Modellhaus steht auf Blaupause. Daneben liegt eine Lupe und dahinter ein Sparschwein.

Erbbaurecht: Wissenswertes im Überblick

Haus & Mieten

Grundstücke sind auf dem Immobilienmarkt hart umkämpft und die Preise nahezu unbezahlbar. Dadurch scheint der Traum von den eigenen vier Wänden für viele unerreichbar. Aber wie wäre es denn, ein Haus auf einem Grundstück zu bauen, ohne es zu kaufen? Was merkwürdig klingt, ist rechtlich in Deutschland möglich. Das Konstrukt heißt Erbbaurecht.

Lies weiter und erfahre, was Erbbaurecht genau ist und was es mit dem Erbbauzins auf sich hat. Wir erklären dir gemeinsam mit Rechtsanwalt Björn Bachirt von der Kanzlei Bietmann Rechtsanwälte Steuerberater PartmbB, ob du ein Grundstück mit Erbbaurecht auch kaufen kannst, was passiert, wenn das Erbbaurecht endet und was ein Heimfall ist. Zudem geben wir dir Einblicke in die steuerlichen Aspekte.

Was ist Erbbaurecht?

Das Erbbaurecht ist im Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) geregelt und in § 1 Abs. 1 ErbbauRG definiert. „Es berechtigt, eine Immobilie auf fremdem Grundstück zu bauen oder zu kaufen”, erklärt Rechtsanwalt Björn Bachirt das Erbbaurecht in seiner Bedeutung. Aber was bedeutet Erbbaurecht im Detail? Der Grundstückseigentümer, auch Erbbaurechtsgeber genannt, gewährt dem Erbbaurechtsnehmer ein Nutzungsrecht für das Grundstück.

Nachdem das Erbbaurecht bestellt ist, kann der Erbbaurechtsnehmer auf dem Grundstück neu bauen oder die Bestandsimmobilie kaufen. Damit wird er Eigentümer der Immobilie, nicht aber des Grundstücks. Dieses darf er nur benutzen. Dafür zahlt er dem Grundstückseigentümer ein Entgelt, den Erbbauzins.

Erbbauvertrag – Erbbaurecht bestellen

Jeder Grundstückseigentümer kann ein Erbbaurecht vergeben. Zu den großen Erbbaurechtsgebern in Deutschland zählen Bund, Länder, Städte, Gemeinden, Kirchen und Stiftungen. Aber auch Privatpersonen oder Unternehmen können Erbbaurechte ausgeben.

Das Erbbaurecht entsteht, wenn Erbbaurechtsgeber und Erbbaurechtsnehmer einen Erbbauvertrag schließen und das Erbbaurecht später im Grundbuch eingetragen ist. Genauso wie ein Kaufvertrag für eine Immobilie muss der Erbbauvertrag notariell beurkundet werden. Die Eintragung des Erbbaurechts ins Grundbuch ist in den Paragrafen §§ 14 – 18 ErbbauRG geregelt.

„Es wurde dann ein Erbbaurecht bestellt. Zusätzlich zur Eintragung ins normale Grundbuch des Grundstückes wird das Erbbaurecht auch noch in einem eigenen Erbbaugrundbuch festgehalten”, führt Rechtsexperte Björn Bachirt aus. Bei dem Erbbaugrundbuch, welches in § 14 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG definiert ist, handelt es sich um ein besonderes Grundbuchblatt, welches bei der Eintragung des Erbbaurechts ins Grundbuch angelegt wird.

Die Laufzeit des Erbbauvertrags ist individuell verhandelbar. In der Regel liegt sie zwischen 50 und 99 Jahren.

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Unterschied zwischen Erbbaurecht und Erbpacht

Umgangssprachlich wird das Erbbaurecht auch (fälschlicherweise) Erbpacht genannt. Allerdings beschreibt dieser Begriff eine veraltete Praktik, die bereits seit 1947 verboten ist. Die Erbpacht im traditionellen Sinn trennt das Eigentumsrecht und das Nutzungsrecht für landwirtschaftliche Zwecke dauerhaft voneinander. Hingegen ist das Nutzungsrecht im Erbbaurecht zur Errichtung einer Immobilie zeitlich begrenzt.

Welche Vorteile bringt das Erbbaurecht?

Wenn wenig oder gar kein Eigenkapital vorhanden ist, erleichtert das Erbbaurecht die Immobilien-Finanzierung. Denn dann muss nur das Geld für den Immobilienkauf oder -bau aufgebracht werden. Dadurch vergünstigt sich die Baufinanzierung. Zudem erhöht das Erbbaurecht die Chancen, ein Grundstück auf dem umkämpften Immobilienmarkt zu bekommen.

Was ist der Erbbauzins und wie hoch ist er in der Regel?

