Taschengeld im Sparschwein.

Taschengeldparagraph einfach erklärt (mit Beispielen)

Leben & Freizeit

Kinder kaufen sich Süßigkeiten im Kiosk, Brötchen beim Bäcker oder auch mal eine Zeitschrift im Buchladen. Solche Käufe von Kindern sind in Deutschland im Taschengeldparagraph geregelt und werden dadurch erst rechtlich möglich.

Aber was ist der Taschengeldparagraph und was besagt er genau? Dürfen Kinder überhaupt einfach von ihrem Taschengeld kaufen, was sie möchten, auch wenn die Eltern es vielleicht sogar vorher verboten haben? Welche Produkte dürfen Kinder von ihrem Taschengeld selbst und ohne ihre Eltern kaufen? Diese und weitere Fragen werden im folgenden Artikel beantwortet.

Was ist der Taschengeldparagraph?

Vielen Eltern haben den Begriff sicher schon mal gehört: Doch was genau steht im Taschengeldparagraph (§ 110 BGB)? Einige Menschen denken, dass der Taschengeldparagraph ein Recht auf Taschengeld vorschreibt – also, dass Eltern ihren Kindern regelmäßig ein Taschengeld zukommen lassen müssen. Dem ist allerdings nicht so.

Der Taschengeldparagraph (§110 BGB) erlaubt es minderjährigen Personen im Alter von 7 bis 18 Jahren, Geschäfte auch ohne ausdrückliche Zustimmung der Erziehungsberechtigten abzuschließen. Dies gilt allerdings nur, wenn die Ware oder Leistung mit Mitteln bezahlt wird, die dem Kind oder Jugendlichen zur freien Verfügung überlassen wurden. Konkret bedeutet das folgendes: „Ein von dem Minderjährigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag gilt als von Anfang an wirksam, wenn der Minderjährige die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind.“

Hört sich kompliziert an? Ist es aber eigentlich gar nicht. Rechtsanwältin Simone Zervos hat es nochmal einfacher zusammengefasst: „Ab einem Alter von sieben Jahren dürfen sich Kinder von ihrem Taschengeld Dinge kaufen, ohne ihre Eltern um Erlaubnis zu fragen.“ Denn Kinder sind ab einem Alter von 7 Jahren geschäftsfähig. Wenn nun ein 6jähriges Kind trotzdem etwas kauft, ist der Kauf rechtlich unwirksam. Die Eltern können den Gegenstand wieder in den Laden zurückbringen, wenn sie nicht damit einverstanden sind. Verbieten Eltern allerdings ausdrücklich, dass ihr Kind bestimmte Waren kauft (zum Beispiel bestimmte Computerspiele, Spielzeugwaffen, Feuerwerk o.ä.) ist der Kauf ungültig – auch dann, wenn es sein eigenes Taschengeld verwendet hat. Kinder unter sieben Jahren dürfen nur in Begleitung ihrer Eltern einen Kauf tätigen, da sie noch geschäftsunfähig sind.

Taschengeldparagraph: Was dürfen Kinder kaufen?

Bevor wir uns einige Beispiele für den Taschengeldparagraphen anschauen, ist ein kurzer Exkurs notwendig. Denn ob Kinder etwas kaufen dürfen, hängt davon ab, ob sie bereits (beschränkt) geschäftsfähig sind. Der Gesetzgeber unterscheidet hierfür zwischen zwei Gruppen: Kinder unter 7 Jahren und Kinder und Jugendliche im Alter von 7 bis 17 Jahren.

Kinder unter 7 Jahren sind geschäftsunfähig

Kinder unter 7 Jahren können die (rechtlichen) Folgen ihres Handelns noch nicht einschätzen und sind aus diesem Grund geschäftsunfähig ( §104 BGB). Sie benötigen für Käufe aller Art immer die Einwilligung der Erziehungsberechtigten.

Das gilt rechtlich im Übrigen auch dann noch, wenn beispielsweise ein 6-jähriges Kind bereits Taschengeld erhält und dies selbstständig ausgeben möchte.

