Autofahrer angeschnallt

Alle Fakten zu Anschnallpflicht & Gurtpflicht

Reisen & Verkehr

Wer im Physikunterricht aufgepasst hat, weiß, dass ein Aufprall selbst bei niedriger Geschwindigkeit schwere Schäden anrichten kann. Wird der Aufprall durch einen Verkehrsunfall verursacht, kann es sogar lebensgefährlich sein, da sowohl Fahrer als auch Mitfahrer durch das Fahrzeug geschleudert werden können.

Aus diesem Grund wurde die Anschnallpflicht eingeführt: Denn der Gesetzgeber verfolgt mit der gesetzlichen Vorschrift das Ziel, das Leben eines jeden Verkehrsteilnehmers zu retten.

„Den Sicherheitsgurt gibt es bereits seit Ende der 50er Jahre. Aber bis in die 70er Jahre hinein schnallten sich gerade einmal 5 Prozent der Menschen an, wenn sie mit ihrem Auto in der Stadt unterwegs waren“, erläutert Anwalt Henrik Momberger.

Du fragst dich gerade, ob du dich heute überhaupt anschnallen würdest, wenn es keine Gurtpflicht gäbe? Vielleicht wurde ja auch dein Leben schon gerettet, da du mittlerweile gezwungen bist, bei jeder Fahrt den Gurt anzulegen.

In diesem Artikel geben wir Auskunft darüber, wer alles von der Anschnallpflicht betroffen ist und wann man davon befreit sein kann. Außerdem werfen wir einen Blick auf drohende Bußgelder und gehen der Frage nach, ob man auch Hunde und Katzen anschnallen muss.

Seit wann gibt es die Anschnallpflicht in Deutschland?

Die Anschnallpflicht in Deutschland gibt es seit 1974. Wie erwähnt, gab es zwar in gut einem Drittel der Pkws bereits Sicherheitsgurte, allerdings wurden sie meist nicht angelegt. Da man im Jahr 1971 mit über 21.000 Verkehrstoten einen traurigen Rekord verzeichnen musste, sah sich der Gesetzgeber gezwungen, aus Sicherheitsgründen neue Rechtsvorschriften zu erlassen. Mit der Gurtpflicht wurde es in Deutschland sicherer auf den Straßen. Über die Jahre konnte die Zahl der Verkehrstoten immer weiter reduziert werden. 2021 meldete das Statistische Bundesamt noch 2.724 tödlich Verunglückte bei Straßenverkehrsunfällen.

Die Anschnallpflicht für Beifahrer auf den hinteren Plätzen wurde dagegen erst 1984 eingeführt. Beide Vorschriften galten jedoch vorerst nur für erwachsene Verkehrsteilnehmer. Von der Anschnallpflicht gibt es allerdings auch Ausnahmen, auf die wir weiter unten im Artikel noch eingehen werden.

Anwalt Henrik Momberger zur Gurtpflicht: „Experten gehen davon aus, dass ein Großteil der Verkehrstoten beim Tragen eines Sicherheitsgurtes überlebt hätte. Daher sollte man sich immer anschnallen, um im Falle eines Unfalls verheerende Folgen für Leib und Leben zu vermeiden.“

Wie hoch ist das Bußgeld für Fahren ohne Gurt?

Die gesetzlichen Vorschriften sind eindeutig: Wenn du nicht angeschnallt bist, bekommst du ein Bußgeld aufgebrummt. Das Bußgeld bei nicht befolgter Anschnallpflicht beträgt aktuell 30 Euro. Sind Kinder dabei, musst du sogar noch etwas tiefer in die Tasche greifen. Ein Kind ohne Sicherung im Auto kostet dich dann 60 Euro plus einen Punkt in Flensburg. Sind gleich mehrere Kinder im Spiel, erhöht sich das Bußgeld auf 70 Euro.

Mit der Missachtung der Gurtpflicht hast du eine Ordnungswidrigkeit begangen. Bist du der Meinung, dass das Bußgeld nicht berechtigt erhoben wurde, kannst du Einspruch einlegen. In dem Fall wird die Bußgeldbehörde den Fall erneut prüfen. Liegen Messfehler, sogenannte Härtefälle oder inhaltliche Fehler im Bescheid vor, kann der Einspruch durchaus erfolgreich sein.

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Verstoß gegen die Anschnallpflicht: Wer zahlt?

Wenn du es dir auf dem Beifahrersitz bequem gemacht hast, ohne den Gurt anzulegen, kannst du dich in punkto Verantwortlichkeit nicht auf den Fahrer verlassen. Er ist für dich nicht verantwortlich. Somit kommt es für dich als Erwachsenen nicht auf die genaue Sitzposition an. Das bedeutet, dass das Bußgeld bei nicht befolgter Gurtpflicht immer derjenige zahlen muss, der sich nicht angeschnallt hat.

