Mietminderung aufgrund von Mängeln.

Mietminderung: Gründe und Umfang einer Kürzung

Haus & Mieten

Unerträglicher Baulärm, Schimmel oder eine defekte Heizung – als Mieter musst du dir nicht alles gefallen lassen. Denn unter bestimmten Voraussetzungen hast du das Recht, die Miete für deine Wohnung oder dein Haus zu kürzen. Ich habe Rechtsanwalt Markus Hannen aus der Anwaltssozietät Franken · Grillo · Steinweg zum Thema Mietminderung befragt.

Welcher Mangel berechtigt Mieter dazu, die Miete zu mindern?

Die einschlägigen Normen für die Mietminderung sind im Zivilrecht und dort in Paragraph 536 Absatz I, II im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Danach wird der Mieter von der Pflicht zur Zahlung der Miete in dem Umfang befreit, in dem die vermietete Sache zur Zeit der Überlassung mit einem (Sach-)Mangel behaftet ist, der die Tauglichkeit zu dem vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert. Gleiches gilt, wenn der Mangel nach der Überlassung auftritt. Paragraph 536 Absatz 3 BGB regelt die gleiche Rechtsfolge für den Fall, dass dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen wird (Rechtsmangel). Das Fehlen oder der Wegfall einer zugesicherten Eigenschaft werden juristisch wie ein Mangel gewertet (Paragraph 536 Absatz II BGB).

Laut Bürgerlichem Gesetzbuch darf man danach die Miete mindern, wenn es einen Mangel gibt, der die “Gebrauchstauglichkeit” oder “Wohnqualität” der Immobilie beeinträchtigt. “Dazu zählt beispielsweise, wenn der Aufzug längere Zeit nicht nutzbar oder der Balkon nicht begehbar ist”, erklärt Rechtsanwalt Markus Hannen. Auch undichte Fenster oder fehlendes warmes Wasser zählen zu solchen Mängeln. Hingegen sind beispielsweise ein Sprung in einer Scheibe oder eine defekte Glühbirne im Hausflur nur unerhebliche Mängel, die nicht zu einer Mietminderung berechtigen. “Maßgeblich ist dafür, dass Sie im vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache eingeschränkt sind”, so der Anwalt.

Jedoch: Wenn der Mieter den Mangel selbst verursacht hat, ist er nicht berechtigt, die Miete zu mindern. Ein oft diskutierter Mangel in dieser Hinsicht ist Schimmel: “Schimmel kann auch durch falsches Heizen und Lüften des Mieters entstanden sein”, so Markus Hannen. Minderst du also die Miete aufgrund von Schimmel und ein Gutachten zeigt später, dass dieser durch dein Fehlverhalten entstanden ist, darf der Vermieter dir unter Umständen sogar fristlos kündigen.

Ob der Vermieter den Mangel verschuldet hat, ist grundsätzlich für die Berechtigung zur Mietminderung unerheblich. Ein Beispiel: Aufgrund von Baulärm in der Nachbarschaft könnte die Miete gemindert werden. Anders sieht es jedoch bei Modernisierungsarbeiten aus: “Seit 2013 müssen Mieter die energetische Modernisierung – zum Beispiel das Dämmen des Hauses – drei Monate ohne Mietminderung akzeptieren”, erklärt der Rechtsexperte. Dieser Zeitrahmen wird in der Praxis allerdings meistens überschritten. Erst danach kannst du eine Minderung unter Umständen vornehmen. Und nochmal: Die Minderung ist ausgeschlossen, wenn der Mangel dem Mieter zuzurechnen ist, insbesondere wenn er ihn selbst zu vertreten hat.

Infografik:Mietminderung

In welcher Höhe kann man die Miete kürzen?

Es gibt einen erheblichen Mangel und du behältst die Miete einfach in voller Höhe ein – ist das erlaubt? “Nein, es ist nicht zulässig, einfach pauschal die volle Miete einzubehalten”, sagt Markus Hannen. “In welchem Umfang Sie die Brutto-Warmmiete kürzen können, richtet sich danach, wie stark die Beeinträchtigung war, und wie lange sie andauerte.” Was eine angemessene Höhe ist, kann dir ein Mieterschutzverein oder Fachanwalt für Mietrecht sagen. Wenn du eine Rechtsschutz-Versicherung hast, wende dich am besten an deinen Versicherer, der dir einen versierten Fachanwalt vermittelt.

Das Minderungsrecht gemäß Paragraph 536 BGB will eine Störung des sogenannten Äquivalenzverhältnisses von Leistung und Gegenleistung beheben. Für die Überlassung der Räume in der vereinbarten Tauglichkeit erhält der Vermieter als Gegenleistung die vereinbarte Miete. Ist die Tauglichkeit eingeschränkt, wird die Miete entsprechend angepasst (Minderung), und zwar kraft Gesetzes, also ohne Zutun der Mietervertragsparteien. Kann die Mietsache nicht genutzt werden, ist der Mieter ganz von der Mietzahlung befreit. Es ergibt sich dann eine Mietminderung in Höhe von 100 Prozent.

