Gestapelte Aktenordner.

Auskunftsklage: Muster, Stufenklage, Auskunftspflicht & mehr

Leben & Freizeit

Wir haben alle unsere kleinen Geheimnisse. Und das ist gut so. Was aber, wenn man dir zu Unrecht wichtige Informationen vorenthält? Was kannst du unternehmen, um deinen Anspruch auf bestimmte Auskünfte durchzusetzen?

Stell dir vor, dein bester Freund ist mit seinen vermögenden Eltern heftig zerstritten. Als sein Vater stirbt, erfährt er bei der Testamentseröffnung, dass ihn dieser sogar enterbt hat. Wie Tom richtig bemerkt, müsste er jedoch einen Anspruch auf einen Pflichtteil haben.

Anwalt Henning Meyersrenken von der Kanzlei Meyersrenken & Rheingantz, Köln, Leipzig, Schwedt erklärt hierzu: „Jedes Kind des Verstorbenen bzw. des Erblassers ist pflichtteilsberechtigt. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Kind leiblich, adoptiert, nicht ehelich oder ehelich ist.“

Wie findet dein Freund nun heraus, wie hoch sein Pflichtteil ist, wenn sich der gesetzliche Erbe weigert, entsprechende Auskünfte zu geben? In diesem Fall findet die sogenannte Auskunftsklage Anwendung. In diesem Ratgeber klären wir darüber auf, welche rechtlichen Möglichkeiten du hast, um dein Recht auf Information durchzusetzen und gehen dabei der Frage nach, was genau eigentlich eine Auskunftsklage ist.

Aber nicht nur im Erbrecht kann dir eine Auskunftsklage dienlich sein. Auch im Familienrecht kannst du ein berechtigtes Interesse haben, z. B. bei Unterhaltsstreitigkeiten, die benötigten Auskünfte zu erhalten. Das ist immer dann der Fall, wenn derjenige, der den Unterhalt schuldet, genaue Angaben zu seinen Einkommen verschweigt oder unvollständig angibt.

Des Weiteren werfen wir einen Blick auf die Streitwertberechnung bei einer Auskunftsklage. Denn dieser ist nicht immer leicht zur ermitteln. Schließlich geht es bei deinem Klagebegehren gerade darum, den Wert von Nachlassgegenständen wie z. B. Möbeln oder Immobilien herauszufinden.

Im letzten Abschnitt dieses Ratgebers erläutern wir, wie die Auskunftsklage sowohl im Erbrecht als auch im Familienrecht durchgeführt bzw. in Anspruch genommen werden kann.

Was ist eine Auskunftsklage und was gibt es dort zu beachten?

Eine Auskunftsklage soll dir als Kläger dabei helfen, deinen Anspruch beziffern zu können. Denn wie kannst du auf etwas klagen, wenn du gar nicht weißt, was oder wie viel dir überhaupt zusteht? Der Begriff der Auskunftsklage ist demzufolge im Zivilprozess zu finden. Nach dem dort herrschenden Bestimmtheitsgrundsatz ist ein Klageantrag u. a. dann hinreichend bestimmt, wenn der Antrag den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet. Um deinen Anspruch auf einen Pflichtteil oder Unterhalt beziffern zu können, hilft dir also eine Auskunftsklage. Sie bietet dem Kläger oft die einzige Möglichkeit, den Auskunftsanspruch weiter zu verfolgen.

Wenn dein Freund vor dem Zivilgericht eine Auskunftsklage einreichen will, um seinen Pflichtteil geltend machen zu können, so stellt sich auch ihm die Frage, mit welchen Kosten er bei der Auskunftsklage zu rechnen hat. Da wären an erster Stelle die Gerichtskosten zu erwähnen, die sich wiederum nach dem Streitwert richten.

„Der Streitwert hat Auswirkungen sowohl auf die Gerichts- als auch auf die Anwaltsgebühren und bemisst sich immer nach dem sogenannten Streitgegenstand.“

Henning Meyersrenken

Fachanwalt für Zivilrecht

Der Streitwert der Auskunftsklage ist in Toms Fall sein konkreter Pflichtteil. Das Gericht kann einen Streitwert übrigens dann nach freiem Ermessen bestimmen, wenn dieser nur unzureichend als Wert zu beziffern ist. Schon aus diesem Grund ist dein Freund gut beraten, die Auskunftsklage zu bemühen.

