Account teilen beim Streamen.

Account teilen bei Netflix & Co. – Ist das eigentlich legal?

Leben & Freizeit

Für viele von uns sind sie aus dem Alltag gar nicht mehr wegzudenken: Streaming-Dienste wie Netflix, Spotify, Apple Music, Amazon Prime Video oder Sky Go. Die neuesten Serien, Filme, Musik und Sportereignisse bequem von zuhause oder unterwegs zu streamen, ist inzwischen völlig normal.

Ebenso selbstverständlich ist es für einige Nutzer, sich ihre Accounts – und damit die Kosten – zu teilen. Aber ist das auch legal? Rechtsanwalt Brian Scheuch erklärt die Rechtslage.

Darf ich meinen persönlichen Netflix-Account teilen?

“Die meisten Streaming-Anbieter regeln diesen Punkt klar in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen”, sagt Rechtsanwalt Brian Scheuch. So schreibt beispielsweise Netflix:

“Der Netflix-Dienst und sämtliche Inhalte, die über den Dienst angesehen werden, sind ausschließlich für Ihre persönliche und nicht kommerzielle Nutzung bestimmt und dürfen nicht mit Personen, die nicht im gleichen Haushalt leben, geteilt werden. Während Ihrer Netflix-Mitgliedschaft gewähren wir Ihnen ein beschränktes, nicht exklusives und nicht übertragbares Recht, um auf den Netflix-Dienst zuzugreifen und Netflix-Inhalte anzusehen. Abgesehen davon werden keine Rechte, Titel oder Ansprüche an Sie übertragen. Sie stimmen zu, den Dienst nicht für öffentliche Vorführungen zu verwenden.”

Demnach ist es zulässig, dass der Kontoinhaber seinen Netflix-Account mit anderen, im selben Haushalt lebenden Personen teilt. Das Account-Sharing mit anderen Nutzern ist hingegen nicht erlaubt. Ob der Anbieter allerdings rechtlich gegen dich vorgehen würde, wenn du deinen Netflix-Account zum Beispiel mit Freunden teilst, ist schwer zu sagen. Bislang ist kein Fall bekannt, in dem ein widerrechtliches Account-Sharing gerichtlich geahndet wurde.

In Zukunft könnten da allerdings Änderungen auf dich zukommen. Der Streaming Anbieter forscht derzeit an einem Tool, welches Account-Sharing mit Nutzern, die nicht im gleichen Haushalt leben, erkennen könnte. Damit soll eine ordnungsgemäße Nutzung sichergestellt werden und geprüft werden, ob die Nutzer-Richtlinien eingehalten werden.

In den USA ist bereits bekannt, dass Netflix nachverfolgen kann, welcher Nutzer einen Account haben oder welche einen Account von jemand anderem verwenden. Es wurden wohl auch bereits User angeschrieben und zur Zahlung aufgefordert. So richtig konsequent ist Netflix allerdings noch nicht. In Deutschland könnte es irgendwann auch zu solchen Aufforderungen kommen – bisher wurde hier aber noch niemand zur Kasse gebeten, wenn derjenige einen anderen Account nutzt.

Preiserhöhungen bei Netflix

Netflix hat seit 2014 in Deutschland die Gebühren für die Abo-Modelle Standard und Premium immer wieder etwas erhöht. Ab 2021 soll das Premium Modell 17,99 Euro kosten. Im Vergleich: im Jahr 2014 lag der Preis bei 11,99 Euro. Doch sind die Preiserhöhungen wirksam? Laut dem Landgericht Berlin ist folgende Preiserhöhungsklausel in den Nutzungsbedingungen von Netflix unwirksam und verstoße gegen den Verbraucherschutz „Wir sind berechtigt, den Preis unserer Abo-Angebote von Zeit zu Zeit in unserem billigen Ermessen zu ändern, um die Auswirkungen von Änderungen der mit unserem Dienst verbundenen Gesamtkosten widerzuspiegeln.“.

Können die Kunden nun eine Geldrückzahlung verlangen? Das Urteil vom 16. Dezember 2021 ist noch nicht rechtskräftig und Netflix hat Berufung eingelegt. Der Streaming Anbieter argumentiert, dass er bei der Preiserhöhung nicht die Klausel genutzt hätte, sondern die Zustimmung des Abonnenten eingeholt hätte. Kunden sahen für 30 Tage vor der Preiserhöhung eine Aufforderung in ihrem Netflix Account, der kommenden Preiserhöhung zuzustimmen. Man konnte wählen, ob man die Erhöhung bestätigt oder ob man ein günstigeres Abo-Modell abschließen möchte. Wenn der Kunde nichts von beidem tat, wurde das Abo automatisch gekündigt.

