Zwei Kinder in der Schule.

Wunschschule, Schulpflicht, Entschuldigung – alles zum Thema Schule

Leben & Freizeit

Meine kleine Nichte freut sich schon seit Wochen auf ihren ersten Schultag. Der Schulranzen ist schon fertig gepackt und auch Wünsche für die Schultüte wurden schon geäußert. Ja, so eine Einschulung ist schon spannend für die Abc-Schützen. Ich wünsche ihr, dass sie diese Freude auch nach dem Schulanfang behält und sie eine schöne Schulzeit vor sich hat.

Denn viele Jungen und Mädchen haben mit Mobbing zu kämpfen. Auch Meinungsdifferenzen bei Notenvergabe und Versetzung sind Alltag. Welche Möglichkeiten haben besorgte Eltern in diesem Fall? Bei vielen beginnt der Ärger auch schon vor der Einschulung bei der Wahl der Schule. Gemeinsam mit Rechtsanwältin Simone Zervos erkläre ich euch, was Schüler, Eltern und Lehrer wissen sollten, damit ein guter Start ins neue Schuljahr gelingt. „Wichtig ist hierbei, dass Schulrecht Ländersache ist“, so die Rechtsexpertin. „In den Bundesländern können also unterschiedliche Regelungen gelten.“ Dennoch sind einige Punkte bundesweit ähnlich geregelt.

Unstimmigkeiten mit Lehrern: Wie können Eltern eingreifen?

Bei der Vergabe von Noten und Versetzungszeugnissen entstehen häufig Meinungsverschiedenheiten zwischen Eltern, Lehrern und Schülern. Meist lässt sich so ein Problem in einem gemeinsamen Gespräch klären. Ist das nicht möglich, können Eltern von minderjährigen Kindern oder auch volljährige Schüler selbst Beschwerde gegen die Entscheidung des Lehrers einlegen. „Geht eine schriftliche Beschwerden ein, entscheidet der Fachlehrer, ob er die Note ändert. Ändert er sie nicht, wird zumindest in einigen Bundesländern die Beschwerde der Schulaufsichtsbehörde zur Entscheidung vorgelegt“, sagt Simone Zervos. Wenn es um Zeugnis- und Abschlussnoten geht, sollte außerdem stets geprüft werden, ob Widerspruch und Klage erhoben werden können.

Unstimmigkeiten gibt es oft auch bei der Wahl der weiterführenden Schule. „In vielen Bundesländern haben die Eltern das Recht, über die Schulform zu entscheiden“, sagt die ROLAND-Partneranwältin. Der Lehrer führt in der Grundschule mit den Eltern zwar Beratungsgespräche, die endgültige Entscheidung über die jeweilige Schule liegt in diesen Bundesländern aber bei den Eltern.

Kann ich selbst entscheiden, auf welche Schule mein Kind geht?

Aber bereits nach dem Kindergarten fragen sich viele Eltern, welches nun die beste Schule für ihr Kind ist. Viele Jahre mussten Eltern ihre Kinder in der nächstgelegenen Schule anmelden. Das ist heute nicht mehr so. „Inzwischen dürfen Eltern mit ihren Kindern selbst entscheiden, ob sie die Schule vor Ort wählen oder lieber weiter fahren. Schüler sind inzwischen nicht mehr an den Schulbezirk gebunden“, so Simone Zervos.

Die Wunschschule nimmt mein Kind nicht auf, was tun?

Aber was ist, wenn die Wunschschule mein Kind nicht nimmt? Schockiert habe ich vor ein paar Monaten mitbekommen, wie eine Kollegin sich 20 weiterführende Schulen für ihre Tochter angeguckt hat, da sich viele Schulen – besonders in Großstädten – ihre Schüler genau angucken. Da wird auf die Noten geschaut, auf besondere Talente und so weiter. Aber was kann ich tun, wenn mein Kind die Aufnahmekriterien nicht erfüllt? „Eltern haben immer die Möglichkeit vor Gericht zu ziehen, wenn ihr Kind keinen Platz an der gewünschten Schule erhält. Hier haben sie allerdings nur Aussicht auf Erfolg, wenn die Schule bei der Platzvergabe Fehler gemacht hat“, so die Rechtsanwältin. Das Problem: Da Schulpolitik Ländersache ist, sind die Vergabekriterien der Schulplätze nicht einheitlich geregelt. Manche Länder vergeben die Plätze zentral, andere wählen die Schüler rein nach dem Notendurchschnitt aus. Angriffsfläche für Juristen bieten weniger objektive Vergabekriterien wie persönliches Engagement.

Wenn du der Ansicht bist, dass dein Kind alle Zugangsvoraussetzungen erfüllt und es hat dennoch keinen Platz bekommen, musst du innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Ablehnung Widerspruch bei der Schulbehörde oder beim Bezirksamt einlegen. Manchmal ist auf der Rechtsbehelfsbelehrung auf dem Ablehnungsbescheid auch eine andere Frist genannt. „Verstreicht die dort genannte Frist, ist der Bescheid rechtskräftig und kann nicht mehr angefochten werden. Das Kind wird dann einer Schule zugeteilt, die noch freie Plätze hat“, so Simone Zervos. Ein Rechtsanwalt kann beim Widerspruch helfen – er hat die Möglichkeit die Akten der betreffenden Schule zu prüfen und den Widerspruch juristisch zu begründen.

