abmahnung zugleich Schadensersatz geltend macht, solltest du die Höhe des Schadens genau überprüfen. Dazu der Rechtsanwalt: „Bei Foto-Abmahnungen verlangt der Fotograf oft ebenfalls mehrere tausend Euro pro Bild, was insbesondere bei Hobbyfotografen überhöht ist.
6. Im Zweifel Anwalt konsultieren
Zuletzt rät Brian Scheuch: „Bei Unsicherheiten sollte der Betroffene zwingend einen spezialisierten Anwalt mit der Prüfung der Abmahnung beauftragen.”
Fazit
Abmahnungen sind mehr als ärgerlich, insbesondere wenn diese begründet sind und hohe Kosten verursachen. Daher rät Brian Scheuch abschließend: „Der einzige Weg, Abmahnungen zu entgehen, ist schlicht sich „rechtskonform“ zu verhalten. Dies ist aber einfacher gesagt als getan. Im Bereich des Internets sind so viele rechtliche Regelungen zu beachten, dass man kaum alles beachten kann. Gerade wenn man im Internet gewerblich tätig ist, sollte man sich stets über aktuelle Regelungen erkunden. Wenn beispielsweise der Europäische Gesetzgeber neue Informationspflichten für Händler gegenüber Verbrauchern schafft, ist eine neue Abmahnwelle in der Regel nicht weit entfernt.“
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 4. Oktober 2018 veröffentlicht (Haftungsausschluss).
Unser Partneranwalt
Rechtsanwalt Brian Scheuch ist Partner der Kanzlei Heidrich Rechtsanwälte. Daneben ist er als Autor für die Zeitschrift c’t, Heise Online und dem ITRB tätig. Rechtsanwalt Brian Scheuch beschäftigt sich insbesondere mit den Themen Urheberrecht, Datenschutz und E-Commerce. Seine Kanzlei vertritt Mandanten in allen Belangen rund um die Themen IT-Recht, Urheberrecht, Datenschutz, Internetrecht, E-Commerce, Softwarerecht und Markenrecht.
Brian Scheuch
Kanzlei Heidrich Rechtsanwälte