Endlich mal ein schöner Frühlingstag, einer dieser Tage, der einen nach draußen lockt. Man nimmt sich mehr Zeit, flaniert durch die City, schaut hier und dort und genießt die Sonnenstahlen. Natürlich ist mein Hund Anna dabei. Meine „Terrorzicke“ ist heute auch relativ entspannt und blafft nicht sofort jeden Hund an, der uns entgegenkommt.
Inhalte: Beißende Hunde
Es ist einfach mal schön, in der Stadt zu laufen ohne der übrigen Menschheit das Bild einer Frau zu bieten, die einen Monsterhund (wahrscheinlich aus Urzeit-DNA geklont) an der Leine hat. Einen Hund der meint, jedem anderen Hund eindeutig klar zu machen: Dieser Weg gehört mir! Ach und der Rest der Welt sowieso!
Also der ideale Zeitpunkt beim Nachbarn, der auch seinen Hund spazieren führt, kurz stehenzubleiben. Man kann dann ja auch mal über den neuen Hundeblog informieren. Nachbars Fiffi ist irgendwas zwischen Dackel-Pudel-weiß-nicht-was und ganz schön rege. Aber beide sind ja an der Leine, was kann da schon passieren?
Der Fall
Oh selige Unschuld – ich weiß jetzt, was passieren kann. Klein Fiffi hatte plötzlich keine Lust mehr auf Small-Talk zwischen Herrchen und dem Frauchen von der großen Töle. Langeweile ließ ihn mutieren zum Superhelden-Monster-Hund und schon wurde Anna attackiert und getackert. Na ja, da war’s dann mit der relativen Entspannung vorbei und mit der Balance meines Körper genauso. Ich lag da, Anna wollte mal eben ihr Abendessen vorbereiten und der Nachbar zog seinen Hund mit Turbogeschwindigkeit aus unserer Reichweite.
Zu spät, Hund blutet, Herrchen sauer. Gottseidank auf seine eigene Fellnase. Nach dem ersten Schrecken und vor allen Dingen nachdem ich Anna wieder beruhigt hatte, kam das obligatorische: kein Problem, wir sind ja beide versichert, ich geh dann mal gleich zum Tierarzt.
Na gut dachte ich. Alles in Ordnung. Nur das Fiffis Herrchen dann ein paar Tage später vor der Tür stand und sagte: Versicherung übernimmt nur einen Teil der Arztkosten – beide angeleint, Beißvorfall, beide haftbar, BGB § 833 Absatz 1 bla bla bla...
Und nun sollte ich plötzlich den Rest der Tierarztkosten übernehmen. Und es kam noch besser, wenn ich mich weigern würde, müsste man ja mal dem Ordnungsamt Bescheid geben – gefährlicher Hund und so.
Da war ich dann erstmal sprachlos (und jeder, der mich kennt, weiß, was das bedeutet). Wenn man Halterin eines sehr großen Hundes ist, dann wird man schnell als Bösewicht abgestempelt, man befürchtet ständig Ärger mit den Behörden und die Auflagen, die über den Hund verhängt werden könnten. Da will man keinen Ärger mit den Ämtern, gerechtfertigt oder nicht.
Also was tun? Einfach bezahlen? Wie sieht das wirklich aus, hat man Teilschuld, auch wenn der andere Hund angefangen hat (was Fiffis Herrchen auch nicht bestritten hat)? Ist diese Aktion nicht schon Nötigung oder sogar Erpressung?
Und für alle, die sich jetzt Sorgen um meine Terrorzicke und mich machen. Ich kann Euch beruhigen. Dieser Vorfall ist nicht Anna und mir passiert, sondern einem Bekannten. Und die Geschichte ist auch noch nicht geklärt. Aber die Story hat mich ziemlich ratlos zurückgelassen...
