Auto mit Totalschaden nach einem Auffahrunfall.

Auffahrunfall: Wer hat Schuld?

Reisen & Verkehr

Der erste Schock ist meistens groß und viele wissen nicht, was man bei einem Auffahrunfall tun soll. Die wichtigste Regel: Ruhe bewahren und einen Streit mit den Beteiligten vermeiden, denn Panik und Auseinandersetzungen machen die Situation nicht besser.

Bei einem Unfall im Straßenverkehr gibt es immer gewisse Punkte, an denen du dich orientieren solltest:

  • Warnblinklicht anstellen, Warnweste anziehen und Unfallstelle absichern
  • Erste Hilfe leisten und Polizei und ggf. Notruf wählen

Auffahrunfall – was tun?

„Bei einem Auffahrunfall ohne Personenschäden muss nicht unbedingt die Polizei gerufen werden. Allerdings kann das Einbeziehen der Polizei spätere Unstimmigkeiten vermeiden, da dann der Unfall vollständig dokumentiert ist. Mit Personenschaden ist das Einbeziehen der Polizei zwingend erforderlich.“, erklärt Rechtsanwalt Henning Meyersrenken aus der Kanzlei Meyersrenken & Rheingantz, Köln, Leipzig, Schwedt.

Die Beteiligten sollten auch immer Ihre Daten wie Name und Adresse austauschen und die Kennzeichen der unfallbeteiligten Fahrzeuge notieren, ob mit oder ohne Polizei. Diese Daten benötigt nämlich die Versicherung. Hilfreich sind auch Fotos vom Unfallort und möglichen Schäden am Fahrzeug.

Auffahrunfall: Wer ist schuld?

Wie verhält es sich denn bei einem Auffahrunfall mit der Schuldfrage? Zunächst gilt der Anscheinsbeweis d.h. der Auffahrende trägt die Schuld, da davon ausgegangen wird, dass der erforderliche Sicherheitsabstand zum Vorfahrer nicht eingehalten wurde, die Fahrgeschwindigkeit nicht angepasst wurde und der Fahrer möglicherweise unaufmerksam oder abgelenkt war.

„Richtig ist, dass derjenige, der auf das vorausfahrende Fahrzeug auffährt, in der Regel mindestens eine Mitschuld am Unfall trägt. Denn: Der Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug sollte so groß sein, dass man noch rechtzeitig bremsen kann. Vor Gericht gilt deshalb die Vermutung, dass der Auffahrende den Unfall verursacht hat“, so Rechtsanwalt Henning Meyersrenken.

Anders verhält es sich allerdings, wenn der Vorfahrer ohne triftigen Grund plötzlich abgebremst hat, vorausgesetzt der Auffahrende kann dies beweisen. Dort wird meist im Einzelfall entschieden – der Hintermann könnte auch bei einer plötzlichen Vollbremsung des Vorfahrers eine Mitschuld tragen, da dann meist nicht der Sicherheitsabstand eingehalten wurde. „Ist der Auffahrende der Meinung, dass er unschuldig ist, muss er – etwa durch ein Sachverständigengutachten – beweisen, dass der Vorausfahrende ohne triftigen Grund eine plötzliche Vollbremsung gemacht hat, sog. unmotiviertes Bremsen.“, ergänzt Rechtsanwalt Meyersrenken. Falls die Bremslichter der Vordermann defekt waren, kann die Haftung des Auffahrenden vermindert oder ggf. sogar ausgeschlossen werden.

Stellt sich nur noch die Frage, was vor Gericht als triftiger Grund für eine Vollbremsung anerkannt wird und was nicht? „Wenn eine akute Gefahr für Leib oder Leben des Fahrers oder eines Dritten besteht, dann ist eine Vollbremsung gerechtfertigt“, erklärt Rechtsanwalt Henning Meyersrenken. Rennt also ein spielendes Kind auf die Straße , so haftet der bremsende Vordermann bei einem Auffahrunfall nicht.

Wenn die Sachlage unklar ist, kann es sinnvoll sein, einen Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen. Eine Rechtsschutzversicherung übernimmt die Kosten für die Beratung und kann auch im Falle eines Gerichtsprozesses die Gerichtskosten übernehmen.

Auffahrunfall an der Ampel

Wenn der Vordermann abbremst, weil die Ampel von grün auf gelb springt und der Hintermann auffährt, muss er den gesamten Schaden alleine tragen, da in dieser Situation mit einem Abbremsen zurechnen war.

Wenn der Vordermann bei einer roten Ampel auf einmal ohne Grund zurücksetzt und dir auffährt, trägt der Vordermann die Schuld. Hier bitte auch bedenken, dass das Zurücksetzen nachweisbar sein muss. Manchmal liegt bei solch einem Fall sogar Versicherungsbetrug vor und das ist strafbar! Ein Betrug kann mit einer Freiheitsstrafe oder mit einer Geldstrafe geahndet werden.