Schulpflicht? Ab wann und wie lange muss mein Kind zur Schule gehen?

Aber muss mein Kind eigentlich zwangsläufig zur Schule? In Deutschland muss jedes Kind bis es 18 Jahre alt ist zur Schule gehen. Erstklässler sind beim Schulanfang in der Regel sechs Jahre alt, Stichtag ist hier der 30. September. Eingeschult werden also alle Kinder, die bis zum 30. September sechs werden. Möchten Eltern ihre Kinder schon früher oder später einschulen, da sie besonders weit oder etwas langsamer entwickelt sind, können sie einen Antrag beim Schulamt oder der zuständigen Schule stellen.

Ist das Kind einmal eingeschult, muss es auch dorthin. Denn in Deutschland gibt es eine Schulpflicht. Das aus anderen Ländern bekannte „Homeschooling“, bei dem Eltern oder andere Erzieher die Kinder zu Hause unterrichten, gibt es bei uns nicht.

Anders als viele vielleicht denken, endet die Schulpflicht nicht mit Beendigung der neunten Klasse, sondern erst mit 18 Jahren. „Beenden Schüler nach der neunten oder zehnten Klasse zum Beispiel die Haupt- oder Realschule, sind sie in der Regel noch nicht volljährig. Dann müssen sie eine Ausbildung machen und die Berufsschule besuchen“, erklärt Simone Zervos.

Bußgeld beim „Schwänzen“ – ist das rechtens?

Und was ist, wenn Schüler trotz Pflicht „schwänzen“? Kann die Schule ihnen dann ein Bußgeld aufdrücken? Hier ist Vorsicht geboten: Fehlt ein Schüler unentschuldigt wenige Tage im Unterricht, ist ein Bußgeld als Ordnungsmaßnahme unzulässig. Hier drohen dem Schüler stattdessen Erziehungsmaßnahmen wie Nachholen des versäumten Unterrichts – aber nur nach Vorankündigung – oder ein Klassenbucheintrag. „Generell muss die Schule angemessen handeln: Helfen erzieherische Maßnahmen nicht, darf zu Ordnungsmaßnahmen gegriffen werden. Dies kann je nach Fallhärte einen Verweis, die Überweisung in die Parallelklasse, den Ausschluss vom Unterricht für die Dauer von bis zu drei Monaten oder die Verweisung von der Schule bedeuten“, sagt Simone Zervos. Doch nicht nur dem Kind droht eine Strafe. Auch gegen die Erziehungsberechtigten kann bei Vernachlässigung ihrer elterlichen Pflichten ein Bußgeld erhoben werden.

Entschuldigung für die Schule: Was gilt hier?

Natürlich kann es auch mal vorkommen, dass ein Schüler krank ist und deshalb nicht zur Schule kann. Dann solltest du am besten direkt morgens im Sekretariat anrufen, um dein Kind vom Unterricht abzumelden. Ist dein Kind wieder gesund, gibst du ihm eine schriftliche Entschuldigung mit zur Schule. Darin sollte kurz stehen, warum es verhindert war.

Und was ist, wenn dein Kind aufgrund einer Familienfeier, Beerdigung oder eines Urlaubs fehlt? „Für wichtige persönliche Ereignisse wie eine Beerdigung sollten Eltern die Schule vorab schriftlich um eine Befreiung bitten, meistens beurlauben sie das Kind dann“, erklärt die Rechtsanwältin. Und was ist mit einer langen Auslandsreise? „Hier müssen Eltern auf die Kulanz der Schule hoffen. Denn schreiben sie ihr Kind einfach krank und fahren dann mit ihm in den Urlaub, machen sie sich strafbar.“

Kranke Lehrer: Vertretungsunterricht als Dauerzustand?

Wenn der Lehrer krank wird, bekommen die Schüler in der Regel Vertretungsunterricht. Doch vielen Schulen mangelt es an qualifiziertem Fachpersonal, was oftmals zu Ärger und Unverständnis bei den Eltern führt. „Es gibt bundesweit keine gesetzliche Regelung für die höchstzulässige Anzahl an Vertretungsstunden. Dagegen können Eltern also juristisch nicht vorgehen. Es bleibt ihnen nur, das Gespräch mit der Schule zu suchen“, so Simone Zervos. Die Schule darf jedoch nicht dauerhaft hinter der Personalkapazität anderer vergleichbarer Schulen zurückfallen. Der Regelunterricht muss so sichergestellt werden, dass der Lehrplan für die jeweilige Schulform und Schulstufe eingehalten wird.

Smartphones erobern die Klassenzimmer: erlaubt oder verboten?