Deine Pflichten als Hundehalter: Ein Kommentar
Wir haben mal bei Melanie Solmecke nachgehackt, wie die Rechtslage in diesem konkreten Beispiel aussieht: „Grundsätzlich haftet der Halter im Rahmen einer sogenannten Gefährdungshaftung für die von seinem Hund ausgehende Gefahr, das ist der genannte § 833 BGB.
Ebenso grundsätzlich muss der Geschädigte aber beweisen, dass die Tiergefahr vom selbständigen und unberechenbaren tierischem Verhalten ausgegangen ist. Das gilt auch dann, wenn der Hund etwa beim Spazierengehen unter menschlicher Kontrolle stand. Maßstab für die Beurteilung ist immer das Tier. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Hund ohne ersichtlichen Grund und ohne das Herrchen oder Frauchen was hätten tun können, aggressiv wird.
Je nach Verhalten des Hundes führt dies entweder zu einer Haftungsverteilung (Quote) auf beide Hundehalter oder zu einem Haftungsentfall, da der andere Hund sich provozierend verhalten hat.“
Über Fälle wie den von Barbara mussten bereits Gerichte entscheiden. In einer vergleichbaren Rechtsprechung konnte der Richter nach genauer Prüfung des Ablaufs eine mitwirkende Tiergefahr eines der beteiligten Hunde verneinen und nur einer der beteiligten Hundehalter wurde in Haftung genommen (LG Aachen, Az: 4 O 15/98). Dazu Melanie Solmecke: „Bei der Bewertung der Tiergefahr spielt ausdrücklich das Verhalten beider Hunde und auch die Einordnung der Tiere, etwa nach Größe oder Gefährlichkeit (etwa Beteiligung eines Hundes mit erhöhter Tiergefahr), eine Rolle.“
In unserem konkreten Fall könnte Barbara also angeben, dass der andere Hund ihren provoziert habe und es nur deshalb zur Beißerei gekommen sei. Im Zweifelsfall müssten Gerichte entscheiden.
Hätte Barbara denn besser eingegriffen, um den Biss zu verhindern? „Es ist nicht zu raten, selbst in die Hunderangelei einzugreifen. Wenn der andere Hund einen verletzt, ist regelmäßig ein Schadensersatzanspruch gegen den anderen Hundehalter ausgeschlossen, da das Verhalten des Eingreifens von der Rechtsprechung als grob fahrlässig im Hinblick auf die Eigengefährdung bewertet wird“, so Melanie Solmecke. Heißt: Wer in eine Hunderangelei eingreift und dann gebissen wird, hat keinen Schadenersatzanspruch, da sein Verhalten grob fahrlässig war.
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 30. April 2018 veröffentlicht (Haftungsausschluss).
Unsere Gastautorin
Unsere Gastautorin Barbara D'Silva ist eine tierverliebte Bloggerin aus dem schönen Münsterland. Hunde und Katzen begleiten sie schon ihr Leben lang. Und weil sie viele Geschichten über Hunde im Kopf versteckt, hat sie den Blog „Der Hundeblog“ ins Leben gerufen. Dort kannst Du mehr über Hunde und natürlich auch über Barbara erfahren. Und ihre tolle Boerboel Hündin Anna kennenlernen.
Barbara D'Silva
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Unsere Partneranwältin
Melanie Solmecke ist Expertin in Sachen Immobilienrecht. Sie ist Rechtsanwältin in der Siegburger Kanzlei Solmecke Rechtsanwälte, die inzwischen an sechs Standorten im Rheinland vertreten ist. Mit ihrem großen Rechtsanwaltsteam deckt die Kanzlei eine Vielzahl an juristischen Fachgebieten ab, so zum Beispiel Bank- und Kapitalmarktrecht, Bau- und Architektenrecht, Familienrecht, Erbrecht, Miet-und WEG-Recht, Versicherungsrecht, Arbeitsrecht und Verkehrsrecht. Die Kanzlei vertritt sowohl mittelständische Unternehmen als auch Verbraucher.
Melanie Solmecke
Kanzlei Solmecke Rechtsanwälte