Was ist der Erbbauzins? Der Erbbauzins ist ein Entgelt, das der Erbbaurechtsnehmer dem Grundstückseigentümer jährlich für das Nutzungsrecht zahlt. Früher wurde er auch Erbpacht genannt. Die Höhe des Erbbauzins richtet sich nach dem Grundstückswert. Auch wenn er im Erbbaurechtsvertrag frei verhandelbar ist, liegt er im Durchschnitt zwischen 3 und 5 Prozent.

Erbbauzins-Erhöhung – Was tun?

„Da sich der Erbbauzins am Grundstückswert zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses orientiert, stellt sich die Frage: Erhöht sich der Erbbauzins automatisch, wenn der Grundstückswert steigt?”, merkt Rechtsanwalt Björn Bachirt an. Die gesetzliche Grundlage für eine regelmäßige Erbbauzins-Erhöhung bildet §§ 9, 9a ErbbauRG. Demnach ist für Erbbaurechte mit Wohnzweck alle drei Jahre eine Erbbauzins-Erhöhung zulässig. Als Bemessungsgrundlage dienen zumeist statistische Indizes wie der Verbraucherpreisindex. Allerdings darf die Erhöhung nicht unbillig sein und die Erhöhung des Bezugsindizes überschreiten. In der Regel sind alle Details zu einer Erhöhung des Erbbauzins in einer sogenannten Wertsicherungsklausel im Erbbauvertrag festgehalten.

Kann man ein Grundstück mit Erbbaurecht kaufen?

Falls der Eigentümer sein Grundstück verkaufen möchte, räumen die meisten Erbbauverträge ein Vorkaufsrecht für den Erbbaurechtsnehmer ein. „Das bedeutet, dass die Umwandlung von Erbbaurecht in Eigentum generell kein Problem darstellt”, wirft der Jurist ein. Daher ist es wichtig, ein entsprechendes Vorkaufsrecht im Erbbauvertrag aufzunehmen.

Andererseits kann auch der Erbbaurechtsnehmer von seinem Erbbaurecht Gebrauch machen. Demnach kann er es verkaufen, verschenken oder vererben. Hier hat der Grundstückseigentümer bei einem angestrebten Verkauf in der Regel ein Vorkaufsrecht. Zudem kann im Erbbauvertrag vereinbart werden, dass der Grundstückseigentümer vor einem Verkauf oder Ähnlichem des Erbbaurechts seine Zustimmung geben muss (§§ 5, 6 ErbbauRG).

Was passiert, wenn das Erbbaurecht zu Ende ist?

Wenn sich die Laufzeit des Erbbaurechts dem Ende nähert, sind verschiedene Szenarien denkbar:

Grundstücksverkauf
Falls der Erbbaurechtsgeber sein Grundstück verkaufen möchte, kann der Erbbaurechtsnehmer von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. Anschließend ist sowohl die Immobilie als auch das Grundstück sein Eigentum.

Verlängerung des Erbbauvertrags
Ebenfalls kann der Erbbauvertrag verlängert werden. Allerdings kann der Grundstückseigentümer hierbei den Erbbauzins erhöhen. „Mit drastischen Folgen! Denn die übliche Bemessungsgrundlage, der Verbraucherpreisindex, ist in den letzten 20 Jahren enorm gestiegen”, weist der Rechtsexperte Björn Bachirt hin.

Auslauf des Erbbauvertrags
Läuft der Erbbauvertrag aus, geht die Immobilie automatisch an den Erbbaurechtsgeber über. Allerdings muss dieser den Erbbaurechtsnehmer dafür entschädigen. Nach Ablauf des Erbbaurechts liegt die Entschädigung bei zwei Drittel des Verkehrswertes der Immobilie.

„Auf jeden Fall sollte aber immer fünf bis zehn Jahre vor Laufzeitende das Gespräch mit dem Erbbaurechtsgeber gesucht werden, um die Optionen zu erörtern und sich in Ruhe darauf vorzubereiten”, rät Rechtsanwalt Björn Bachirt.

Was bedeutet Heimfall im Erbbaurecht?

§§ 2 – 4, 32 – 34 ErbbauRG regeln den Heimfall im Erbbaurecht, welcher in § 2 Nr. 4 ErbbauRG definiert ist. Demnach ist der Heimfall das vorzeitige Ende des Erbbauvertrages, vor Ablauf der eigentlich vereinbarten Laufzeit. Dabei wird das Erbbaurecht wieder an den Erbbaurechtsgeber zurück übertragen. Eigentümer-Erbbaurecht wird dies dann genannt. Denn das Erbbaurecht erlischt nicht automatisch. Lediglich der Eigentümer wechselt.

