Neue Möglichkeiten für Arbeitnehmer durch Brückenteilzeit.

"Brückenteilzeit": Das sieht das neue Gesetz vor

Karriere & Beruf

Ab 2019 haben deutsche Arbeitnehmer mit Einführung des sogenannten Modells „Brückenteilzeit“ das Recht, ihre Arbeitszeit ohne Anlass und Gründe zu reduzieren und nach einem im Voraus bestimmten Zeitraum von einem bis zu fünf Jahren wieder zu ihrer bisherigen Arbeitszeit zurückzukehren.

Das Gesetz selbst bezeichnet den Anspruch als „zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit“. Hiermit soll ein wichtiges arbeits-, gleichstellungs- und familienpolitisches Anliegen eingesetzt werden, dass Arbeitnehmer freiwillig in Teilzeit arbeiten können, aber nicht unfreiwillig in Teilzeitarbeit verbleiben müssen.

Die sogenannte “Brückenteilzeit” bedeutet, dass der Arbeitnehmer danach wieder Anspruch auf seine Vollzeitstelle hat. Allerdings gilt das nur für Unternehmen mit mehr als 45 Mitarbeitern. Was das neue Gesetz darüber hinaus bedeutet und welche Voraussetzungen und Regelungen es gibt, hat mir ROLAND-Partneranwalt Frank Preidel von der Kanzlei Preidel verraten.

Was bedeutet die neue Brückenteilzeit?

Bisher gab es vier verschiedene Teilzeitmöglichkeiten für Arbeitnehmer: Die Elternzeit, die Pflegezeit, die Familienpflegezeit und die Altersteilzeit. Bei den ersten drei Varianten hat man einen Anspruch darauf, in Vollzeit zurückzukehren. “Bei der Teilzeit, die im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geregelt wird, war das bisher nicht der Fall”, erklärt Rechtsanwalt Frank Preidel. “Wer danach wieder seine volle Stelle zurückhaben wollte, war auf die Kulanz seines Arbeitgebers angewiesen.”

Das ändert sich ab dem 1. Januar 2019. Der Bundestag hat dem Vorschlag der Bundesregierung zugestimmt, dass jeder künftig das Recht hat, nach der Teilzeitarbeit wieder zu seiner ursprünglich vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zurückzukehren (neu: Paragraph 9a TzBfG).

Brückenteilzeit: Übersicht der Teilzeitmöglichkeiten.

Wer kann Brückenteilzeit in Anspruch nehmen?

Den gesetzlichen Anspruch auf die begrenzte Teilzeit hat:

  • wer in einem Unternehmen mit mehr als 45 Mitarbeitern arbeitet
  • wer dort seit mindestens sechs Monaten angestellt ist
  • wer den Teilzeitvertrag ab dem 1. Januar 2019 abschließt

Das heißt konkret: “Die Regelung gilt nicht für kleine Unternehmen mit weniger als 45 Angestellten. Mittelständische Betriebe mit 46 bis 200 Angestellten müssen den Anspruch nur einem von 15 Mitarbeitern gewähren”, so der Rechtsanwalt. Das ist auch der Kritikpunkt an der Neuerung: Wollte der Gesetzgeber damit eigentlich etwas gegen die sogenannte “Teilzeitfalle” tun, von der insbesondere Frauen betroffen sind, greift das Gesetz für viele Frauen nicht. Laut Bundesregierung sind von den insgesamt 5,1 Millionen teilzeitbeschäftigten Müttern in Deutschland gut 3,1 Millionen in einem Betrieb mit weniger als 50 Mitarbeitern tätig. Damit ist es für fast zwei Drittel aller erwerbstätigen Mütter nicht möglich, Brückenteilzeit in Anspruch zu nehmen.

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Wie kann man die Brückenteilzeit beantragen?

“Wer ab kommendem Jahr die neue Regelung nutzen will, sollte seinem Vorgesetzten mindestens drei Monate in Textform, also auch per E-Mail möglich, vorher mitteilen, dass er die Arbeitszeit verringern möchte”, sagt Frank Preidel. “Während der zeitlich befristeten Teilzeit haben Sie keinen Anspruch auf eine weitere Verringerung oder Verlängerung der Arbeitszeit oder Rückkehr in die Vollzeit.” Arbeitnehmer können frühestens ein Jahr nach dem Ende der Brückenteilzeit eine erneute Verringerung der Arbeitszeit verlangen.