Wie erwähnt ist es mitunter recht schwierig, den Streitwert einer Auskunftsklage zu berechnen. Denn dafür sind gleich mehrere Posten zu berücksichtigen. Dazu zählen:

  • Kosten für die Erstellung der eigentlichen Unterlagen
  • Ausgaben, um zusätzliche Auskünfte zu erhalten
  • Recherchekosten hinsichtlich der Nachlassgegenstände

Anwalt Henning Meyersrenken bemerkt hierzu: „Wenn der Streitwert bei Haushaltsgegenständen von geringerem Wert insgesamt deutlich unter 1.000 Euro beträgt, kann dies für die Berufung gegen ein Endurteil problematisch werden. Denn die Berufung ist erst dann zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt.“

Dennoch sollte dein Freund mit seiner Auskunftsklage nicht allzu voreilig vorgehen. In seinem Fall, wenn ein nicht unbeachtlicher Pflichtteil im Raum steht, muss man sich gut überlegen, welche Art der Klage erhoben werden soll. In ca. 95 Prozent der Fälle wird bei derartigen Pflichtteilsstreitigkeiten nämlich eine sogenannte Stufenklage gemäß Paragraph 254 ZPO erhoben.

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Stufenklage: Streitwert, Definition und Verbindung zur Auskunftsklage

Eine Stufenklage stellt eine Sonderform der Klagehäufung dar. Nach der Definition versteht man unter einer Stufenklage die Zusammenfassung mehrerer Klagebegehren. Die Besonderheit der Stufenklage nach der ZPO (Zivilprozessordnung) besteht demnach darin, dass zwar mehrere Anträge gestellt werden, über die jedoch nicht gleichzeitig entschieden wird.

Dies sind die einzelnen Schritte der Stufenklage am Beispiel der Durchsetzung eines Pflichtteils:

  • Es wird ein Antrag auf Auskunftserteilung über den Nachlassbestand des Erblassers gestellt.
  • Im Fall einer unvollständigen oder unsorgfältigen Auskunftserteilung kann auf Versicherung an Eidesstatt geklagt werden.
  • In der dritten Stufe wird auf Zahlung geklagt, d. h. es wird ein Leistungsantrag auf Zahlung des Pflichtteils gestellt.

Damit wird also zuerst der Auskunftsanspruch erklärt, bevor man (gegebenenfalls) die Stufe der eidesstattlichen Versicherung erreicht, die wiederum von der Stufe des bezifferten Zahlungsanspruches abgelöst wird.

Allerdings ist zu beachten, dass der Streitwert einer Stufenklage nicht gerade niedrig ist. Denn im Vergleich zur reinen Auskunftsklage kann dann ein erheblicher Unterschied bestehen, wenn sich der Pflichtteil – wie im Fall von Tom gegeben – eine erhebliche Summe beträgt.

Bei einer erbrechtlichen Streitigkeit, bei der es um die Ermittlung eines Pflichtteils geht, wird der Streitwert der Auskunftsklage von den Gerichten auf 10-25 Prozent des Pflichtteils angenommen. Der BGH (IV ZR 195/04) hat in seinem Urteil entschieden, dass im Rahmen einer Stufenklage „das Auskunftsinteresse des Klägers mit einer Quote des Wertes des Leistungsanspruchs zu bestimmen ist, die in der Regel zwischen 1/10 und 1/4 bemessen wird“.

Dagegen ist der Streitwert einer Stufenklage der komplette Pflichtteil. „Ist dieser Pflichtteil also höher einzuschätzen, kann die Stufenklage teurer ausfallen, da der Streitwert sowohl für Gericht als auch Anwalt Grundlage der Kostenberechnung ist“, so Anwalt Henning Meyersrenken.

Für die Stufenklage spricht allerdings noch ein anderer Grund: Entscheidet sich der Freund aus unserem Beispiel auch aus finanziellen Gründen für die Auskunftsklage, so muss die Verjährungsproblematik beachtet werden. Denn der Anspruch auf den Pflichtteil verjährt bereits nach drei Jahren. Diese Verjährung des Pflichtteilsanspruchs ist somit auch bei Berücksichtigung der persönlichen wirtschaftlichen Situation durchaus im Auge zu behalten.

Bei einer Stufenklage hingegen sind alle gestellten Anträge sofort rechtshängig. Eine Verjährung etwa des Zahlungsanspruches wird dadurch gehemmt. Was sich als überaus vorteilhaft erweisen kann, da die exakte Höhe ja noch nicht bekannt ist und die Ermittlung u. U. einige Zeit in Anspruch nehmen kann.

