Fahrerflucht nach Parkunfall.

Damit aus dem Autounfall kein Rechtsfall wird

Reisen & Verkehr

Jeder, der wie ich täglich mit dem Auto unterwegs ist, kennt das Problem: Spätestens am ersten Autobahnkreuz befindet man sich inmitten einer riesigen Blechlawine, die sich über die Straße schiebt. Der eine scheint zu pennen, der andere tippt auf seinem Handy und der nächste drängelt – in dem Glauben, dass er dadurch schneller ans Ziel kommt …

Bei einer derart hohen Dichte an Fahrzeugen wundert es mich gar nicht, dass laut einer aktuellen Umfrage im Auftrag von ROLAND Rechtsschutz knapp jeder vierte Verkehrsteilnehmer in den letzten fünf Jahren in einen Autounfall verwickelt war.

Zum Glück ist mir das bisher noch nicht passiert – könnte es aber natürlich jederzeit. Und wenn es zu einem Verkehrsunfall kommt, ist natürlich schnelles Handeln gefragt: Wie verhält man sich eigentlich richtig, wenn man als Fahrer ein anderes Auto beschädigt hat? Welches Verhalten kann als Fahrerflucht gewertet und somit unter Strafe gestellt werden? Und welche Pflichten hat man als Opfer oder als Zeuge eines Autounfalls? Als wir uns innerhalb der Redaktion diese Fragen gestellt haben, fiel auf, dass wir in manchen Punkten doch recht unterschiedlicher Ansicht waren. Schließlich ist die Führerscheinprüfung bei den meisten von uns schon ein paar Tage her. Daher hab ich bei unserem Partneranwalt Stefan Kranz aus Lübeck nachgefragt, wie man sich an der Unfallstelle korrekt verhält.

Harmlos, aber ärgerlich: Wie verhalte ich mich nach einem Crash mit Blechschaden?

Eine Sekunde der Unachtsamkeit genügt oft schon: Ein Auffahrunfall ist schnell passiert. Jetzt ist schnelles Handeln gefragt, selbst wenn es sich nur um einen Blechschaden handelt: „Jeder, der an einem Unfall beteiligt ist, muss unverzüglich halten. Dann gilt es den Verkehr zu sichern: Bei geringfügigem Schaden sollte man unverzüglich beiseite fahren“, erklärt Anwalt Stefan Kranz. Aus Sicherheitsgründen sollte man in jedem Fall die Warnblinkanlage einschalten, die Warnweste überziehen, das Warndreieck aufstellen und bei schlechten Lichtverhältnissen die Fahrzeugbeleuchtung einschalten. „Sofern durch den Unfall ein Verkehrsschild oder eine Ampel beschädigt wurde, müssen von den Unfallbeteiligten bis zum Eintreffen der Polizei zumutbare Maßnahmen zur Regelung des Verkehrs getroffen werden“, so der Rechtsexperte weiter.

Ganz wichtig: Niemand, der am Unfallhergang beteiligt war, darf sich vom Unfallort entfernen – das gilt nicht nur für die Fahrer, sondern auch für Fahrradfahrer und Fußgänger. „Denn jeder von ihnen ist verpflichtet, den anderen Beteiligten die Daten zur Person, zum Fahrzeug und die Art der Verwicklung bekannt zu geben“, erklärt Stefan Kranz. Der Anwalt empfiehlt außerdem, einen von allen Beteiligten unterzeichneten Unfallbericht anzufertigen und den Schaden am Unfallort zu fotografieren – gerade im Smartphone-Zeitalter ist das problemlos und schnell erledigt.

Wenn’s heftiger kommt: Wie muss ich handeln, sofern es bei einem Autounfall Verletzte gibt?

Nicht jeder Verkehrsunfall geht glimpflich aus. Wie verhält man sich in einem solchen Fall richtig? „Sollten Personen verletzt worden sein, müssen diese versorgt werden und muss sofort ein Notruf abgesetzt werden“, so der Jurist. Übrigens: Auch für Unbeteiligte besteht die Pflicht zur Hilfeleistung!

Freund und Helfer: Bin ich verpflichtet, bei jedem Unfall die Polizei zu rufen?