Bei Kindern liegt der Fall natürlich anders: Hier sind die die Eltern dafür verantwortlich, dass die Kinder ausreichend und vorschriftsgemäß geschützt sind. Demzufolge haften auch die Eltern selbst und werden zur Kasse gebeten. Nach Urteil des OLG Hamm gilt dies auch dann, wenn sich deine 4-jährige Tochter während der Fahrt abschnallt!

Wann besteht keine Anschnallpflicht?

Wie bei vielen Rechtsvorschriften gibt es auch bei der Anschnallpflicht die Möglichkeit, sich befreien zu lassen. Die Ausnahmen der Gurtpflicht sind jedoch selten und auch dann nur unter strengen Bedingungen erlaubt. Zum einen können gesundheitliche Gründe dagegensprechen.

„In diesen Fällen ist ein ärztliches Attest vorzulegen, welches eindeutig belegt, dass die Befreiung von der Anschnallpflicht zu erteilen ist“, erläutert Anwalt Henrik Momberger.

Von der Gurtpflicht gemäß der StVO existieren noch weitere Ausnahmen:

  • Wer wie Paketzusteller öfter ein- und aussteigen muss, kann beim sogenannten Haus-zu-Haus-Verkehr ebenfalls von der Anschnallpflicht befreit werden.
  • Wenn du nur kurz rückwärtsfährst oder auf dem Parkplatz eine freie Stelle suchst, musst du keinen Gurt tragen.
  • In Kraftomnibussen ist das gesamte Betriebspersonal von der Anschnallpflicht befreit.
  • Zudem gibt es eine Befreiung der Anschnallpflicht in Bussen, in denen die Beförderung von stehenden Fahrgästen erlaubt ist.
  • Schwangere können dann zeitlich begrenzt von der Gurtpflicht befreit sein, wenn ein ärztliches Attest bescheinigt, dass der Gurt dem Baby schaden könnte.

Gilt die Anschnallpflicht auch für Kinder?

Vorsicht: Hier wird oft irrtümlich von einer Befreiung angegangen! Da aber die Eltern für ihre Kinder haften, gilt die Anschnallpflicht konsequenterweise auch für Kinder. Kinder sind demnach nicht von der Gurtpflicht befreit. Da Kleinkinder besonders schützenswert sind, gilt darüber hinaus, dass sie bis zum Alter von zwölf Jahren bzw. bis zu einer Körpergröße von 150 cm in einem speziellen Kindersitz zu befördern sind.

Bei einem Verstoß hiergegen drohen folgende Bußgelder:

  • Dein Kind ist nicht angeschnallt: 30 Euro
  • Bei mehreren Kindern: 35 Euro
  • Kind fährt gänzlich ohne Sicherung im Auto mit: 60 Euro
  • Mehrere Kinder ohne Sicherung: 70 Euro

Anschnallpflicht in Bussen: Es kommt darauf an

Bei der Gurtpflicht in Bussen müssen wir zwischen Linienbussen und Reisebussen unterscheiden. Bei Linienbussen werden meist auch stehende Fahrgäste transportiert. Infolgedessen herrscht in Linien- bzw. Kombibussen keine Anschnallpflicht, auch für die sitzenden Fahrgäste nicht.

Bei Reisebussen verhält es sich ein wenig anders. Die Anschnallpflicht ist im Reisebus unbedingt einzuhalten. Es sei denn, du hast eine vielleicht günstigere Reise in einem etwas veralteten Bus mit einer Zulassung vor dem 01.10.1999 gebucht. In diesem Fall kommst du nicht nur billig weg, sondern du musst auch keinen Sicherheitsgurt anlegen. In allen anderen Reisebussen besteht die Anschnallpflicht, denn: „Gemäß Paragraph 35a StVO müssen hier Gurte vorhanden sein“, so Anwalt Henrik Momberger. Ausnahmen bestehen für das Servicepersonal – oder wenn du zur Toilette musst.

Gilt die Anschnallpflicht für Taxifahrer ebenfalls?

Ja. Auch hier gilt der allgemeine Grundsatz, dass sich alle mitreisenden Erwachsenen im Taxi anschnallen müssen. Dies gilt im Übrigen für den Fahrgast als auch für den Taxifahrer selbst. Dieser darf dich bei nicht ordnungsgemäßem Tragen des Gurtes sogar aus dem Taxi werfen oder zumindest so lange stehenbleiben, bis du einsichtig geworden bist. Die Anschnallpflicht für den Taxifahrer selbst besteht seit Oktober 2014.