Hier findest du ein Muster einer Klageerhebung im Fall der Stufenklage.

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Auskunftsklagen im Erbrecht & Familienrecht

Der Erbe ist verpflichtet, allen Erben und Pflichtteilsberechtigten, aber auch gegenüber den Vermächtnisnehmern und Nachlassgläubigern Auskunft zu erteilen. Hinsichtlich des Nachlasses kann dabei der Nachlassgläubiger den Erben sogar unter Einschaltung des Nachlassgerichts anweisen, ein sogenanntes Inventar (Auflistung alles Vermögensgegenstände) einzurichten.

Kommt der Erbe einer solchen Auskunftspflicht nicht nach, so können die Auskünfte beim Nachlassgericht eingeklagt werden.

Wie am Beispiel von deinem Freund erläutert, ist die Auskunftsklage im Erbrecht ein geeignetes Mittel, um Ansprüche durchsetzen zu können und um die Verjährung des Pflichtanteils nicht zu gefährden.

In dem Zusammenhang sei noch einmal die Besonderheit der Klage auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erwähnt. Hierzu sagt Anwalt Henning Meyersrenken: „Der Kläger kann vom Beklagten dann die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verlangen, wenn zu vermuten ist, dass einzelne Verzeichnisse nicht mit der „notwendigen Sorgfalt“ erstellt wurden. Darunter fällt z. B. auch eine lückenhafte, zögerliche Auskunftserteilung. Hierfür müssen dann vom Kläger tragende Anhaltspunkte glaubhaft vorgetragen werden.“

Daneben ist das Familienrecht ein weiterer Rechtsbereich, in dem die Auskunftsklage zur Geltung kommen kann. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn es um Unterhaltsansprüche geht. Nach Paragraph 1605 BGB etwa sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, auf Verlangen Auskunft über ihr Einkommen zu erteilen, wenn dies erforderlich ist, um einen Unterhaltsanspruch oder eine Unterhaltsverpflichtung festzustellen.

Um den Unterhalt bestimmen zu können, wird mithilfe der Auskunftsklage ein letzter rechtlicher Weg beschritten, wenn sich der Unterhaltsschuldner weigert, wahrheitsgemäß aber auch vollständig über sämtliche Einnahmen Auskunft zu erteilen. Denn diese sind zwingend erforderlich, um den Unterhalt zu ermitteln. Die exakte Höhe des Kindes- und Ehegattenunterhalts wird aktuell anhand der Düsseldorfer Tabelle 2021 berechnet.

Während bei einer Unterhaltsklage gemäß Paragraph 51 FamGKG der Verfahrenswert bzw. der Streitwert dem Jahresbetrag des geforderten monatlichen Unterhalts entspricht, wird als Streitwert einer isolierten Auskunftsklage bzw. der Auskunftsklage im Rahmen einer Stufenklage durch die Rechtsprechung ein Bruchteil des erwarteten Unterhaltsanspruchs angesetzt. Dabei schwankt der im Einzelnen genommene Wert zwischen 1/10 bis 1/2 des Unterhaltsanspruchs.

Dieser Artikel wurde ursprünglich am 18. Oktober 2021 veröffentlicht (Haftungsausschluss).

Unser Partneranwalt

Henning Meyersrenken ist Seniorpartner der Kanzlei Meyersrenken & Rheingantz. Die Kanzlei hat ihren Hauptsitz in Köln und unterhält Niederlassungen in Leipzig und Schwedt. Rechtsanwalt Henning Meyersrenken selbst ist hauptsächlich auf den Gebieten des Zivilrechts tätig. Speziell im Vertragsrecht berät und vertritt er Mandanten bundesweit unter anderen in Fragen betreffend Kaufverträge, Mietverträge, Gesellschaftsverträge, bei Vertragsstörungen jeder Art, bei der Gestaltung von Verträgen etc. Die Kanzlei Meyersrenken & Rheingantz bietet mit derzeit acht Anwälten und Fachanwälten kompetenten Rechtsbeistand in einer Vielzahl weiterer Rechtsgebiete, darunter auch in den Bereichen Arbeitsrecht, Verkehrsrecht, Familienrecht, Bau- und Architektenrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht.

Henning Meyersrenken

Henning Meyersrenken

Kanzlei Meyersrenken & Rheingantz

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Privatrechtsschutz“