Kinder zwischen 7 und 17 Jahren gelten als beschränkt geschäftsfähig

Kinder und Jugendliche zwischen 7 und 17 Jahren sind bis zur Volljährigkeit nur beschränkt geschäftsfähig. Sie dürfen ihr Taschengeld oder Geldgeschenke nach dem Taschengeldparagraphen selbstständig ausgeben. Dies gilt aber nicht für Dinge, deren Kauf die Eltern ausdrücklich verboten haben. Bei Kindern ab 7 Jahren geht das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) davon aus, dass das Taschengeld den Kindern zur freien Verfügung steht und sie damit machen können, was sie wollen und nicht die Erlaubnis der Eltern brauchen.

Tauschgeschäfte sind möglich .

Minderjährige im Alter von 7 bis 18 Jahre dürfen nicht nur Käufe tätigen, auch ein Tauschhandel ist rechtlich möglich. Denn die im Gesetzestext des Taschengeldparagraphen (§110 BGB) genannten Mittel bezeichnen nicht nur das Taschengeld. Es können auch Sachmittel (Murmeln, Süßigkeiten, Stifte oder Ähnliches) sein, wenn die für den Tauschhandel verwendeten Dinge dem Kind zur freien Verwendung überlassen wurden.

Was bedeutet der Taschengeldparagraph für Verkäufer?

Bei kleineren Käufen wie beispielsweise Büchern oder Spielzeug stellt der Taschengeldparagraph auch eine Absicherung für Verkäufer dar. Denn durch diese gesetzliche Regelung müssen sie nicht befürchten, dass Eltern den Kauf gleich wieder rückgängig machen. Ohne den Taschengeldparagraphen wären Kinder nämlich erst mit 18 Jahren geschäftsfähig und könnten ohne ihre Eltern alleine überhaupt nichts kaufen.

Übrigens: In Österreich reicht es für das ggfs. rückwirkende Zustandekommen eines Vertrages aus, dass ein Kind seine Pflichten erfüllt, wenn es sich um ein alterstypisches Geschäft handelt. Eine Altersbeschränkung besteht dabei nicht.

Bei hochpreisigen Käufen wird der Verkäufer aber in der Regel die Zustimmung der Eltern oder des gesetzlichen Vertreters verlangen. Auch wenn der Taschengeldparagraph selbst keine bestimmte Betragsgrenze für Käufe enthält, wird ein Verkäufer eine rechtssichere Zustimmung einholen wollen. Denn er ist nicht zum Abschluss eines Vertrages verpflichtet und das Risiko der Rückabwicklung läge bei ihm, wenn die Eltern das Geschäft nachträglich rückgängig machen wollen.

Dem stimmt auch Rechtsanwältin Simone Zervos zu: „Der Kauf muss im angemessenen Rahmen liegen. So dürfen Kinder und Jugendliche nicht einfach einen Fernseher oder ein Smartphone kaufen – auch wenn sie sich das Geld lange angespart haben. Bei solch großen oder teuren Käufen sollten Verkäufer immer auf die Zustimmung der Eltern bestehen. Denn rechtlich trägt der Verkäufer das Risiko der Rückabwicklung. Hierdurch vermeiden sie einen Umtausch oder im schlimmeren Fall einen späteren Rechtsstreit.“

Taschengeldparagraph - Beispiele

Folgende Beispiele erläutern exemplarisch, wann ein Kauf vom Taschengeldparagraph gedeckt ist und wann nicht:

Ein 10-Jähriger möchte sich ein Buch im Wert von zehn Euro kaufen. Das kann er rechtswirksam ohne seine Erziehungsberechtigten tun, da ihm laut Taschengeldtabelle monatlich rund 16 Euro zur Verfügung stehen sollten.

Eine neue Spielekonsole für rund 300 Euro wäre hingegen nicht vom Taschengeldparagraph gedeckt. Das bedeutet, dass ein solcher Kauf schwebend unwirksam wäre und somit von der Zustimmung bzw. Ablehnung der Eltern des Kindes abhängt.