Ein ungefähres Gefühl für zulässige Minderungen bekommst du, wenn du dir bisherige Urteile von deutschen Gerichten zum Thema Mietminderung ansiehst. Du findest diese in der Mietminderungstabelle.

Hier einige Beispiele von Gerichtsurteilen:

  • Unbewohnbarkeit wegen Hochwasser: 100 Prozent (AG Friedberg)
  • Ausfall der Heizung im Winter: 75 Prozent (LG Berlin)
  • Erhebliche Bauarbeiten im Dachgeschoss des Hauses: 60 Prozent (AG Hamburg)
  • Terrasse nicht benutzbar im Neubau: 30 Prozent (AG Potsdam)
  • Badewanne nicht benutzbar: 20 Prozent (AG Goslar)
  • Schlechter Fernsehempfang: 10 Prozent (AG Berlin-Schöneberg)

Ein entscheidendes Kriterium, das von der Rechtsprechung entwickelt wurde, um eine zu weitgehende Haftung des Vermieters zu vermeiden, ist die Vorhersehbarkeit (als Abgrenzung zum „allgemeinen Lebensrisiko“) eines Umstandes, der die Nutzung der Mietsache beeinträchtigt.

So ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits Ende der siebziger Jahre der Grundsatz aufgestellt worden, dass ein anfänglicher Mangel der Mietsache nur dann anzunehmen ist, wenn die Umstände der Störung für den Vermieter vorhersehbar waren.

Wird z. B. eine Mietwohnung oder ein Einfamilienhaus in einem hochwassergefährdeten Gebiet vermietet, das nur bei außergewöhnlichen Witterungsverhältnissen hochwassergefährdet ist, stellt eine spätere Überschwemmung mit erheblichen Wasserschäden keinen anfänglichen Mangel der Mietsache dar. Es ist kein Recht zu einer Mietminderung gegeben.

Wie bereits erwähnt, ist die Grundlage der Minderung die Miete inklusive aller Nebenkosten. Damit muss eine berechtigte Mietminderung auch bei der jährlichen Betriebskostenabrechnung berücksichtigt werden wie der Bundesgerichtshof (BGH) 2011 urteilte.

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Wie ist das richtige Vorgehen bei einer Mietminderung?

Bevor du den Dauerauftrag für die Miete einfach änderst, solltest du folgende Punkte beherzigen:

1. Mietvertrag prüfen

“Hatte Sie der Vermieter bereits vor Unterzeichnung des Mietvertrags über einen bestimmten Mangel informiert, wie z. B. die oben genannte Vermietung in einem hochwassergefährdeten Gebiet, wussten Sie, worauf Sie sich einließen”, erklärt Rechtsanwalt Markus Hannen. “Somit liegt keine Abweichung vom vertragsgemäßen Zustand vor und eine Minderung ist nicht erlaubt.” Auch kann der Mietvertrag eventuell eine Klausel enthalten, wonach der Mieter die Instandhaltung und/oder Instandsetzung der mangelhaften Sache übernommen hat, oder nach der du für sogenannte Bagatellschäden von circa 75 bis ungefähr 200 Euro im Jahr selbst aufkommen musst.

2. Melde dem Vermieter den Mangel

Wenn es sich um einen unzumutbaren, möglicherweise auch für Dritte gefährlichen oder aber die Bausubstanz gefährdenden Mangel handelt, musst du diesen dem Vermieter mitteilen und ihm damit die Chance geben, ihn zu beheben. “Die Mängelanzeige sollten Sie am besten schriftlich, als Einwurf-Einschreiben machen, damit Sie dies belegen könnten, falls der Konflikt vor Gericht ausgetragen werden muss”, rät Rechtsexperte Markus Hannen. Du solltest auch eine – natürlich realistische – Frist für die Behebung setzen.

3. Vereinbare eine gemeinsame Begutachtung

Damit der Vermieter den Mangel beheben kann, musst du ihm oder einem Bevollmächtigten Zugang zur Wohnung verschaffen. “Der Vermieter hat bei behauptetem Vorliegen von Mängeln ein Besichtigungsrecht, dass auch mit Handwerkern, Architekten und von ihm beauftragten Personen zusammen wahrgenommen werden kann. Am besten machen Sie die Begutachtung gemeinsam und klären direkt, wann die Mängelbeseitigung möglich ist”, so der Anwalt. Zwar hast du nach dem Gesetz bereits ab dem Zeitpunkt, in dem du einen begründeten Mangel beanstandest, automatisch das Recht zu einer Minderung. Das heißt, auch eine rückwirkende Mietminderung ist möglich. Jedoch schränkt Markus Hannen ein: „Eine rückwirkende Mietminderung ist nur möglich, wenn Sie die Miete nach Bekanntwerden des Mangels unter Vorbehalt zahlen. Dieser Vorbehalt sollte schriftlich mit nachweisbarem Zugang und/oder auf dem Überweisungsträger erklärt werden. Darüber hinaus empfehle ich Mandanten immer, im ersten Schritt den Kontakt zum Vermieter zu suchen – im Sinne eines langfristig guten Mietverhältnisses.”