Das sind die Fakten:

Wie funktioniert die Brückenteilzeit?

Falls der Arbeitgeber bis einen Monat vor dem gewünschten Start nicht schriftlich widersprochen hat, gilt der Antrag als genehmigt. Es gibt bestimmte Gründe, aus denen dein Arbeitgeber die Brückenteilzeit ablehnen kann:

  • Betriebliche Gründe, wenn das Unternehmen beispielsweise erklärt, dass sich die festen Produktionsabläufe in der Fabrik mit Teilzeitkräften nur schwer organisieren lassen oder dadurch hohe Mehrkosten drohen, oder Teilzeitwünsche anderer Teilzeitbeschäftigter einer Verlängerung der Arbeitszeit des Arbeitnehmers entgegenstehen. Wird der Antrag aus so einem Grund abgelehnt, gilt eine Frist von zwei Jahren, nach der man erneut anfragen darf. Der Arbeitgeber ist für das Vorliegen dieser Voraussetzungen beweisbelastet.
  • Ein Betrieb mit 46 bis 200 Mitarbeitern beruft sich auf die sogenannte Zumutbarkeitsgrenze. Unternehmen dieser Größe müssen pro 15 Mitarbeiter nur einem Mitarbeiter das Rückkehrrecht in Vollzeit gewähren.Hat der Arbeitgeber den Antrag auf Brückenteilzeit unter Verweis auf die Zumutbarkeitsgrenze abgelehnt, müssen Arbeitnehmer ebenfalls ein Jahr warten, bevor der Antrag erneut gestellt werden kann.
  • Die beantragte Teilzeit unterschreitet ein Jahr oder überschreitet fünf Jahre, sofern es keine tariflich geregelte Ausnahme für ihren Betrieb gibt.

Was kann man tun, wenn der Antrag auf Brückenteilzeit abgelehnt wurde?

Zuerst einmal ist neu, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, den Teilzeitwunsch mit ihren Arbeitnehmern zu erörtern. Zur Durchsetzung des Anspruches auf Brückenteilzeit steht Arbeitnehmern der Rechtsweg über eine Klage beim Arbeitsgericht offen.

Was gilt, wenn man vorher bereits Teilzeit hatte?

Auch wenn du bereits einen Teilzeitjob hast, kannst du die Brückenteilzeit nutzen und befristet deine wöchentliche Arbeitszeit nochmals verringern. Das Prozedere ist wie oben beschrieben. Nach der vereinbarten Phase arbeitest du wieder die gleiche Stundenzahl wie vorher.

Was ist, wenn man die Brückenteilzeit früher als vereinbart beenden will?

Rechtsanwalt Frank Preidel erklärt: “Der Arbeitnehmer hat während der Brückenteilzeit keinen Anspruch darauf, seine Arbeitszeit zu verlängern oder zu verkürzen oder frühzeitig zur vorherigen Arbeitszeit zurückzukehren.” Solltest du diesen Wunsch haben, bist du auf die Kulanz deines Arbeitgebers angewiesen.

Fazit: Ob du für eine gewisse Zeit mehr Freiraum für die Betreuung deiner Kinder, für eine Weiterbildung oder ein Ehrenamt benötigst: Die Gründe für eine Verringerung der Arbeitszeit sind vielfältig. Bevor man sich dafür entscheidet, sollte man in jedem Fall genau nachrechnen, welche finanziellen Konsequenzen die Teilzeit hat – ob befristet oder dauerhaft. Einen ersten Hinweis gibt dir ein Teilzeitrechner.

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Dieser Artikel wurde ursprünglich am 11. Dezember 2018 veröffentlicht (Haftungsausschluss).

Unser Partneranwalt

Als Fachanwalt für Arbeitsrecht kennt sich Frank Preidel bestens mit Rechtsfällen rund ums Berufsleben aus. Seit 2005 ist der ROLAND-Partneranwalt als selbstständiger Rechtsanwalt tätig und gründete 2007 mit Frau Rechtsanwältin Christine Burmester die Kanzlei Preidel . Burmester in Hannover. Die Kanzlei betreibt mittlerweile drei weitere Zweigstellen. Frank Preidel ist übrigens darüber hinaus ausgebildeter Mediator.

Frank Preidel

Frank Preidel

Kanzlei Preidel . Burmester

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Arbeits- und Berufsrechtsschutz“