Der Unfall war harmlos und alle Beteiligten sind sich einig, dass man alles Weitere auch ohne Polizei regeln kann. Doch ist das überhaupt erlaubt oder müssen die Beamten immer informiert werden? „Die Polizei sollte immer dann alarmiert werden, wenn es Verletzte oder Tote gibt, der Verdacht einer Fahrt unter Alkoholeinfluss oder Drogen besteht oder ein großer Sachschaden entstanden ist“, erklärt Rechtsanwalt Stefan Kranz. Auch falls der Unfallgegner sich weigere, seine Personalien herauszugeben, müsse man natürlich die Beamten hinzuziehen. „Bei geringfügigen Beschädigungen können sich die Beteiligten einvernehmlich dahingehend verständigen, nicht die Polizei hinzuzuziehen“, ergänzt Stefan Kranz.

Zettelwirtschaft: Darf ich bei einem harmlosen Parkunfall eine Nachricht hinterlassen?

Gerade in schmalen Parkhäusern oder bei den oft winzigen Parktaschen in Innenstädten ist es schnell passiert, dass man ein anderes Auto anfährt oder beim Aussteigen versehentlich die Tür gegen den Lack eines fremden Wagens schlägt. Reicht es in diesem Fall aus, einen Zettel an der Windschutzscheibe zu hinterlassen? Vom Rechtsanwalt gibt es hierzu ein klares Nein, da man so nicht sicherstellen könne, dass der Beteiligte auch Kenntnis von der Unfallbeteiligung bekommt. „Zunächst besteht eine Wartefrist, die abhängig ist von der Uhrzeit, dem Unfallort und der Schadenshöhe. Tagsüber auf einem Supermarktparkplatz ist zu erwarten, dass der Fahrzeugbesitzer in Kürze zurückkehrt. Um drei Uhr morgens hingegen verlangt niemand, dass man auf einer verlassenen Straße stundenlang auf den Besitzer des anderen Fahrzeugs wartet“, so der Anwalt.

Nach Ablauf einer angemessenen Wartezeit sollte der Unfallverursacher zuerst versuchen, die Polizei zu alarmieren und zum Unfallort zu rufen. Ist das nicht möglich, sollte er einen Zettel anbringen und anschließend die nächstgelegene Polizeidienststelle aufsuchen. Die Empfehlung von Stefan Kranz: „Unbedingt das Kennzeichen, die Marke, den Typ, die Farbe sowie den Standort des beschädigten Fahrzeugs notieren!“

Gut beobachtet: Wozu bin ich verpflichtet, wenn ich Zeuge eines Unfalls war?

Gerade in Großstädten scheppert es täglich so oft, dass wohl jeder Verkehrsteilnehmer irgendwann einmal Zeuge eines Unfalls wird. Ist man in diesem Fall eigentlich verpflichtet, auf die Polizei zu warten und sich als Zeuge zur Verfügung zu stellen? „Nein, es besteht keine Zeugenpflicht. Es wird aber jedem empfohlen, sich als Zeuge zur Verfügung zu stellen, wenn er dadurch dazu beitragen kann, den Unfallhergang aufzuklären“, weiß Rechtsexperte Stefan Kranz. In diesem Fall besteht vor Gericht eine Aussagepflicht, es sei denn, der Zeuge kann sich auf das Zeugnisverweigerungsrecht berufen, weil er mit dem Unfallbeteiligten beispielsweise verwandt oder verschwägert ist. Übrigens: Auch ein Zeuge kann sich strafbar machen – wegen unterlassener Hilfeleistung, wie der Anwalt erklärt: „Im Gegensatz zu einer Aussage sind Erste-Hilfe-Maßnahmen keine freiwillige Sache. Hierzu ist jeder verpflichtet, wenn dies erforderlich und zumutbar ist.“

Mit diesen Tipps sind wir für den (Un)Fall der Fälle bestens gewappnet. Natürlich wünsche ich dir, dass sie für dich blanke Theorie bleiben. In diesem Sinne: eine gute und sichere Fahrt.

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Dieser Artikel wurde ursprünglich am 7. Juni 2018 veröffentlicht (Haftungsausschluss).

Unser Partneranwalt

Stefan Kranz

Stefan Kranz

Rechtsanwalt

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Verkehrsrechtsschutz“