Sollten die Eltern den Kauf genehmigen, gilt der Kauf als rechtswirksam. Wenn die Eltern den Kauf des Geräts allerdings im Nachhinein nicht genehmigen, können Sie vom Verkäufer die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen. Daraus folgt dann, dass die Spielekonsole zurückgegeben wird und der Verkäufer den Kaufpreis an die Eltern zurückerstatten muss.

Folgende Käufe eignen sich ebenfalls als Taschengeldparagraph Beispiele, die wirksam sind:

  • Süßigkeiten am Kiosk
  • Brötchen beim Bäcker
  • Ein Päckchen Sticker oder Sammelkarten
  • Kleines Spielzeug oder Kuscheltier

Folgende Fälle und Verträge sind nicht vom Taschengeldparagraph gedeckt:

  • Ratenkäufe aller Art
  • Größere Verkäufe aller Art
  • Handyverträge
  • Kreditverträge
  • Abos von Zeitschriften, Zeitungen oder in Apps
  • Teurer Goldschmuck
  • Teures Spielzeug oder elektronische Geräte wie Fernseher, Tablet, Handy, Laptop etc.
  • Zigaretten, Waffen, Alkohol usw.

Gut zu wissen: Da der Zweck des Geldes laut Taschengeldparagraph begrenzt ist und das Kind nur einen bestimmten Betrag erhält, ist folgendes Beispiel auch nicht mehr vom Taschengeldparagraph erfasst:

Ein 15-Jähriger kauft sich von seinem Taschengeld ein Los für ein Gewinnspiel. Mit seinem Gewinn von 500€ kauft er sich nun ein Tablet und versichert dem Verkäufer, dass seine Eltern dem zustimmen. Bei diesem Gewinn handelt es sich nicht mehr um den vom gesetzlichen Vertreter (z.B. Mutter) übergebenen Betrag im Sinne des Taschengeldparagraphen. Über einen solchen Gewinn darf ein Minderjähriger also auch nur mit Zustimmung der Eltern verfügen.

Taschengeld: Ab wann sollten Kinder Taschengeld bekommen?

Die Entscheidung ab wann Kinder Taschengeld bekommen sollten liegt bei den Eltern. Die Taschengeld Tabelle gibt hier lediglich Richtwert. Es wird in der Regel empfohlen Kindern unter 3 Jahren kein Taschengeld zu geben. Außerdem erhalten Kinder unter 10 Jahren ihr Taschengeld wöchentlich, da junge Kinder noch nicht für einen ganzen Monat planen können bzw. sollten. Ab 10 Jahren gilt ein monatliches Taschengeld als sinnvoll.

Richtwerte für Taschengeldparagraph: Tabelle

Was Minderjährige konkret von ihrem eigenen Taschengeld kaufen dürfen, richtet sich auch nach dem Alter des Kindes. Denn je älter das Kind ist, desto mehr Taschengeld sollte zur Verfügung stehen. Eine gute Richtlinie bietet hier die folgende Taschengeldtabelle. In der Tat gibt der Taschengeldparagraph selbst zur Höhe des Taschengeldes selbst keine konkreten Werte an.

Diese Tabelle gilt auch als Richtlinie für die Anwendung des Taschengeldparagraphen. Natürlich dürfen Eltern ihren Kindern auch mehr Taschengeld geben, als es die Taschengeldtabelle vorsieht. Hierbei spielen sowohl die Reife des Kindes als auch die finanziellen Möglichkeiten der Eltern eine Rolle.