4. Führe ein Mängelprotokoll

Im Idealfall kümmert sich dein Vermieter umgehend darum, deine Wohnung wieder in den vertragsgemäßen Zustand zu versetzen. Falls du jedoch ein längeres Hin und Her fürchtest, kann dir ein Mängelprotokoll helfen, die Situation zu dokumentieren. Notizen, Fotos und/oder Videos mit Datum könnten bei einem eventuellen Rechtsstreit als Beweise hinzugezogen werden. „Dieses Mängelprotokoll sollte aber von anderen Mietern im Haus oder aber von Besuchern, die sich des Mangels vergewissern konnten, bestätigt werden“, so Rechtsanwalt Hannen. Für den Fall eines späteren Rechtsstreites wird die Beweissituation auf diese Weise entscheidend verbessert. Zu berücksichtigen ist immer, dass der Mieter für das Vorliegen eines Mangels beweispflichtig ist.

5. Kümmere dich im Notfall selbst um die Mängelbeseitigung

“Ignoriert der Vermieter Ihre Beanstandung können Sie sich selbst um die Behebung kümmern – allerdings in Ihrem Namen, nicht im Namen und Auftrag des Vermieters”, sagt Markus Hannen. “Entstehende Kosten muss Ihnen der Vermieter für diese sogenannte Ersatzvornahme ersetzen, wenn der Mangel dem Vermieter zuzurechnen ist.”

6. Mindere die Miete

Du kannst die Miete direkt reduzieren oder du zahlst sie vorbehaltlich in voller Höhe. “Haben Sie dem Vermieter schriftlich mitgeteilt, dass Sie die Miete nur unter Vorbehalt bezahlen, behalten Sie sich ausdrücklich das Recht vor, die Miete später noch zu mindern, wenn sich die Situation und die Ursache des Mangels geklärt hat”, erläutert der Experte für Mietrecht. Die nur vorbehaltlich gezahlte Miete ist immer der sicherere Weg, da ansonsten für den Fall, dass unberechtigt die Miete gemindert wird und mehr als zwei Monatsmieten Rückstand erreicht sind, der Vermieter das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung hat.

Was kannst du tun, wenn der Vermieter der Mietminderung widerspricht?

“Auch wenn der Vermieter Ihre Einschätzung nicht teilt, können Sie einen angemessenen Betrag von der Miete einbehalten”, so der Anwalt. “Dann wird er jedoch vermutlich dagegen klagen und ein Gericht entscheidet, wer im Recht ist.” Eine fristlose Kündigung ist nur zu befürchten, wenn die Miete unberechtigt gemindert wurde, d. h. der Mangel aus der Verantwortungssphäre des Mieters kommt, der Mieter dies hätte erkennen müssen und der Mietrückstand zwei Monatsmieten erreicht. Bei Mietminderungen, die über einen längeren Zeitraum vorgenommen werden, diese Grenze aber nicht erreichen, droht dir die Verpflichtung zur Rückerstattung (von Teilen) der einbehaltenen Miete. „Sollte die Ursache und die Verantwortlichkeit für einen Mangel nur mit Schwierigkeiten festzustellen sein, so haben Mieter und Vermieter auch das Recht ein sogenanntes selbstständiges Beweisverfahren bei Gericht einzuleiten. Durch Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens wird dann die Ursache des Mangels und die Kosten für seine Behebung festgestellt“, so Rechtsanwalt Hannen.

Du siehst, wenn deine gemietete Immobilie einen erheblichen Mangel aufweist, musst du das nicht akzeptieren. Im ersten Schritt solltest du – insbesondere mit Blick auf ein langfristig gutes Miteinander – Kontakt zu deinem Vermieter aufnehmen und ihm die Chance geben, nachzubessern. Kommt er dir nicht entgegen, kannst du eine Mietminderung in Erwägung ziehen. Wenn du eine Rechtsschutz-Versicherung hast, lasse dich am besten telefonisch zu deinen Optionen beraten.

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Dieser Artikel wurde ursprünglich am 19. September 2019 veröffentlicht (Haftungsausschluss).

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Rechtsanwalt Markus Hannen ist Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht sowie Arbeitsrecht bei der Anwaltssozietät Franken · Grillo · Steinweg in Bonn. Auf diesen Gebieten verfügt er über eine mehr als 15-jährige Praxis. Darüber hinaus vertritt Rechtsanwalt Hannen sowohl Ärzte als auch Patienten im Gebiet des Medizinrechts, inbesondere des Arzthaftungsrechts.

Markus Hannen

Markus Hannen

Anwaltssozietät Franken · Grillo · Steinweg

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Miet- und Immobilienrechtsschutz“