Auffahrunfall wegen Tieren auf der Straße

Wer für einen Igel, einen Hasen oder einen Frosch bremst und dadurch einen Auffahrunfall verursacht, muss in der Regel zumindest einen Teil des Schadens selbst tragen.

Auffahrunfall in der Probezeit

Hier gilt auch zunächst zu klären, wer die Schuld für den Unfall trägt. Hat der Fahranfänger den Mindestbestand missachtet, muss der Fahranfänger mit einer Verlängerung der Probezeit um zwei Jahre rechnen. Hinzu kommt die Anordnung eines Aufbauseminars für Fahranfänger. Kommt der Fahranfänger der Anordnung nicht nach, droht sogar der Entzug des Führerscheins. Die Missachtung des Mindestabstandes zählt nämlich zu den sogenannten A-Verstößen.

Auffahrunfall mit Personenschaden – welche Strafen drohen?

Bei einem Unfall mit Personenschaden droht eine Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung. „Nach §229 StGB kann eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe auf den Schuldigen zukommen“, erklärt Rechtsanwalt Meyersrenken. Eine Rechtsberatung bzw. Verteidigung kann hier auch sinnvoll sein – denn der Verletzte muss gänzlich beweisen, dass die Verletzungen erst durch den Unfall entstanden sind.

Welche Bußgelder können auf mich zukommen?

Unter gewissen Umständen und je nach Einzelfall kann ein Auffahrunfall ein Bußgeld nach sich ziehen. In unserem Bußgeldkatalog findest du, welche Sanktionen auf dich zu kommen könnten.

Schmerzensgelder – wie hoch sind die Kosten?

Neben einer Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung kann auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld erhoben werden. „Bei einem Schmerzensgeld handelt es sich um eine Entschädigung die bezüglich der Schmerzen im Zusammenhang mit den Verletzungen als Ausgleich dienen soll. Dieser Anspruch kann aufgrund §253 BGB geltend gemacht werden“, erläutert Rechtsanwalt Henning Meyersrenken.

Allerdings muss man beachten, bei welchen Verletzungen wirklich Anspruch besteht. Wir haben dir eine Auflistung bereitgestellt:

  • Verstauchungen der Halswirbelsäule
  • Zerrungen und Bänderrisse die die Lebensqualität langfristig beeinträchtigen
  • Schleudertrauma (Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Kopfschmerzen etc.)
  • Ggf. Tinnitus, Sprach- und Konzentrationsstörungen

Je nach Schweregrad der Verletzung fällt dann die Höhe des Schmerzensgeldes aus. Einfache HWS Schäden liegen bei 500 bis 1.200 Euro. Bei langfristigen Schmerzen, die zur Arbeitsunfähigkeit führen können oder die Lebensqualität dauerhaft beeinträchtigen können sogar Kosten in Höhe von 10.000 Euro auf dich zukommen.

Über die tatsächliche Höhe des Schmerzensgeldes wird immer im Einzelfall entschieden. Es gibt allerdings einige Gerichtsentscheidungen, die einen Richtwert für die Kosten aufzeigen. Das Schmerzensgeld kann der Verletzten direkt von der Haftpflichtversicherung des Verursachers verlangen.

VerletzungRichtwert Schmerzensgeld
Schleudertrauma mit temporärer Arbeitsunfähigkeit 500 Euro
beschädigte Wirbelsäule1000 Euro
HWS-Syndrom mit Schleudertrauma1300 Euro
leichte HWS-Verletzung2300 Euro
HWS-Syndrom mit Schleudertrauma7700 Euro

Weitere Beispiele der Schmerzensgeldhöhe findest du hier.

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Dieser Artikel wurde ursprünglich am 19. Mai 2017 veröffentlicht und am 11. Mai 2022 aktualisiert (Haftungsausschluss).

Unser Partneranwalt

Henning Meyersrenken ist Seniorpartner der Kanzlei Meyersrenken & Rheingantz. Die Kanzlei hat ihren Hauptsitz in Köln und unterhält Niederlassungen in Leipzig und Schwedt. Rechtsanwalt Henning Meyersrenken selbst ist hauptsächlich auf den Gebieten des Zivilrechts tätig. Speziell im Vertragsrecht berät und vertritt er Mandanten bundesweit unter anderen in Fragen betreffend Kaufverträge, Mietverträge, Gesellschaftsverträge, bei Vertragsstörungen jeder Art, bei der Gestaltung von Verträgen etc. Die Kanzlei Meyersrenken & Rheingantz bietet mit derzeit acht Anwälten und Fachanwälten kompetenten Rechtsbeistand in einer Vielzahl weiterer Rechtsgebiete, darunter auch in den Bereichen Arbeitsrecht, Verkehrsrecht, Familienrecht, Bau- und Architektenrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht.

Henning Meyersrenken

Henning Meyersrenken

Kanzlei Meyersrenken & Rheingantz

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Verkehrsrechtsschutz“