Rechtswalt Marcus Kaiser beantwortet die folgende Rechtsfrage:
Inhalte zu Erwachsenenadoption
Der Fall
Mein Mann möchte meine Tochter adoptieren, sie ist 38 Jahre alt und wir leben zusammen, seit sie 2 Jahre alt ist. Wenn die Adoption erfolgt, muss meine Tochter dann im Ernstfall für 2 Väter aufkommen, sollten beide zu Pflegefällen werden?
Die Antwort von Rechtsanwalt Marcus Kaiser
Sehr geehrte Fragestellerin,
anhand der vorhandenen Informationen darf ich Ihnen wie folgt antworten:
Vorliegend ist eine sog. Erwachsenenadoption gegeben. Erforderliche Formalien für eine Erwachsenenadoption sind ein Antrag des Annehmenden und zusätzlich auch des Anzunehmenden (§ 1768 BGB). Beide Anträge müssen notariell beurkundet werden und dürfen nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung stehen. Die Zustimmung der leiblichen Eltern beim Volljährigen ist dagegen nicht erforderlich.
Die sogenannte „Flucht in die Adoption“ wegen drohender Unterhaltspflichten gibt es jedoch nicht.
Es können durch die Volljährigenadoption keine möglicherweise drohenden Unterhaltsansprüche leiblicher Eltern beseitigt werden. Wenn die leiblichen Eltern unterhaltsbedürftig werden, beispielsweise aufgrund einer Pflegebedürftigkeit, kann das als Erwachsener adoptierte Kind immer noch herangezogen werden. Umgekehrt droht zusätzlich das Risiko der Unterhaltspflicht gegenüber den Adoptiveltern, wenn diese im Alter beispielsweise Pflegefall werden.
Der Adoptierte ist bei entsprechendem Unterhaltsbedarf zu Unterhaltszahlungen an die leiblichen und an die annehmenden Eltern verpflichtet.
Insoweit ist es in diesen Fällen umso wichtiger den Umstand zu prüfen, ob überhaupt eine Unterhaltspflicht gegeben ist.
Grundsätzlich sind Kinder zum Elternunterhalt verpflichtet. Soweit die eigenen Vermögenswerte der Eltern und Leistungen aus den gesetzlichen und privaten Pflegeversicherung nicht ausreichen, um die Kosten für einen Heimplatz zu zahlen, übernimmt zunächst der Sozialhilfeträger diese Kosten. Den möglichen Anspruch auf Elternunterhalt macht der Sozialhilfeträger gegenüber den Kindern geltend. Eine Unterhaltspflicht besteht aber nur dann, wenn die Kinder dadurch nicht ihren eigenen Lebensunterhalt und den ihrer Familie in Gefahr bringen. Grundsätzlich gilt, dass Unterhaltszahlungen für die Eltern nicht zu einer nachhaltigen Verschlechterung des Lebensstandards bei den Kindern führen.
Bei der Berechnung des möglichen Elternunterhalts steht den Kindern immer ein sogenannter Selbstbehalt zu. Die Höhe des Selbstbehaltes hängt von vielen Faktoren ab und muss für jeden Einzelfall gesondert berechnet werden.
Der Mindestselbstbehalt liegt derzeit bei 1.800 Euro.
Maßgeblich bei der Berechnung des Unterhaltsanspruches sind sog. Altersvorsorgeaufwendungen.
Laufende Zahlungen, die einer zusätzlichen Altersvorsorge dienen, wie etwa Beiträge zu einer Lebensversicherung oder einer privaten Rentenversicherung, werden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 07.08.2013, Az. XII ZB 269/12) bis zu einer Höhe von fünf Prozent des Jahresbruttoeinkommens des Unterhaltspflichtigen als abzugsfähig anerkannt. Auch Tilgungsleistungen auf ein Immobiliendarlehen werden grundsätzlich als Altersvorsorge anerkannt, allerdings ebenfalls insgesamt nur bis zur Grenze von fünf Prozent des Bruttoeinkommens.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 07.08.2013, Az. XII ZB 269/12) muss ein unterhaltspflichtiges Kind grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens für den Elternunterhalt einsetzen. Hierbei darf allerdings der eigene Unterhalt nicht gefährdet werden.
Grundsätzlich besteht die Unterhaltspflicht auch dann, wenn die Beziehung zwischen Unterhaltsbedürftigem und -verpflichtetem gestört ist oder seit langem kein Kontakt mehr besteht. Nur in seltenen Ausnahmefällen entfällt die Unterhaltsverpflichtung gemäß § 1611 BGB, so zum Beispiel, wenn der Bedürftige seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt hat und dessen Inanspruchnahme grob unbillig wäre.
Ich hoffe, ich konnte mit diesen ersten Informationen behilflich sein.
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 27. Juni 2019 veröffentlicht (Haftungsausschluss).
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Rechtsanwalt Marcus Kaiser ist Gründer und Inhaber der bundesweit tätigen Kanzlei Kaiser & Kollegen Rechtsanwälte. Die Kanzlei hat ihren Hauptsitz in Mannheim und unterhält daneben Niederlassungen in Hamburg, München, Bensheim a.d. Bergstraße, Wiesloch und Lorsch. Rechtsanwalt Marcus Kaiser ist hauptsächlich auf den Gebieten des Schadensersatz- und Haftpflichtrechts sowie des Unternehmens- und Wirtschaftsrechts tätig. In diesen Bereichen betreut die Kanzlei Kaiser & Kollegen Rechtsanwälte zahlreiche Verbände, Vereinigungen, Autohausgruppen und einzelne KFZ-Betriebe bundesweit. Die Kanzlei Kaiser & Kollegen Rechtsanwälte bietet mit derzeit 15 Anwälten, darunter auch Fachanwälte und Mediatoren, kompetenten Rechtsbeistand in einer Vielzahl an weiteren Rechtsgebieten. Maßgeblich zu nennen sind hier das Arbeitsrecht, das Strafrecht und das Erbrecht.
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