„Früher durften Taxifahrer ohne Sicherheitsgurt fahren, damit sie im Fall eines Überfalls leichter flüchten können“, erklärt Anwalt Henrik Momberger. Heute gilt jedoch die Anschnallpflicht rund ums Taxi.

Gibt es eine Anschnallpflicht im Wohnmobil?

Wohnmobile gelten wie Camper oder sonstige Reisemobile als Fahrzeuge mit Wohnbereich. Nach Paragraph 21a StVO gilt die Anschnallpflicht unter Anwendung eines Dreipunktgurtes auch im Wohnmobil. So lauten zumindest die Bestimmungen für den vorderen Teil des Wohnmobils.

Im hinteren Teil des Wohnmobils verhält es sich ähnlich wie bei Reisebussen. Denn, wenn du mit einem Wohnmobil unterwegs bist, das vor Oktober 1999 zugelassen wurde, gilt zwar ebenfalls die Gurtpflicht im Wohnmobil. Allerdings genügen hier sogenannte Beckengurte, um den Rechtsvorschriften des Paragraphen 35a StVO gerecht zu werden, sofern die zulässige Gesamtmasse mehr als 2,5 Tonnen beträgt.

In ganz alten Modellen mit Zulassung vor 1992, die über keinen Gurt verfügen, muss auch die Anschnallpflicht nicht beachtet werden.

Wie sieht es mit der Anschnallpflicht bei LKW, Traktoren oder Gabelstaplern aus?

Auch LKW sind von der Anschnallpflicht nicht befreit. Oder anders ausgedrückt: LKW-Fahrer werden ebenfalls geschützt und müssen seit 1992 in neuen Modellen der Gurtpflicht nachkommen. Somit wurde die Anschnallpflicht für LKW erst sehr viel später eingeführt. Dabei gilt grundsätzlich: Sind Gurte eingebaut, so besteht automatisch Anschnallpflicht.

Die Anschnallpflicht für Gabelstapler sieht vor, dass Gabelstapler ein Rückhaltesystem z. B. in Form eines Beckengurtes oder eines Fahrersitzbügels vorweisen müssen.

Gleiches gilt beim Bedienen eines Traktors. Um ein Bußgeld zu verhindern, sollte der Traktorführer unbedingt einen Gurt tragen.

Henrik Momberger führt hierzu aus: „Der Überrollschutz eines Traktors kann beim Sturz des Fahrzeugs Leben retten, vorausgesetzt man hat einen Beckengurt angelegt und wurde nicht aus der Kabine geschleudert. Daher ist der Beckengurt ab Baujahr 2018 Pflicht.“

Gibt es eine Anschnallpflicht für Hunde oder Katzen?

Selbstverständlich sind wir auch beim Transport unserer Vierbeiner um deren Wohl besorgt. Allerdings besteht für Hunde und Katzen keine Anschnallpflicht. Tiere werden als Ladung betrachtet und sind dementsprechend nach den Vorschriften der Ladungssicherung zu transportieren. Hierfür eignen sich beispielsweise Schutzgitter, Transportboxen oder spezielles Haltegeschirr. Sogar Bußgelder drohen. Sicherst du deinen Hund nicht ordnungsgemäß im Auto ab, drohen dir Bußgelder zwischen 30 und 75 Euro. Selbst Punkte in Flensburg sind möglich, wenn andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden. Ähnliches gilt für Reisen mit einem Tier ins Ausland. Die Anschnallpflicht für Hunde gibt es beispielsweise auch in Frankreich nicht. Jedoch sollte man selbst bei kürzeren Fahrten den Hund mit den beschriebenen Maßnahmen im Pkw sichern.

Willst du dich gegen das Bußgeld wehren, so kannst du dich in dem dir vor dem Bußgeldbescheid ausgehändigten Anhörungsbogen dazu erklären. Ansonsten ist der frühzeitig eingeholte Rat eines Rechtsanwalts immer der beste Weg, um auf der rechtssicheren Seite zu stehen.

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Dieser Artikel wurde ursprünglich am 16. September 2021 veröffentlicht (Haftungsausschluss).

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Rechtsanwalt Henrik Momberger von der Kanzlei Momberger Rechtsanwälte ist laut Focus Spezial einer der "Top Anwälte Deutschlands im Verkehrsrecht". Er ist als Fachanwalt für Verkehrsrecht ein ausgewiesener Spezialist auf seinem Gebiet und ROLAND Partneranwalt.

Henrik Momberger

Henrik Momberger

Kanzlei Momberger Rechtsanwälte

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Verkehrsrechtsschutz“