Gründe für Heimfall bei Erbbaurecht

Nur der Erbbaurechtsnehmer kann einen Heimfall durch grobe Vertragsverletzungen auslösen. Folgend einige Gründe für Heimfall beim Erbbaurecht:

  • Insolvenz des Erbbauberechtigten
  • Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung des Erbbaurechts
  • Nicht- oder Unterversicherung der Immobilie
  • vertragswidrige Nutzung
  • Erbbaurecht wird nicht in gutem Zustand gehalten
  • Verstoß gegen den Bebauungsplan
  • mehr als zwei Jahre Zahlungsverzug beim Erbbauzins

Bei einem Heimfall geht das Gebäude vor Ablauf der eigentlich vereinbarten Vertragslaufzeit in den Besitz des Erbbaurechtsgebers über. Das Erbbaurecht sieht im Heimfall eine Entschädigung für den Erbbaurechtsnehmer vor. Die im Regelfall festgelegte Vergütung beträgt zwei Drittel des Gebäudewertes. „Die sogenannte Heimfallvergütung sollte unbedingt im Erbbauvertrag festgelegt werden. Denn ist sie das nicht, entspricht sie dem gemeinen Wert des Erbbaurechts”, klärt Björn Bachirt, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, auf.

Wer zahlt bei Erbbaurecht die Grundsteuer?

Für jedes Eigentum wird sie fällig: die Grundsteuer. Und auch im Erbbaurecht ist das nicht anders. Allerdings bildet die Grundsteuer für Erbbaurecht einen Sonderfall. Denn im Erbbaurecht gibt es zwei Eigentümer. Auf der einen Seite steht das Erbbaurecht und auf der anderen das Grundstück. Daher gibt es auch zwei Grundsteuerbescheide. Die Grundsteuer für das Erbbaurecht muss der Erbbaurechtsnehmer bezahlen. Dementsprechend trägt der Erbbaurechtsgeber die Grundsteuer für das Grundstück.

Wer ist in der Verantwortung, die Grundsteuererklärung bei Erbbaurecht abzugeben? „Da die Ermittlung der neuen Grundsteuer an die Immobilie gebunden ist, ist der Erbbaurechtsnehmer verpflichtet, die Erklärung abzugeben”, so Rechtsanwalt Björn Bachirt.

Erbbaurecht: Was passiert nach Tod des Erbbaurechtsnehmers?

Das Erbbaurecht erlischt nicht nach dem Tod des Erbbaurechtsnehmers. Stattdessen geht es auf dessen Erben über. Denn grundsätzlich wird das Erbbaurecht wie ein gewöhnliches Grundstück behandelt. Allerdings kann im Erbbauvertrag eine individuelle Regelung festgehalten werden. Beispielsweise, dass nach dem Tod des Erbbaurechtsnehmers das Erbbaurecht auf den Erbbaurechtsgeber übertragen werden muss.

Erbbaurecht: Nachteile überwiegen

Das Erbbaurecht scheint attraktiv, um ohne viel Eigenkapital günstig den Kauf oder Neubau einer Immobilie zu finanzieren. Zudem kann es die Chancen auf ein Grundstück auf dem umkämpften Immobilienmarkt erhöhen.

Allerdings birgt ein Grundstück mit Erbbaurecht immer Risiken. Denn im Heimfall oder bei Auslauf des Vertrags kann es zum Verlust der Immobilie kommen. Genauso schwer sollte wiegen, dass die Erbbauzinszahlungen mit den Jahren die gesamten Grundstückskosten bei Weitem übersteigen.

Des Weiteren darf auch nicht vergessen werden, dass Veränderungen an der Immobilie oder am Grundstück immer der Zustimmung des Erbbaurechtsgeber bedürfen. „Finanzielle Faktoren wie eine mögliche Erhöhung des Erbbauzins alle drei Jahre, die meist höheren Hürden bei der Baufinanzierung sowie der in der Regel niedrige Verkaufspreis für Immobilien auf Erbbaugrundstücken werfen weitere Schatten auf das Erbbaurecht”, bringt Rechtsanwalt Björn Bachirt ein.

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Dieser Artikel wurde ursprünglich am 16. Mai 2023 veröffentlicht (Haftungsausschluss).

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Björn Bachirt ist Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei der Kanzlei Bietmann Rechtsanwälte Steuerberater. Er vertritt Mandanten in allen Bereichen des Miet- und Wohneigentumsrechts sowie des Bau- und Architektenrechts, von der außergerichtlichen Beratung und Vertragsgestaltung bis hin zur gerichtlichen Durchsetzung und Abwicklung.

Björn Bachirt

Björn Bachirt

Kanzlei Bietmann Rechtsanwälte Steuerberater

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Miet- und Immobilienrechtsschutz“