Auch in der Schule zählt das Smartphone bei Kindern und Jugendlichen mittlerweile zu den ständigen Begleitern. Bislang gibt es kein generelles Handyverbot an Schulen, die Benutzung des Smartphones im Unterricht ist an vielen schulischen Einrichtungen jedoch verboten. „Wenn der Schüler dennoch zum Handy greift, darf der Lehrer das Gerät einsammeln, muss es aber nach Unterrichtschluss dem Schüler wieder zurückgeben. Der Lehrer darf das Telefon jedoch nicht durchsuchen oder als Beweismittel für mögliche Verstöße gebrauchen“, erklärt Simone Zervos. Vor der ganzen Klasse vorlesen, was der Schüler gerade ins Handy getippt hat, ist also verboten. Das wäre ein Verstoß gegen das Recht auf Privatsphäre.

Bei Klausuren und Prüfungen ist besondere Vorsicht geboten: Jedem Schüler, der in einer Prüfungssituation mit einem Handy erwischt wird, kann ein Täuschungsversuch vorgeworfen werden. Im schlimmsten Fall wird der Schüler dann von der Prüfung ausgeschlossen und diese gilt als nicht bestanden. „Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Gerät ein- oder ausgeschaltet ist“, so die Rechtsexpertin.

Mobbing in der Schule: Wie sehen schnelle Maßnahmen aus?

Hänseleien, Schikanen und Lästereien: Mobbing kann zu einer großen Belastung für Schüler und Eltern werden. Doch was hilft wirklich, wenn das Kind täglich im Unterricht, auf dem Schulhof und beim Sport ausgegrenzt wird? „Im ersten Schritt sollte ein klärendes Gespräch mit einem Vertrauenslehrer stattfinden“, rät Simone Zervos. Darüber hinaus können sich Eltern Hilfe bei bundesweiten Beratungsstellen holen, wie zum Beispiel dem Bundeselternrat oder dem Elterntelefon. Allerdings kann Mobbing in den schlimmsten Fällen auch physische Gewalt bedeuten. „Körperverletzung, Sachbeschädigung, Beleidigung und Nötigung sind strafbare Handlungen, gegen die Eltern rechtlich vorgehen können“, so die Anwältin. Mit Vollendung des 14. Lebensjahrs sind Jugendliche strafmündig und können dann mit einer Strafanzeige rechtlich belangt werden.

Ohne Fahrkarte im Schulbus: Darf der Busfahrer den Schüler rauswerfen?

Wer kennt das nicht: Das Kind hat die Dauerfahrkarte vergessen und wird auf dem Schulweg in Bus oder Bahn kontrolliert. Droht der Rauswurf? Für Kinder bis zu 18 Jahren gilt: Der Schulträger hat die Pflicht zur Beförderung. Minderjährige dürfen darüber hinaus nicht der öffentlichen Verkehrsmittel verwiesen werden. „‚Schwarzfahren’ ganz ohne Fahrschein ist hingegen eine Straftat, die mit Geldstrafe und sogar Freiheitsstrafe geahndet werden kann“, warnt Simone Zervos.

Muss die Schule für alle Schulmittel aufkommen?

Richtig ist, dass in den meisten Bundesländern die Schulmittelfreiheit gilt, nach der Sachmittel, wie etwa Bücher, kostenlos zur Verfügung gestellt werden müssen. Je nach Fall muss die Anschaffung von Lehrmaterial aber auch durch die Eltern erfolgen. Hier ist die Angemessenheit der Kosten maßgeblich. „Die erbetene Summe muss mit dem im freien Handel üblichen Preis vergleichbar sein oder mit den an anderen Schulen anfallenden Kosten“, erklärt die Partneranwältin. Bei der Klassenfahrt gibt es keine gesetzliche Höchstgrenze für die Kosten. Länder und Gemeinden können jedoch Zuschüsse gewähren, die an soziale Komponenten geknüpft sind.

Ob Schulwechsel, Kosten, Aufsichtspflichten oder Bildungsangebot – beim Recht auf Bildung gibt es häufig nur Ermessensgrenzen. „Wer hier in Konflikt mit der Schule gerät, sollte sich über das im jeweiligen Bundesland geltende Schulrecht informieren und juristischen Rat einholen“, rät Simone Zervos.

Wir wünschen allen Erstklässlern einen erfolgreichen Schulstart und allen Schülerinnen und Schülern einen guten Start ins neue Schuljahr!

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Dieser Artikel wurde ursprünglich am 20. August 2018 veröffentlicht (Haftungsausschluss).

Unsere Partneranwältin

Simone Zervos ist als Rechtsanwältin in der Kanzlei Bietmann in Köln und Euskirchen tätig. Sie beschäftigt sich neben Fragen des allgemeinen Zivil- und Vertragsrechts im Schwerpunkt mit Fragestellungen aus den Bereichen Arbeits- und Beamtenrecht sowie Verkehrsrecht. Als überregional tätige Wirtschaftskanzlei erbringt die 1990 gegründete Sozietät Bietmann an neun Standorten Rechtsberatung und Steuerberatung.

Simone Zervos

Simone Zervos

Kanzlei Bietmann

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Privatrechtsschutz“