Alter des Kindes Taschengeld
4 – 5 Jahre0,50 - 1 Euro pro Woche
6 – 7 Jahre1,50 – 2 Euro pro Woche
8 – 9 Jahre2 – 3 Euro pro Woche
10 – 11 Jahre16 – 18,50 Euro pro Monat
12 – 13 Jahre21 – 26 Euro pro Monat
14 – 15 Jahre26 – 31 Euro pro Monat
16 – 17 Jahre39 – 63 Euro pro Monat
18 Jahre & älter63 – 79 Euro pro Monat

Abo-Fallen: Wenn das Kind einen Vertrag abschließt

Ein falscher Klick im Internet oder in einer Smartphone App und schon ist es passiert: ein monatliches Abo ist abgeschlossen. Das kann nicht nur Kindern, sondern auch Erwachsenen passieren. Während Erwachsene häufig mit den Folgen leben müssen, sieht dies bei Kindern anders aus.

„Der Taschengeldparagraph gilt nur für Barkäufe. Daher sind (Abo-)Verträge im Internet, die mit Minderjährigen abgeschlossen wurden, grundsätzlich erst dann wirksam, wenn sie nachträglich von den Eltern genehmigt werden“, so die Rechtsexpertin Simone Zervos. Daher dürfen Kinder auch keine Handyverträge oder Zeitschriften-Abos ohne Zustimmung der Eltern abschließen. Mit dieser Regelung möchte der Gesetzgeber verhindern, dass Kinder schon früh in die Schuldenfalle tappen.

Schwieriger wird es, wenn Kinder unter Angabe eines falschen Alters online Waren bestellen, die gegebenenfalls sogar einer Altersbeschränkung unterliegen. Rein rechtlich zählt jedoch nur das tatsächliche Alter des Kindes.

Ist das Kind minderjährig, kommt ohne die die Genehmigung der Eltern kein wirksamer Vertrag zustande. Häufig behaupten die Betreiber von Abo-Fallen, dass sie aufgrund der falschen Altersangabe Opfer eines Betruges geworden seien. Die falsche Altersangabe ist jedoch keine Straftat und erst recht kein Betrug, wenn der Minderjährige davon ausging, eine kostenlose Leistung zu erhalten.

Haften Eltern für ihre Kinder?

Verträge dürfen mit Minderjährigen nicht ohne Beteiligung der Eltern abgeschlossen werden – das klingt ja schon mal beruhigend. Dennoch versuchen viele Seitenbetreiber, Schadenersatz gegenüber den Eltern geltend zu machen oder mit ungenauen Informationen Angst zu erzeugen. Doch Eltern können in einem solchen Fall beruhigt sein, denn: „Ein solcher Anspruch besteht grundsätzlich nicht. Es kann Eltern nämlich in der heutigen Zeit nicht zugemutet werden, ihre Kinder ständig beim Surfen im Internet zu überwachen und somit handelt es sich auch nicht um eine Verletzung der Aufsichtspflicht“, erklärt Rechtsanwältin Simone Zervos.

Wie können Eltern Forderungen abwehren?

Erfahren Eltern im Nachhinein von Käufen, die ihr minderjähriges Kind ohne ihr Wissen von seinem Taschengeld getätigt hat, sollten Sie die Zahlung schriftlich gegenüber dem Verkäufer unter Verweis auf das Alter des Kindes sowie die fehlende Zustimmung der Eltern verweigern.

Im Fall der Fälle kann eine Rechtsschutzversicherung mit einer telefonischen Rechtsberatung, Mediation oder Anwaltsempfehlung helfen, solche Probleme aus der Welt zu schaffen.

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Dieser Artikel wurde ursprünglich am 21. November 2018 veröffentlicht und am 2. Mai 2022 aktualisiert (Haftungsausschluss).

Unsere Partneranwältin

Simone Zervos ist als Rechtsanwältin in der Kanzlei Bietmann in Köln und Euskirchen tätig. Sie beschäftigt sich neben Fragen des allgemeinen Zivil- und Vertragsrechts im Schwerpunkt mit Fragestellungen aus den Bereichen Arbeits- und Beamtenrecht sowie Verkehrsrecht. Als überregional tätige Wirtschaftskanzlei erbringt die 1990 gegründete Sozietät Bietmann an neun Standorten Rechtsberatung und Steuerberatung.

Simone Zervos

Simone Zervos

Kanzlei Bietmann

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Privatrechtsschutz“