Kann man unter den Umständen dann noch Geld zurückverlangen? Wenn Netflix beweisen kann, dass Sie bei den vergangenen Preiserhöhungen keinen Gebrauch der Klausel gemacht haben, liegt kein Verstoß vor. Denn Netflix hat dann die Zustimmung der Nutzer eingeholt. Bei Rechtswirksamkeit des Urteils muss dann allerdings die Klausel aus den Nutzungsbedingungen entfernt werden.

Das finale Urteil bleibt erstmal abzuwarten. Sollte das Gericht entscheiden, dass der Streaming Anbieter unrechtmäßig gehandelt hat, kannst du dein Geld zurückverlangen. Andernfalls nicht.

Wie sieht es mit Premium-/Familien-Accounts aus?

Wohl wissend, dass viele Nutzer heute bereits ihre Zugangsdaten an Freunde oder Familienmitglieder weitergeben, haben einige Streaming-Dienste ihre Abo-Modelle mittlerweile um sogenannte Premium- oder Family-Accounts erweitert. Zu einem höheren Preis können hier mehrere Profile in einem Konto angelegt werden und teilweise auch mehrere Nutzer gleichzeitig Inhalte streamen. Aber Vorsicht: “Viele Unternehmen setzen auch dabei in ihren Geschäftsbedingungen voraus, dass die Nutzer in einem Haushalt leben”, sagt Rechtsanwalt Brian Scheuch. “Ist dies nicht der Fall, stellt es einen Vertragsbruch dar.” Theoretisch könnte der Dienstleister dir in so einem Fall den geteilten Account sperren, den Vertrag fristlos kündigen oder sogar Schadenersatz geltend machen. Über eine Auswertung der IP-Adresse bzw. der Standortinformation der zugreifenden Geräte könnten Netflix und Co. herausfinden, ob der Account-Inhaber gegen die Nutzungsbedingungen verstößt.

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Wer haftet für Missbrauch?

Damit kommen wir zum letzten wichtigen Punkt in diesem Zusammenhang: Der Haftung. “Der Account-Inhaber, der das Netflix-Abo bzw. den jeweiligen Streaming-Vertrag abgeschlossen hat, ist der Vertragspartner. Er bzw. sie haftet dafür, wenn Account-Daten unerlaubt weitergegeben werden”, erklärt Brian Scheuch. Dessen solltest du dir auf jeden Fall bewusst sein, wenn du überlegst, dein Netflix-Konto zu teilen. Denn im schlimmsten Fall könnte dir dann der Zugriff auf die Musik, Serien und Filme verweigert werden oder sogar Schadenersatz drohen. Ohnehin sollte insbesondere bei Diensten wie Amazon Prime Video grundsätzlich überlegt werden, ob die Daten herausgegeben werden, da mittels dieser Daten auch Käufe getätigt werden können und dies somit ein erhebliches Missbrauchspotential ausweist.

Ob du dieses Risiko eingehen willst und im Zweifel auf deinen Lieblings-Streaming-Anbieter verzichten musst sowie insbesondere die lang erarbeitete Watchlist gelöscht wird, musst du für dich selbst entscheiden.

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Dieser Artikel wurde ursprünglich am 24. Mai 2019 veröffentlicht und am 30. März 2022 aktualisiert (Haftungsausschluss).

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Rechtsanwalt Brian Scheuch ist Partner der Kanzlei Heidrich Rechtsanwälte. Daneben ist er als Autor für die Zeitschrift c’t, Heise Online und dem ITRB tätig. Rechtsanwalt Brian Scheuch beschäftigt sich insbesondere mit den Themen Urheberrecht, Datenschutz und E-Commerce. Seine Kanzlei vertritt Mandanten in allen Belangen rund um die Themen IT-Recht, Urheberrecht, Datenschutz, Internetrecht, E-Commerce, Softwarerecht und Markenrecht.

Brian Scheuch

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Kanzlei Heidrich Rechtsanwälte

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Privatrechtsschutz“